Gesammelte Werke. George Sand
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Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

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СКАЧАТЬ wer­den, und wie ihr ewi­ges, un­wan­del­ba­res Wan­deln, ist jede Wand­lung mensch­li­chen Ge­schicks un­wan­del­bar. So denkt der No­ma­de, der wan­dern­de Ara­ber, der sei­ne wei­ten baum- und was­ser­lo­sen Step­pen durch­zieht, wie der Stern die wei­te Him­mels­wüs­te.

      Aber den­ken Sie sich nun den Men­schen, hol­de Le­se­rin! un­ter ei­nem ewig hei­te­ren Him­mel, in ei­ner üp­pi­gen Na­tur, auf la­chen­den Ge­fil­den, in ei­nem ir­di­schen Pa­ra­die­se le­bend, wo nur die Nacht mit ih­rer Fins­ter­nis und ih­rem Grau­en das Glück des Ta­ges und den Ge­nuss des son­ni­gen Glan­zes und der se­li­gen Fül­le un­ter­bricht. Da däucht ihm al­les Le­bens­vol­le, La­ben­de und Gute wie die ent­zücken­de Hel­le, und al­les Töd­li­che, Schmerz­haf­te, Schlim­me wie das ban­ge Dun­kel. Sanft und gleich­mä­ßig fließt sein Le­ben da­hin; er fin­det in al­lem, was es ihm bringt, kei­ne an­de­re Un­ter­schie­de, als dass das Süße und Be­frie­di­gen­de mit dem Her­ben und Glück­be­schrän­ken­den, wie Tag und Nacht, wie Licht und Fins­ter­nis wech­selt. Es sind zwei Rei­che, zwei Wel­ten: das Reich des Ta­ges und das Reich der Nacht, die hel­le und die dun­ke­le Welt. Bei­de lö­sen in der Na­tur wie in dem Men­schen­le­ben stets ein­an­der ab, bei­de sind da, gleich mäch­tig, gleich be­rech­tigt, müs­sen bei­de von dem Men­schen an­er­kannt und ge­ehrt wer­den.

      Aber das Men­schen­herz sehnt sich nach ei­ner be­stän­di­gen Hel­le, nach dem Sie­ge des Lich­tes über die Fins­ter­nis. Nun trägt der Mensch, wie er in der Un­schuld sei­nes Den­kens nicht an­ders kann, sein We­sen über auf die bei­den un­abläs­sig mit­ein­an­der ha­dern­den Rei­che, sieht in dem Licht wie in der Fins­ter­nis le­ben­di­gen Wil­len.

      Or­muzd, der Geist des Lich­tes, ist der Brin­ger al­les Gu­ten, und Ahri­man, der Geist der Fins­ter­nis, der Brin­ger al­les Bö­sen. Das ist der ein­fa­che Glau­be des Feu­er­an­be­ters (ei­gent­lich des Licht­an­be­ters) im al­ten Iran. Wo Or­muzd ein Gu­tes schafft, ist Ahri­man so­gleich bei der Hand und schafft ein Ar­ges. Als Or­muzd die ers­te Wohn­stadt des Se­gens und des Über­flus­ses ge­schaf­fen hat­te, lehrt das Zen­da­ves­ta, kam der tot­schwan­ge­re Ahri­man und be­rei­te­te im Flus­se, wel­cher die Se­gens­stadt tränk­te, die große Schlan­ge des Win­ters; als Or­muzd Her­den ge­schaf­fen hat­te, schuf Ahri­man Flie­gen, die den Her­den Tod brach­ten; als Or­muzd Dör­fer ge­schaf­fen hat­te, schuf Ahri­man böse Re­den, ver­damm­li­che Zwei­fel, na­gen­de Ar­mut und ver­gif­te­te die Her­zen; als Or­muzd ver­stän­di­ge und lei­den­schaft­lo­se We­sen, ge­schaf­fen hat­te, schuf Ahri­man die böse Kunst Ma­gie und streu­te den ver­derb­li­chen Sa­men des stol­zen Über­muts aus.

      Drau­ßen in der Na­tur, das er­kennt der Mensch wohl, fech­ten die bei­den Rei­che ih­ren Streit nur äu­ßer­lich aus, tre­ten nur wech­sel­wei­se auf die Büh­ne; aber im In­nern des Men­schen ist der Schau­platz, wo das Gute mit dem Bö­sen gleich­sam Brust ge­gen Brust ringt und wo das Gute sie­gen kann: da­her ist der Mensch dazu ge­schaf­fen, dass er das Reich des Or­muzd aus­brei­te und ihm zu sei­nem end­li­chen voll­stän­di­gen Sie­ge ver­hel­fe.

      Als die Per­ser aus dem Schlum­mer ih­res ein­ge­zo­ge­nen, fried­li­chen Le­bens er­wach­ten, als ihr Land die ers­te Wahl­stät­te des großen Völ­ker­kamp­fes wur­de, und sich Welt­ge­schi­cke auf sei­nem Bo­den zu ent­schei­den an­fin­gen, da ent­wi­ckel­te sich tiefer das Be­wusst­sein des sitt­lich Gu­ten und Bö­sen, da trat an die Stel­le des »ein­fa­chen al­ten Ge­set­zes« das rei­cher aus­ge­bil­de­te »neue Ge­setz« des Zer­duscht (Zo­roas­ter).

      Je mehr man nach­dach­te, de­sto leb­haf­ter dräng­te sich die Fra­ge auf: wo­her denn aber Or­muzd und Ahri­man? Der Men­schen­geist, der sei­ne ei­ge­ne Ein­heit bei al­lem Kampf in sei­nem In­nern fühlt, kann sich un­mög­lich bei dem Ge­dan­ken ei­nes ur­an­fäng­li­chen und nim­mer en­den­den Zwie­spalts be­ru­hi­gen. Weil er die­se bei­den Zu­stän­de, den der Ein­heit und den des Zwie­spal­tes, nicht in sei­nem Den­ken zu­sam­men­brin­gen kann, so stellt er sich ihre Herr­schaft der Zeit nach ge­trennt vor, und meint, es müss­te ur­an­fäng­lich wohl Ein­heit ge­we­sen sein, dann wäre der Zwie­spalt ge­kom­men, aber in die Ein­heit wer­de end­lich al­les zu­rück­keh­ren, und zwar, weil doch der Kampf nun ein­mal ist, durch den Sieg der mäch­ti­ge­ren, der ed­le­ren Par­tei.

      Das ur­an­fäng­lich eine ist das un­be­stimm­te, un­be­greif­li­che We­sen, das was ist, das dunkle Schick­sal, die ewi­ge, lee­re Zeit (Zer­wa­ne Ake­re­ne nann­te dies der Par­se), und aus ihm ent­stammt sind bei­de, Ahri­man und Or­muzd, die bei­de dann wie­der Geis­ter schu­fen, der eine die gu­ten, der an­de­re die bö­sen, um al­les was ist, zu bil­den und zu re­gie­ren.

      Auch über das Wie dach­te man nach, näm­lich wie Or­muzd und Ahri­man wur­den, und man nahm Vor­stel­lun­gen zu Hil­fe, wie sie schon im al­ten In­di­en aus­ge­bil­det wa­ren. Man dach­te sich das Ur­an­fäng­li­che schon als le­ben­di­gen Wil­len, aber noch als Sehn­sucht, und nann­te es Zru­na. Die­ser Gott sehnt sich nach ge­schaf­fe­nen We­sen, nach ei­ner Welt, und harrt tau­send Jah­re, bald in Zwei­feln, ob sich sein Seh­nen er­fül­len wer­de, bald in Ge­bet und Op­fer, in Wunsch und Hoff­nung. Zu wem er be­te­te, wem er op­fer­te, das mach­te sich ver­mut­lich die kind­li­che Art die­ses Fan­ta­sie­rens nicht klar. Ge­nug, aus sei­nen Zwei­feln wur­de Ahri­man, aus sei­nen Wün­schen Or­muzd, die dann im­mer ab­wech­selnd al­les Rei­ne und Un­rei­ne, Gute und Böse schu­fen, Or­muzd die Am­scha­s­pands, die gu­ten Geis­ter, Ahri­man die bö­sen, sei­ne Dews.

      Die­se Geis­ter kämp­fen nun um des Men­schen See­le, und wenn der Mensch rein und des Or­muzd Die­ner bleibt, so ge­langt sei­ne See­le einst an den Ort des rei­nen Lichts und Frie­dens, Groot­man ge­nannt; die Die­ner Ahri­mans je­doch wer­den an den Ort der Schre­cken und der Fins­ter­nis, Duz­akh, ver­sto­ßen. Über jede See­le rich­ten drei To­ten­rich­ter und be­stim­men, ob sie in den Him­mel ein­ge­hen oder in die Höl­le ver­sin­ken sol­le. Doch gel­ten die Höl­len­stra­fen nicht für end­los, weil zu­letzt das Reich des Or­muzd tri­um­phie­ren soll.

      Ob Ahri­man in die­ser se­li­gen Zeit mit Or­muzd Frie­den schlie­ßen und sel­ber an der Freu­de des Lich­tes Teil neh­men, oder ob er gänz­lich mit sei­nem Reich ver­schwin­den wür­de, dar­über konn­te man zwei­fel­haft sein, wenn al­les Üb­ri­ge schon sich für die Vor­stel­lung be­fes­tigt hat­te, und man war wirk­lich zwei­fel­haft. So­siosch, das sag­ten alle, wer­de am Ende der Tage er­schei­nen, der Er­ret­ter, der Be­frei­er; aber er wird den Ahri­man, sag­ten die einen, ver­nich­ten, be­keh­ren, sag­ten die an­de­ren.

      Hier ist also schon Him­mel und Höl­le, hier der Ur­quell des Gu­ten mit dem Ur­quell des Bö­sen im Kamp­fe, der Ur­quell des Bö­sen schon als der Ver­füh­rer der Men­schen vor­ge­stellt: aber man sieht leicht, dass die Fra­gen nach dem Ur­sprung des Gu­ten und Bö­sen, nach dem Zu­sam­men­hang des­sen, was au­ßer­halb des Men­schen, und des­sen, was in sei­nem In­nern gut und böse, und nach der Lö­sung des Rät­sels, wie der arge Zwie­spalt aus der Ein­heit al­les Le­bens sich ent­wi­ckeln konn­te, nicht bis auf ih­ren Grund er­schöpft und zur Lö­sung ge­bracht sind. Dies konn­te nicht ge­sche­hen, wo die Men­schen sich ein­mal dar­an ge­wöhnt hat­ten, das Dop­pel­reich des Lich­tes und der Fins­ter­nis als vor­han­den СКАЧАТЬ