Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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      Zum Seegat aus und ein

       Inhaltsverzeichnis

      Es polterte auf der Saaltreppe.

      Jungfer Mewes, deren Sonnenschein in einen Regentag umgeschlagen war, fuhr scheltend gegen die Tür, welche sich eben öffnete. Sie zog sich aber ebenso schnell zurück, als sie die robuste Gestalt erblickte, welche durch dieselbe eintrat.

      »Mit Verlaub,« sagte der Eintretende. »Ich bin der Jollenführer Jakob Maifisch und wollte fragen, ob hier herum eine Frau wohnt ...«

      »Ich bin nicht verheiratet!« platzte Jungfer Mewes heraus.

      »Danach habe ich nicht gefragt,« entgegnete Jakob Maifisch. »Sie hätte mich sollen ausreden lassen, dann hätte Sie gehört, daß ich eine Frau aufkreuzen will, die Rosmarin heißt.«

      »Ich bin diese Frau,« sagte die Schauspielerin, welche sich schnell erhob. »Was bringt Er mir?«

      »Komme von Bord der Kuff »Vrouw Margarethe«, die vor drei Stunden unter Segel ging. Schmuckes Fahrzeug! Spiegelblank von innen und von außen. Soll Ihr einen Gruß bringen.«

      »Von meinem Sohn?« fragte Frau Rosmarin und die Freude rötete ihre Wangen.

      »Von ihm. Wenn es mir gleich nicht in den Kopf will, daß ein Junge Jan Blaufink heißt und die Mutter heißt Rosmarin.«

      »Lieber Mann, es ist ...«

      »Stiefkind oder so etwas dergleichen, mutmaße ich,« sagte Jakob Maifisch. »Geht mich aber gar nichts an und hat mit meinem Gewerbe nichts zu tun. Ihr Junge schickt Ihr einen schönen Gruß und von der monatlichen Heuer, die er bekommen hat, bringe ich Ihr die größere Hälfte. Er läßt dabei sagen, daß Sie sich dafür gute Tage machen soll.«

      Er zählte das Geld auf den Tisch. Der Mutter traten vor Rührung die Tränen in die Augen und leise sagte sie:

      »Gottes Segen mit einem Sohne, der so in Liebe seiner Mutter gedenkt.«

      »Da ist das Geld. Und Sie soll sich um ihn keine Sorge machen, hat er auch noch gesagt. Nun, Adjes.«

      »Er wird doch meinen Dank nicht verschmähen?« fragte sie, den Boten ihres Sohnes freundlich ansehend. »Er hat um meinetwillen Versäumnis gehabt und ich möchte gern ...«

      Sie streckte die Hand nach dem Gelde aus. Jakob Maifisch trat ihr einen Schritt näher und sagte mit gerunzelter Stirn:

      »Sie ist wohl noch nicht viel mit Jollenführern umgegangen?«

      »Nein, in der Tat nicht!« war die Antwort auf diese sonderbare Frage.

      »Konnte es mir denken. Sie würde sonst gewußt haben, daß, wenn ein Schiffsjunge sich an den Jollenführer wendet, der das letzte Gut an Bord bringt und ihn bittet, einen Teil seiner Monatsheuer der armen Mutter zu bringen, der Jollenführer dafür keine Bezahlung nimmt, und wenn der Junge zehnmal Jan Blaufink und die Mutter Rosmarin heißt. Adjes!«

      Jakob Maifisch ging. Frau Rosmarin setzte sich nieder und bedeckte die Augen mit der Hand. Sie achtete des aufgezählten Geldes nicht.

      Auf Jungfer Mewes machte es die entgegengesetzte Wirkung. Die blanke Reihe von Vierschillingsstücken vertrieben die Regenwolken zum Teil von der Stirn und gestattete dem Sonnenstrahl einen gelegentlichen Durchbruch. Sie nahm die Hand von den Augen der weinenden Frau weg und sagte mit dem Ton des Vorwurfes:

      »Was ist Sie für eine Mutter, daß Sie sich hinsetzt und weint, weil Sie einen Sohn hat, der seinen Verdienst mit Ihr teilt, damit Sie gute Tage haben soll? Er hätte es wohl lieber vertun sollen.«

      »Nein, Jungfer Mewes! Nein.«

      »Schaue Sie doch die blanken Dinger an. Es lacht einem dabei das Herz im Leibe. Lege Sie nur etwas davon für die Miete beiseite. Hat Sie sich noch immer nicht getröstet darüber, daß Ihr das Geld zufließt, ohne daß Sie die Hand ins Wasser zu stecken braucht?«

      »Es ist nicht das, Jungfer Mewes ...«

      »Nicht? Dann ist es etwas anderes. Und was denn? Aber, was frage ich lange, wenn ich doch weiß, daß ich keine Antwort kriege. Neugier plagt mich nicht, und was mir nicht freiwillig gesagt wird, will ich gar nicht wissen. Nehme Sie aber das Geld weg. Diebe haben scharfe Augen, wenn sie durch die Fenster der reichen Leute sehen.«

      Jungfer Mewes bedachte nicht, daß ihr Saal vier Treppen hoch gelegen war und es daher mit dem Blick durch die Fenster seine Schwierigkeiten hatte; dann nahm sie ihre Schaube um und rauschte davon, denn sie erinnerte sich plötzlich einer guten Freundin, welche diese rührende Begebenheit mit großer Teilnahme anhören würde.

      Frau Rosmarin atmete leichter auf, als sie allein war. Mit bewegtem Herzen verschloß sie die Liebesgabe des Sohnes, indem sie sagte: »Nur in der Stunde der höchsten Not will ich es angreifen,« dann aber setzte sie sich wieder an den gewohnten Platz und legte die Hand an ihre Stirn. Die Frau sann über ihr Schicksal oder eigentlich über das Schicksal ihres Sohnes nach.

      »Es ist mein leiblicher Sohn. Ich weiß es und bin zufrieden in der Gewißheit,« sagte sie zu sich selbst. Aber die Welt hat diese Ueberzeugung nicht. Die Menge verlangt Beweise; unwiderlegbare, rechtsgültige Beweise. Wer glaubt es ihm, wenn er sagt, mein Vater war der Schauspieler Eberhard Lohse und ich bin der Erbe seines Namens? Reicht es aus, wenn ich mich als Mutter erkläre? Sie werden mich fragen, womit ich es beweise? Wo ich das Dokument habe, welches bekundet, daß Eberhard Lohse mein rechtmäßiger Ehemann war? Das ist es! Dafür zu sorgen bin ich verpflichtet. Getrost, mein lieber Sohn! Wenn du nach einigen Wochen von deiner Reise wiederkehrst, sollst du alles geordnet finden. Gleich Morgen lege ich die Hand an mein Werk. Für alles andere habe ich keinen Sinn, bis das in Ordnung gebracht ist.«

      Und als die Frau diesen Entschluß gefaßt hatte, legten sich die stürmischen Wogen. Sie konnte ruhig an ihr Tagewerk gehen.

      Jungfer Mewes war am andern Morgen im Begriffe aufzustehen und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Es war noch ungewiß, ob heute das Regenwetter oder der Sonnenschein die Oberhand gewinnen würden. Da erschien Frau Rosmarin vor ihrem Bette, völlig angekleidet und bereit zum Ausgehen. Gleich stand die Mewes auf beiden Beinen und fragte:

      »Was soll das bedeuten?«

      »Ein unaufschiebbares Geschäft zwingt mich, so früh am Tage auszugehen. Auch ist der Weg, den ich zu machen habe, weit und ich glaube kaum, daß ich vor morgen Abend wieder zu Hause bin. Sie muß ja nicht auf mich warten. Behüte Sie Gott, Jungfer Mewes und halte Sie gut Haus.«

      Frau Rosmarin beeilte sich nach diesen Worten, den Ausgang zu gewinnen, bevor Jungfer Mewes Worte fand. Sie wußte wohl, daß diese dann sobald kein Ende nahmen.

      Von Hamburg aus wendet sich der Blick nach dem Dorfe Geesthacht, dessen Turm von der Höhe aus neugierig nach dem gegenüberliegenden Ufer der Elbe schaut. Es sind noch dieselben Häuser, dieselben Bäume, welche sich längs der Landstraße erstreckten, als Maienblüte und Dunkelschön den Weg nach der Pfarre einschlugen.

      Es ist auch noch derselbe Pfarrgarten, in dessen Mittelallee der ehrwürdige Pfarrer Johannes Koch über des genialen Spaniers Drama vom traumhaften Prinzen nachsann СКАЧАТЬ