Название: Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen
Автор: Heinrich Smidt
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788075831330
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»Mein Volk versammelt sich zur Probe und der Stranitzki wird seine Späße mit den albernen Gänsen, den Dirnen haben, was ihm streng verboten ist. Euer ... ich wollte sagen, der Herr nimmt es wohl nicht ungütig ...«
»So will ich denn gehen,« sagte der Mann mit dem ernsten Gesicht. »Ich habe mich überdies länger aufgehalten, als ich sollte, und man wird mich daheim mit Ungeduld erwarten. Nehmt es zu Herzen, was ich Euch sagte. Es wird der Kunst und somit uns allen zugute kommen.«
Mit diesen Worten entfernte er sich, die Begleitung ablehnend. Der Theaterprinzipal sah ihm achselzuckend nach und sagte:
»Was so ein Pastor sich denkt! Moral und Philosophie, und wie die schönen Redensarten alle heißen, auf dem Theater zur Schau stellen. Seine Wohlehrwürden, der Herr Johannes Koch, mag ein sehr gelehrter Herr sein, aber von dem Heidideldei und Heidideldum, welches unser Publikum zu sehen begehrt, versteht er nichts. Geben will ich die männerfeindliche Fürstin, aber der Stranitzki soll mir in die Bedientenrolle noch ein paar tüchtige Lazzi einlegen und wenn ich ihn verleiten kann, daß er vor der Prinzessin einen Purzelbaum schlägt, wälzen sie sich auf dem Vierschillingsplatz vor Lachen. Nun wollen wir aber sehen, was es auf dem Theater gibt. Das Volk scheint dort alles auf den Kopf zu stellen.«
Er ging der Tür zu, die nach dem Theater führte, und betrat dasselbe.
Hier herrschte das Chaos. Von allem, was zu einer ordentlichen Probe gehört, war nicht das geringste zu sehen und die ganze Gesellschaft tobte in wilder Ausgelassenheit durcheinander. Stranitzki hatte sich einer Geige bemächtigt und spielte einen wilden Tanz, der die ganze Gesellschaft unwillkürlich in den bacchantischen Wirbel hineinzog. Der Prinzipal suchte umsonst, sich Gehör zu verschaffen und geriet in augenscheinliche Gefahr, selbst in den Kreis der wilden Tänzer gerissen zu werden, als er von jemandem bei der Hand ergriffen und zur Seite gezogen wurde.
»Was wollt Ihr, Dunkelschön?« fragte der Prinzipal und blickte erstaunt auf den jungen Mann, noch mehr aber auf eine gefüllte Weinflasche, die dieser unter dem Arm trug. Er folgte dem erhaltenen Wink und beide kehrten in die Stube des Prinzipals zurück. Dunkelschön holte Gläser herbei und indem er mit dem Prinzipal anstieß, sagte er:
»Die Wirtin zum holländischen Oxhoft ist nicht so unbarmherzig, als sie verschrien wird, und läßt sich einen Gang nach dem Keller nicht verdrießen, auch wenn der Durstende gerade keinen Schilling in der Tasche hat.«
»Wie kommt Ihr dazu, so spendabel zu sein?« fragte der Prinzipal, indem er das leere Glas niedersetzte, welches neu gefüllt wurde, und erhielt zur Antwort:
»Weil ich etwas von Euch haben will und weil ich weiß, daß Ihr um den Finger zu wickeln seid, wenn Ihr ein Glas über den Durst getan habt.«
»Ihr könntet Euch verrechnet haben!« entgegnete Pandsen und machte Miene, das Glas zurückzuschieben. »Ich spiele die Tyrannen, wie Ihr wißt.«
»Aber die zärtlichen Väter gelingen Euch weit besser,« schmeichelte Dunkelschön. »Ganz Hamburg weint, wenn es Euch als Valér im bekümmerten Vater sieht. Zudem gebietet es die Notwendigkeit, mir meinen Wunsch zu erfüllen und Ihr kommt nicht davon los. Gehorchen müßt Ihr und Ihr sollt gehorchen!«
Die letzten Worte sprach er mit dem strengen Tone eines Gebieters. Pandsen fuhr zurück:
»Schreit mich nur nicht so an! Woher habt Ihr denn das martialische Wesen?«
»Das macht das Soldatenblut, das in meinen Adern rollt!« lachte Dunkelschön. »Mein Vater war ein brandenburgischer Küraßreiter und meine Mutter eine lustige Marketenderin. Als ich in einer einsamen Köhlerhütte geboren wurde, raste eine halbe Stunde entfernt davon die Schlacht. Hatte selbst Lust, das Handwerk meines Vaters fortzusetzen und habe eine Zeitlang die Muskete getragen. Allein die schönen Augen einer Luftspringerin hatten es mir angetan. Die Muskete flog in den Winkel und ich stand neben meiner Schönen auf dem Seil, ich wußte nicht wie. Nachher ging sie mit einem nichtsnutzigen Taschenspieler davon und nahm meine sämtlichen Habseligkeiten mit sich.«
Dunkelschön schwatzte noch manches durcheinander von seinen Abenteuern, die er bestanden, bevor er sich hier im holländischen Oxhoft häuslich niederließ. Pandsen hatte unterdessen den Rest der Flasche geleert und sagte leutselig:
»Schließt mir Euer Herz auf und vertraut Euch mir an. Was ein Vater für seine Kinder tun kann, das tue ich für meine Leute, ohne mir zu nahe zu treten. Was kann ich Euch zu Gefallen tun, mein schöner Bursch?«
»Etwas, das Euch am meisten frommt! Ich bringe Euch ein junges Mädchen voll Feuer und Leben, die vor Begierde brennt, auf das Theater zu kommen und die für die schlauen Zofen wie geschaffen ist.«
»Herein mit ihr!« rief der Direktor in Extase. »Ich will sie mit offenen Armen empfangen. Jetzt ist das Lustspiel des Pastors gesichert. Wo habt Ihr sie, Dunkelschön, und wie heißt sie?«
»Ihren rechten Namen sage ich Euch nicht! Ihr müßt Euch schon mit dem zärtlichen Beinamen begnügen, den ich ihr gegeben habe. Maienblüte rufe ich sie und sie ist in der Tat frisch und lieblich wie eine solche.«
»Dunkelschön und Maienblüte!« sprach der Direktor. »Es klingt gut zusammen. Wo ist sie aber?«
»Nur Geduld! Meine Schöne ist die Muhme eines ehrsamen Bürgers allhier. Wir kennen uns schon längere Zeit und ich dachte, mich in das Haus des Oheims einzuschleichen und in die wackere Kundschaft zu setzen, was unstreitig eine dankbarere Rolle wäre, als die beste, die Ihr mir jemals zuteilen könnt.«
»Eine Bürgerstochter!« rief Pandsen zurückfahrend. »Komödiante! Komödiante! Nehmt Euch in acht. Ueber solche Steine ist schon mancher gestolpert und hat sich ein Loch in den Kopf geschlagen.«
»Darum muß ein entscheidender Schritt geschehen, den man nicht zurücktun kann!« entschied Dunkelschön. »Ich werde die Dirne entführen und hier bei Euch halten wir sie verborgen, bis wir einen gutmütigen Priester finden, der uns zusammengibt.«
Pandsen wehrte den jungen Mann mit beiden Händen von sich ab und sagte:
»Das glaubt Ihr durchzusetzen? Ihr vermeint, einen Priester dieser Stadt ...?«
»Wenn auch nicht aus der Stadt, so doch von irgend einem Dorfe. Vater Pandsen, der Wein umnebelt Eure Sinne, sonst müßtet Ihr klar sehen. Dort steht ein Pastor, der Komödien schreibt und sie spielen lassen will, ohne daß das Volk den Verfasser errät. Und hier stehen Schauspieler, die das Geheimnis verraten können, wenn nicht der Pastor willfährig genug ist, an das Sprichwort zu denken: Eine Liebe ist der andern wert. Nun, wie ist Euch, zärtlichster aller Väter und galantester aller Direktoren?«
»Butterweich!« rief dieser. »Sohn Dunkelschön, komme an mein Herz! Du sollst deine Geliebte haben und mein Beistand wird dir nicht entgehen. Sie komme und halte ihren Einzug in das holländische Oxhoft. Unsere Wirtin soll Mutterstelle bei ihr vertreten und das lose Gesindel auf dem Theater, welches der Stranitzki immer verrückter macht, soll ihr nicht zu nahe kommen! – Hört, wie sie kreischen! Dunkelschön! Geht hin und sagt ihnen, ich triebe sie mit der Karbatsche auseinander, wenn sie nicht gutwillig gingen! – Wo ist die Maienblüte? –«
Prinzipal Pandsen, der den strengen Direktor und den zärtlichen Vater auf eine bewundernswerte Weise in sich vereinigte, erhob sich langsam und nicht ohne Schwierigkeit. Der starke Wein hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Dunkelschön eilte fort, seine Maienblüte auszusuchen. Die Probe kam nicht zustande und das nach drei Stunden sich versammelnde Publikum mußte СКАЧАТЬ