Название: Gesammelte Werke
Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962816148
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– Gott enthüllt sich den armen Geschöpfen, die ihm dienen, nicht unmittelbar, entgegnete der Graf, mit dem Kopfe schüttelnd. Er demütiget sie, oder richtet sie auf und gebraucht die einen, um die anderen zu erretten oder zu züchtigen. Wir sind alle Dolmetscher seines Willens, wenn wir trachten, unsere Nebenmenschen liebevoll zu bessern oder zu trösten. Sie haben kein Recht, junges Mädchen, über mich das Wort der Entsündigung auszusprechen. Kein Priester selbst hat diese hohe Sendung, wenn er sie auch im geistlichen Hochmute sich beimisst.
Aber Sie können mir die Gnade Gottes spenden, wenn Sie mich lieben. Ihre Liebe kann mich versöhnen mit dem Himmel und mich die Tage vergessen machen, die man nennt die Geschichte der verflossnen Jahrhunderte. Sie könnten mir im Namen des Allmächtigen das Höchste verheißen, ich würde Ihnen nimmer glauben; ich würde nichts darin sehen als einen edlen, großmütigen aber blinden Eifer.
Legen Sie die Hand auf Ihr Herz; fragen Sie es, ob der Gedanke an mich darin wohnt, ob die Liebe zu mir es erfüllt, und wenn es Ja sagt, wird dies Ja die Gnadenformel sein, die mich entbindet, der Bund, der mich wieder einsetzt, der Zauber, der auf mich herniederbeschwört die Ruhe, das Glück und das Vergessen. Nur so können Sie die Priesterin meines Gottesdienstes sein, und meine Seele wird im Himmel losgesprochen sein, wie die des Katholiken es zu sein wähnt durch den Mund des Beichtigers. Sagen Sie, dass Sie mich lieben! schrie er, sich zu ihr hinüber neigend wie um sie mit seinen Armen zu umschließen.
Sie wich zurück, vor dem Gelöbnis bebend, das er von ihr heischte; er aber sank auf den Gebeinen nieder, seufzte tief und sprach:
– Ich wusste es wohl, dass sie mich nimmer lieben könnte, dass ich nie Verzeihung haben, dass ich nie vergessen sollte die verfluchten Tage, wo ich sie nicht kannte.
– Albert, lieber Albert! sagte Consuelo tief bewegt von dem Schmerze welcher ihn zerriss, fassen Sie etwas Mut und hören Sie mich an! Sie werfen mir vor, dass ich Sie tören wolle durch den Gedanken an ein Wunder, und Sie fordern ein viel größeres von mir. Gott, welcher alles sieht, und welcher unsere Würdigkeit wägt, kann alles verzeihen.
Aber kann ein schwaches, beschränktes Geschöpf, wie sonderlich ich, durch die bloße Kraft seines Denkens und seiner Hingebung eine Liebe, die so seltsam wie die Ihre ist, verstehen und sich aneignen! Mir scheint, dass es von Ihnen ausgehen müsste, mir diese ausschließliche Liebe, die Sie fordern, einzuflößen, und dass es nicht von mir abhängt, sie zu gewähren, zumal so wenig als ich Sie noch kenne.
Da wir hier in der geheimnisreichen Sprache der Religion schon redeten, von der ich einiges doch in meiner Kindheit gelernt habe, will ich Ihnen sagen, dass man sich imstande der Gnade befinden muss, um Vergebung seiner Sünden zu erlangen. Nun wohlan! die Art Absolution, die Sie begehren, meine Liebe, sind Sie deren würdig? Sie fodern das reinste, zärtlichste, sanfteste Gefühl, und doch scheint mir, dass Ihre Seele weder zur Sanftmut noch zur Zärtlichkeit neigt. Sie nähren in ihr finstere Gedanken und gleichsam ewige Rache.
– Was meinen Sie, Consuelo? ich verstehe Sie nicht.
– Ich meine, dass Sie stets von unseligen Bildern, Mordgedanken, blutigen Erscheinungen verfolgt werden. Sie beweinen Verbrechen, welche Sie vor mehren Jahrhunderten begangen zu haben glauben und deren Gedächtnis Ihnen zugleich lieb ist, denn Sie nennen sie ruhmvoll und erhaben, messen sie dem Willen des Himmels, dem gerechten Zorne Gottes bei. Kurz, Sie ängstigen sich und überheben sich zugleich, indem Sie in Ihrer Einbildung die Rolle gleichsam eines Engels der Vernichtung spielen. Gesetzt, Sie wären in Wahrheit vormals ein Rächer und Zerstörer gewesen, so sollte man denken, dass Sie den Trieb, die Versuchung, fast den Hang zu diesem abscheulichen Loose beibehalten hätten, da Sie stets über Ihr jetziges Leben hinausblicken und sich bejammern wie einer der noch jetzt verdammt ist, ein Verbrecher zu sein.
– Nein! Dank sei es dem allmächtigen Vater der Geister, der sie zurücknimmt und sie in der Liebe seines Herzens neugebiert, um sie wieder in die Arbeit des Lebens auszusenden, rief Rudolstadt mit gen Himmel erhobenen Armen. Nein! ich habe keinen Hang zur Gewalttätigkeit und Wildheit beibehalten. Es ist genug zu wissen, dass ich verdammt war, Schwert und Fackel in den Händen diese barbarischen Zeiten zu durchstürmen, die wir in unserer frechen, fanatischen Sprache »die Zeiten des Eifers und des Zornes« nannten. Sie wissen aber die Geschichte nicht, erhabenes Mädchens Sie begreifen nicht die Vergangenheit; die Geschicke der Völker, unter denen Sie ohne Zweifel stets eine friedliche Sendung, stets den Beruf eines tröstenden Engels hatten, sind Rätsel vor Ihren Augen. Indessen müssen Sie doch etwas von diesen grauenvollen Wahrheiten erfahren und eine Vorstellung von dem erlangen, was oft Gottes Gerechtigkeit unglücklichen Menschen auferlegt.
– Ja, reden Sie, Albert! erklären Sie mir, wie eitle Streitigkeiten um die Zeremonien des Abendmahls so große Wichtigkeit und Heiligkeit für beide Teile haben konnten, dass sich Völker im Namen der göttlichen Eucharistie erwürgen mussten.
– Sie haben recht, sie göttliche zu nennen, antwortete Albert, sich neben Consuelo am Rande der Quelle niedersetzend. Dieses Symbol der Gleichheit, diese Zeremonie, von einem himmlischen Wesen unter allen Menschen eingeführt, um den Grundsatz des brüderlichen Lebens zu verewigen, darf Ihr Mund nicht anders bezeichnen, eines Wesens Mund, das den höchsten Mächten und den edelsten Geschöpfen gleich steht, deren sich das Menschengeschlecht zu rühmen hat, während es dennoch zugleich noch eingebildete und sinnverwirrte Wesen gibt, welche Sie als ein Geschöpf von einer gemeineren Rasse ansehen und Ihr Blut für minder kostbar halten als das der Könige und Herrn auf Erden. Was würden Sie von mir denken, Consuelo, wenn ich, der ich von diesen Königen und Herren abstamme, mich in meinen Gedanken über Sie erhöbe?
– Ich würde Ihnen ein Vorurteil verzeihen, das Ihre ganze Kaste noch heilig hält und gegen welches mich aufzulehnen mir nie in den Sinn kam, glücklich wie ich es bin, frei und den Kleinen gleich geboren zu sein, die ich mehr liebe als die Großen.
– Sie würden es mir verzeihen, Consuelo! aber achten würden Sie mich nicht, und Sie würden nicht hier sein, allein bei mir, ruhig an der Seite eines Mannes, der Sie anbetet, und sicher dass er Ihnen gleiche Ehrfurcht zollt, als ob Sie, im Genuss des Vorrechts СКАЧАТЬ