Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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СКАЧАТЬ der Pastor und stockte dann errötend, indem er sich entfernte. Der Name Gottes wollte auf dem Theater nicht über seine Lippen.

      »Nun wollen wir auch gehen,« sagte Maienblüte zu ihrem Begleiter. »Die andern sind schon alle fort und mir wird hier so beklommen.«

      »Das macht die Angst vor dem Abend,« entgegnete er. »Aber nur guten Mut; es wird alles nach Wunsch gehen.«

      »Wenn nur die zu Hause nichts merken,« sagte sie besorgt. »Es fällt mir mit einem Male schwer auf das Herz.«

      »Einmal müssen sie es jedenfalls erfahren und darum je eher, je besser. Was kann denn Großes geschehen? Bist du doch meiner Treue gewiß, du kleine Maienblüte.«

      Sie betraten den Hof. Maienblüte fuhr zusammen.

      »Was ist dir?« fragte Dunkelschön.

      »Das alte Weib dort! Sieh nur, wie sie humpelt.«

      »Was geht dich die Alte an?«

      »Ich glaube, sie zu kennen; allein ich kann mich auch wohl geirrt haben. Laß uns schneller gehen. Mich friert.«

      Das junge Paar beeilte sich. Die humpelnde Alte, welche in der Schenkstube seit mehreren Tagen als Spionin sich umhertrieb, kam hinter einem Haufen Brennholz, wo sie sich bisher verbarg, hervor:

      »Jetzt habe ich sie gewiß und wahrhaftig erkannt, und lasse mich nicht irre machen. Schnell zu der Straußin und meine Ware so vorteilhaft als möglich angebracht. Meine Kundinnen müssen sagen, daß sie nirgend so gut bedient werden, als von mir.«

      Eine Stunde später war es, als die Gesellen des Meisters Lorenz Ramke vom Mittagessen aufstanden und in die Werkstatt gingen, uni die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Meister, von seiner Gicht notdürftig hergestellt, war ihnen gefolgt. Er ging von dem einen zum andern, tadelte hier mürrisch, lobte dort mit einem freundlichen Wort und beschied den Altgesellen zu einer vertraulichen Besprechung. Alle tummelten sich fröhlich durch- und nebeneinander, als die Frau Straußin in die Werkstatt trat, und ohne die übliche Begrüßung ihrem Bruder mit den rasch herausgestoßenen Worten entgegentrat:

      »Wo ist die Christine?«

      »Was weiß ich?« war die Antwort. Der Meister fühlte sich unangenehm berührt. Früh am Morgen, als die Christine ihm das Würzbier brachte, hatte sie über Kopfweh geklagt und war deshalb, wie die Magd ihm meldete, nicht zum Essen heruntergekommen. Die Triene hatte dazu ein eigenes Gesicht gemacht. Das fiel ihm jetzt erst auf.

      »Warum fragst du das?« wandte er sich zu seiner Schwester. »Sie ist oben in ihrer Kammer und hat Kopfweh.«

      »Das ist nicht wahr!« entschied die Straußin.

      »Die Triene hat es gesagt! He, Triene! Aber laß uns doch in die Stube gehen.«

      Es geschah. Die Magd, von einem Lehrburschen herbeigerufen, folgte ihnen auf dem Fuße. Der Meister wandte sich zu ihr und fragte:

      »Wo ist Christine?«

      »Die Jungfer klagt über Kopfweh und hat sich niedergelegt,« antwortete die Magd, aber sie machte kein so seltsames Gesicht, als vorhin, da der Meister zum ersten Male fragte. Die Straußin sah sie so bitterböse an, daß sie den Blick derselben nicht ertragen konnte.

      »So holen Sie die Jungfer, wir wollen mit ihr sprechen!« befahl die Straußin. »Rühre Sie sich! Ich habe keine Zeit.«

      Die Magd entfernte sich, so rasch, als es ihr möglich war. Das Beisammensein der Geschwister war peinlich. Sie rauschte auf und nieder. Er saß brummend im Lehnstuhl. Minute auf Minute verstrich. Christine erschien nicht; auch die Triene ließ sich nicht blicken.

      Endlich öffnete sich die Tür und die Magd steckte den Kopf durch dieselbe:

      »Ich kann sie nicht finden!«

      Sie wollte ebenso schnell wieder fort, als sie gekommen war, allein die Straußin ergriff sie beim Arm und zog sie in die Stube:

      »Bekenne Sie, was Sie weiß, oder ich schicke nach der Polizei und lasse Sie nach der Roggenkiste bringen.«

      »Ach Gott! Ach Gott!« schrie die Triene. »Das Unglück! Die Jungfer ist seit heute Morgen fort; aber ich weiß nicht, wohin. Und wie der Mann heißt, der draußen auf sie wartete, weiß ich auch nicht. Lasse die Frau mich los! Ich bin nicht Ihre Magd und Sie hat mir nichts zu befehlen!«

      Die kräftige Dirne riß sich los und lief davon, indem sie aufschrie:

      »Sie hat mir den Arm braun und blau gekniffen! Dafür soll Sie mit mir vor Gericht.«

      Meister Lorenz stöhnte: »Was will mir das bedeuten? Christine! Dirne! Wohin kann sie sein?«

      »Ich will es Dir sagen, wo sie ist!« rief Frau Straußin. »Zu den Komödianten in der Fuhlentwiete ist sie gelaufen. Die Petersen hat es gesagt.«

      »Komme mir nicht wieder mit der alten Hexe!« eiferte der Meister. »Ich breche ihr den Hals, wenn sie mir in die Hände fällt.«

      »Und doch hat dies alte Weib uns so gut bedient, daß wir verhindern können, öffentlich an den Schandpfahl gestellt zu werden. Sie soll heute Abend vor allem Volke auf dem Theater stehen und ihre Kunststücke machen. Gott erbarme sich! Ich hätte den Tod davon. Darum müssen wir es verhindern. Du so gut, als ich! Es ist unsere Schuldigkeit, sie vor dem zeitigen und ewigen Verderben zu erretten. Eile nur, denn wir müssen von Herodes zu Pilatus und Himmel und Erde in Bewegung setzen.

      Dem Meister leuchtete es ein. Er warf seine Jahre und seine Gicht hinter sich, fuhr in den Sonntagsrock und stülpte den Dreimaster auf. Am Arm der Schwester verließ er das Haus und beide gingen zum Polizeiherrn.

      Die Zeit verstrich, ohne daß sie sonderlich etwas ausrichteten. Hindernisse boten sich auf Hindernisse dar. Das Einzige, was geschah, bestand darin, daß der Prinzipal Pandsen befragt ward, ob sich unter seiner Bande eine Jungfer Christine Ramke befinde, welche er kürzlich angeworben, und die ein hiesiges Stadtkind sei. Die Antwort lautete, daß ein Frauenzimmer solches Namens nicht bei ihm weile. Alle Damen seines Theaters seien mit ihm von Bremen hierher gekommen und die einzige, welche in Hamburg zu der Gesellschaft getreten, sei ohne allen Anhang und heiße Jungfer Maienblüte.

      Ein weiteres war für diesen Augenblick nicht zu erkunden. Die Schauspieler waren bereits in den Garderoben mit dem Ankleiden beschäftigt. Die Stunde der Aufführung rückte heran und das Publikum strömte in Massen herbei. Ein neues Stück, welches einen Pastor zum Verfasser haben sollte und eine neue Schauspielerin von unbekannter Herkunft und von ausgesuchter Schönheit: das sind zwei Eigenschaften, welche ein Publikum der Gegenwart, wie der Vergangenheit in einen gelinden Taumel versetzen.

      »Geduld, meine Herren, Geduld!« sprach die Frau Wirtin vom holländischen Oxhoft, welche an der Kasse saß, mit flehender Stimme. »Hier sind drei Billets zum ersten Platz. Achtundvierzig Schilling, wenn die Herren so gut sein wollen! – Vierschillings-Plätze sind nicht mehr!«

      »Billets! Billets!« rief es durcheinander. Das Publikum vor der Kasse geriet in einige Kollision mit sich selbst. Es war ein bewegliches, inhaltreiches Vorspiel, welches sich hier entwickelte.

      »Greife in die Tasche, Bruder!« entschied Frau Straußin. »Wir wollen mit eigenen Augen uns von der Schande überzeugen, die über uns ausgegossen wird.«

      »Das СКАЧАТЬ