Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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СКАЧАТЬ lassen. Einer ...«

      Aber weiter brachte es Frau Janna Straußin nicht. Christine brach in ein so krampfhaftes Schluchzen aus, daß es beunruhigend wurde. Ihr Zorn und ihr Unwillen trugen so sehr den Stempel der Wahrheit und die gekränkte Unschuld sprach sich mit solcher Würde aus, daß Meister Lorenz vor Rührung an zu weinen fing und die Straußin, die das geeignete Wort nicht finden konnte, sich zum Abschied rüstend sagte:

      »Es ist gut! Ich kann ja gehen. Was geht es mich im Grunde an? Meinetwegen mag die Geschichte nicht wahr sein. Ich stand nicht dabei. Aber die alte Petersen schwört darauf ...«

      »Sprich den Namen des alten Weibes nicht aus, der ich alle meine Gicht in den Leib wünsche und das böse Zeug und die Pestilenz dazu! – Christine! Beruhige dich, mein Püppchen! Ich glaube von all dem Zeuge nichts und die dich jetzt so schwer kränken, sollen es dir auf den Knien abbitten. Sieh mich nicht so ingrimmig an, Schwester Janna! Deine Klatschereien machen keinen Eindruck. Ich weiß wohl, daß du darauf ausgehst, die Christine aus dem Hause zu vertreiben und einer andern das warme Nest zu bereiten; aber du hast dich verrechnet; die Christine sitzt fester darin, als je.«

      Seine Rede ging zu Ende. Sie mußte zu Ende gehen, denn die, welche davon betroffen werden sollte, war auf und davon. Er wandte sich jetzt zu seiner Nichte, die sich schon völlig gefaßt hatte und schmeichelnd entgegnete:

      »Macht Euch um mich keine Sorgen. Die Muhme wird es einmal bereuen, was sie Unrechtes tut, und damit bin ich zufrieden. Aber nun muß ich hinaus, denn es ist über Mittag und die Leute warten.«

      Rasch entfernte sie sich und bald darauf saßen Knechte und Mägde um den wohlversehenen Tisch. Christine brachte dem Kranken seine besondere Schüssel, legte ihm schmeichelnd den Löffel in die Hand und sprach ihm tröstend zu. Als sie ihn darauf in seine Schlafkammer geleitet hatte und allein in der Stube war, sagte sie mit einem tiefen Atemzuge:

      »Das ging einmal wieder vorüber. Aber lange halte ich es nicht mehr aus. Wenn der Eberhard nicht ernstlich darauf bestände, daß ich ausdauern soll, wäre ich längst mit ihm davon gegangen. Aber auf das Theater will ich. Und wenn es mir gelingt, gut Komödie zu spielen, frage ich nach allem andern nichts. Vater und Mutter habe ich nicht. Für das bißchen Essen und Kleidung, was mir die hochmütigen Verwandten geben, muß ich genug Schelte einstecken und nach der ganzen übrigen Welt frage ich nichts.«

      Und als am Abend das Haus und die Werkstatt geschlossen wurden, als die Gesellen und Lehrburschen in die Bodenkammern gingen und die Mägde in die Kellerstube krochen, öffnete sich ein Dielenfenster, und Christine steckte den Kopf heraus.

      »Allerschönste Jungfer,« flüsterte es von unten herauf. »Tue Sie mir die Barmherzigkeit an und öffne Sie ein weniges die Tür. Das Fenster ist zu hoch, um es mit einem Sprunge von hier aus zu erreichen.«

      »Ich kann nicht,« entgegnete sie in gleicher Weise. »Der Schlüssel liegt drinnen beim Ohm und er ist noch nicht eingeschlafen. Aber morgen finde ich mich an der bewußten Stelle ein. Ich habe alles mit mir überlegt und will meinen Peinigern entfliehen. Ich bin ganz und gar die Eurige.«

      »Juchhe!« erschallte es von unten herauf und eine Gestalt verschwand in dem Dunkel der Nacht. Das Fenster ward geschlossen.

      Im holländischen Oxhoft ging es lustig her. Nicht nur die Schenkstube ward fleißig besucht; auch die letzten Vorstellungen fanden großen Zulauf und Vater Pandsen rieb sich fröhlich die Hände.

      Aber die Freude über das Vorhandene war nicht so bedeutend als die Hoffnung auf das Künftige. Mancherlei Gerüchte waren in das Publikum gedrungen und wurden vergrößert von Mund zu Mund getragen. Da hieß es, Ehrwürden Johann Koch in Geesthacht hat wieder ein Stück geschrieben, welches im holländischen Oxhoft zur Aufführung kommen soll. Ein moralisches Stück, hieß es auf der Zollenbrücke, ein albernes Hanswurstspiel lautete es weiterhin auf dem Katharinen-Kirchhofe und die frommen Gemüter bekreuzigten und segneten sich. Sie hielten sich die Ohren zu, um nicht noch mehr von diesen Greueln zu hören, und fanden es unbegreiflich, daß auf den heidnischen Pastor nicht Pech und Schwefel herabregne.

      Und noch ein anderes Gerücht lief neben dem ersten her, das brachte besonders die jungen ledigen Herren in Bewegung und auch die alten, verheirateten fühlten einige Unruhe im Gemüt. Der Pandsen sollte eine junge, schöne Schauspielerin ausgewittert haben, die mit Nächstem eintreffen und zuerst in dem neuen Stücke des Pastor Koch spielen solle. Es ward viel von diesem Ausbunde von Schönheit, den noch keiner sah, gesprochen und die Frau Wirtin zum holländischen Oxhoft hatte noch niemals so vornehme Kunden in ihrer Schenke gesehen, die eine Flasche Wein nach der andern bezahlten, ohne sie zu trinken und ihr dabei das rätselhafte Geheimnis abzuschwatzen suchten. Sie aber strich wohlgefällig die dargereichten Doppelmarkstücke ein, vergaß regelmäßig, das Kleingeld herauszugeben, und versicherte hoch und teuer, nicht mehr zu wissen als jeder andere; demnach sollte es einmal eine Senatorstochter aus Lübeck, ein anderes Mal eine junge Kaufmannsfrau aus Bremen sein. Sie aber halte beides für eine Lüge und wolle eher der dritten Nachricht glauben, daß die junge Dirne ein richtiges Hamburger Kind sei. Zu welchem Hause sie aber gehöre, das könne sie nicht sagen. Wer sich überzeugen wolle, möge warten und die Augen öffnen, denn die Probe müsse bald beginnen und die Schauspieler gingen allesamt durch die Schenkstube.«

      Das ließen sich die Herren gesagt sein und drängten sich der Tür so nahe, daß kaum ein Mensch durch dieselbe gelangen konnte. Die Schauspieler kamen auch verkündetermaßen, Damen wie Herren, nur nicht die Ersehnte und verdrießlich gingen endlich die Neugierigen ihres Weges, um am folgenden Tage wiederzukommen.

      »Die können lange warten!« kicherte die Wirtin in sich hinein, als sie das eingenommene Geld durchzählte. Eine alte, hektische Person, die hier ein Gläschen fürs Nüchterne zu nehmen pflegte, legte ihren Schilling auf die Tafel, indem sie sagte:

      »Am Ende hält Sie alle die lieben schönen Herren am Narrenseil und es ist gar keine solche Komödiantin da.«

      »Freilich ist sie da!« entgegnete die Wirtin mit aufgeworfenen Lippen. »Aber ihr Liebster ist eifersüchtig und geht mit ihr über den Hof.«

      »Hm! Hm!« hüstelte die Alte, trank den letzten Tropfen und ging aus der Stube, um einen passenden Schlupfwinkel auszufinden, wo sie ihre Neugier befriedigen konnte.

      Endlich brach der Tag an, da das vielbesprochene Schauspiel: »Die männerfeindliche Fürstin, die doch gedemütigt wird,« gegeben werden sollte. Die letzte Probe war beendet und der Verfasser, welcher dabei gegenwärtig war, gab seine Zufriedenheit darüber zu erkennen. Am meisten stellte ihn die junge Schauspielerin zufrieden, welche die Dirne gab, und er sagte ihr vieles Angenehme.

      »Wie heißt Sie, liebes Kind,« fragte er und Dunkelschön, ihr zuvorkommend, entgegnete rasch: »Maienblüte, Herr.«

      »Das ist ein seltsamer, in christlichen Landen eben nicht gebräuchlicher Name,« entgegnete der Pastor pikiert, da er glaubte, man wolle sich über ihn lustig machen. »Muß im Uebrigen bemerken, daß man nur dann zu einer Antwort berechtigt ist, wenn man vorher gefragt wurde. Aber den Prinzen Cesario hat der Herr Dunkelschön vortrefflich agiert und ich sage dem Herrn meinen Dank dafür.«

      Der Schauspieler verneigte sich vor dem Pfarrer. Dieser betrachtete beide einen Augenblick und sagte daraus:

      »Dunkelschön und Maienblüte, zwei sonderlich poetische Namen. Nun, Herr, ich hofft, man wird wissen, daß die Maienblüte ein zartes und leicht verletzliches Gewächs ist, das nur unter der liebreichsten Pflege und der treuesten Obhut zu gedeihen vermag. Ein kalter Nachthauch ist hinreichend, sie zu töten.«

      »Sie soll leben, Herr, und lange und fröhlich leben!« entgegnete Dunkelschön rasch, die Maienblüte СКАЧАТЬ