Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 35

СКАЧАТЬ »Ich habe es einmal versprochen und halte Euch mein Wort. Kann man den Jungen denn nicht zu sehen bekommen? Wo habt Ihr ihn?«

      »Er hat zwar, um des Vorfalles willen, von dem ich Euch erzählte, heute noch einen freien Tag, allein ich denke mir, das müßige Umherlungern ist ihm leid und ehe wir es uns versehen, ist er mitten unter uns.«

      Er war schon ganz in der Nähe. Die Seilerknechte, die seit dem unerwarteten Ausgange ihres Gerichts für den Radjungen Jan eine große Zuneigung hatten, empfingen ihn mit einem lauten Hallo. Der Bahnmeister ließ ihn zu sich bescheiden, stellte ihn dem Schiffer vor und sagte:

      »Das ist der Mann, der sich erboten hat, sich deiner anzunehmen, wenn du die Lust und das Zeug dazu hast, ein ordentlicher Seemann zu werden. Was meinst du. Junge? Hättest du nicht Lust zu einer Probereise nach Amsterdam und da herum?«

      »Ein Seemann soll ich werden?« rief Jan Blaufink und schlug vor Verwunderung in die Hände. »Ein ordentlicher Seemann, mit einer blauen Jacke und einem blanken Lederhut auf dem Kopfe? Und Ihr wollt mich dazu machen, lieber Herr? Wollt mich bei Euch an Bord nehmen und mich lehren, was ich zu tun habe, um ein tüchtiger Matrose zu werden?«

      »Will es tun,« antwortete Hans Kramer, »weil dieser Mann, der früher mein Backsmaat war, dich empfohlen hat und sich dafür verbürgt, daß man es mit dir wagen kann.«

      »Ihr habt das getan? Tausend Dank für das Wort. Und was Eure Bürgschaft anbetrifft, sollt Ihr Euch nicht betrogen haben; ich mache Euch keine Schande, darauf mögt Ihr Euch verlassen.«

      »Gut, mein Junge,« entgegnete der Bahnmeister. »Und nun kann Kapitän Dankbars Prophezeiung in Erfüllung gehen.«

      »Was für eine Prophezeiung ist das?« fragte der Schiffer.

      »Es soll bei Euch Holländern einen Radjungen gegeben haben, in Vlissingen glaube ich, der es bis zur Admiralschaft gebracht hat, und nun meinte Kapitän Dankbar, es könne dem Jan ebenso gehen.«

      »Ihr sprecht von unserm de Ruiter. Solche Radjungen werden nicht alle Tage geboren. Nun, Junge, du kannst morgen früh an Bord der Kuff »Vrouw Margarethe« kommen. Sie liegt beim Westergat. Bringe alle deine Habseligkeiten mit, denn um Mittag ist Hochwasser und dann werfen wir die Taue los.«

      »Die Habseligkeiten werden nicht sonderlich vielen Platz wegnehmen, Herr!« sagte Jan. »Könnte sie beinahe in die Tasche stecken.«

      »Wills glauben!« sprach der Schiffer lachend. »Weil du aber von jetzt ab zu meinem Schiffe gehörst, will ich dafür sorgen, daß wenigstens die Rundjacke und der Lederhut zu dem Kerl passen. Komm mit!«

      Beide gingen nach der Stadt und in einen der Läden, wo für die Ausrüstung der Seeleute von der schottischen Mütze im kalten Winter an bis zum leichten Segeltuchschuh für die Hitze der Tropen gesorgt ist. Als sie nach einer halben Stunde wieder heraustraten und Jan vom Kopf bis zum Fuß in einen Matrosen verwandelt war, rief er dem Schiffer zu, daß er unfehlbar zur rechten Zeit an Bord sein werde, dann aber eilte er mit dem Rufe »So müssen sie mich auf der Neptunswerft sehen!« dem Brocktor zu.

      Es war Mittag. Die Leute stiegen von den Gerüsten und jeder ging an den Ort, wo seine Schüssel rauchte. Auch Mutter Möller war keuchend angelangt mit ihren vollen Töpfen und verteilte die einzelnen Portionen mit dem gewöhnlichen Murrsinn. Als sie die Kelle niederlegte und sich auf einen Hauklotz niederließ, um das Ende der Mahlzeit abzuwarten, sagte es mit lauter Stimme hinter ihr:

      »Mutter Möller, bekomme ich schon wieder nichts ab? He?«

      »Wer will etwas abhaben?« fuhr sie auf und schaute die zierliche Rundjacke, welche vor ihr stand, mit blöden Augen an. »Wer ist der Kerl und was will Er von mir?«

      »Kennt Sie denn das Kostkind Jan nicht wieder?« fragte dieser und lachte die Alte an, welche noch immer nicht zu Worte kam und ihn kopfschüttelnd ansah. »Ich glaube, das macht der große Hut. Ich will ihn abnehmen, damit Sie besser in mein Gesicht sehen kann. So! Ist es nun recht?«

      »Kommt der Taugenichts wieder zu mir?« rief sie aus.

      »Nein, Mutter Möller! Ich wünsche vielmehr, daß Sie zu mir kommt.«

      »Zu dir! Zu dir! In welche Hölle würde ich da geraten?«

      »Ein wenig hoch ist es zwar,« entgegnete Jan, »allein von einer Hölle ist darin nichts zu spüren. Es soll dort sehr heiß sein und wir haben in unserer Kammer schon rechtschaffen gefroren. Aber im Ernste, Mutter Möller, Sie muß mit mir kommen. Es soll Ihr Schade nicht sein. Glaube sogar, daß Sie einen Teil des rückständigen Kostgeldes in Empfang nehmen kann.«

      »Ist die alte Martha wieder lebendig geworden?« fuhr Mutter Möller auf.

      »Das weiß ich nicht zu sagen,« erwiderte Jan. »Weil aber die Menschen, wenn sie einmal tot sind, auch tot bleiben, wird mit der alten Martha keine Ausnahme gemacht werden. Da! Ihre Kostgänger sind auf und davon. Packe Sie Ihre Schüsseln und Töpfe zusammen und dann komme Sie mit mir. Was ich Ihr mit Gewißheit versprechen kann, ist ein Glas echter Schiedamer.«

      Jan kannte die schwache Seite von Mutter Möller. Ein stärkender Tropfen im Verborgenen war eine Lockung, der sie nicht zu widerstehen vermochte. Sie machte sich schweigend an ihr Geschäft, während Jan sich rechts und links umsah, ob er nicht einem oder dem andern seiner ehemaligen Kameraden in den Weg lief, als der Werftmeister ihm den Weg vertrat und fragte:

      »Was sucht Er hier?«

      »Werftmeister, ich hole nur die Mutter Möller ab, die mit einem gesunden Schluck bei mir vorlieb nehmen will, und bin froh, Euch bei dieser Gelegenheit meinen Dank für erfahrene gute Behandlung ausdrücken zu können.«

      »Wer Teufels ist das?« rief dieser. »Sehe ich denn recht ...

      »Glaube wohl, daß Ihr nicht fehl geht, wenn Ihr mich für den Taugenichts haltet, welcher Euch die gefährliche Rebellion entdeckte. Reise morgen nach Amsterdam und nehme Abschied von Euch, indem ich Euch bitte, die beiden Zöpfe des Matthes und des Hans von mir zu grüßen und ihnen zu sagen, daß es meine Schuld ist, wenn die Köpfe ihrer Herren gegeneinander klappten.«

      »Sage es ihnen selbst, wenn du Lust zu einer Tracht Schläge hast,« brummte der Werftmeister. »Warum bist du hierher gekommen und was treibst du?«

      »Meine Rundjacke zeigt Euch, daß ich Seefahrer werden soll,« entgegnete Jan. »Und da ich morgen von der Stadt gehe, bin ich heute hierher gekommen, um die Stelle nochmals zu sehen, wo ich zuerst scharwerken lernte, und um Abschied von Euch zu nehmen und Euch zu bitten, mir meine Jungensstreiche nicht nachzutragen. Gebt mir die Hand darauf, Herr, daß Ihr es vergessen wollt. Ich konnte nicht immer still schweigen, wenn ich getreten wurde; ich mußte auch einmal aufschreien. Aber nun ist die Mutter Möller mit dem Einpacken fertig, und wenn ich noch länger warte, geht sie ohne mich davon. Sagt Euerm Baas meinen Dank für seine letzte Guttat und daß ich sein Wort wahr machen will. Lebt wohl, Werftmeister, und wenn Ihr es morgen über Euch gewinnen könnt, wünscht mir eine glückliche Reise.«

      Mit einem Sprunge war er bei der alten Frau, nahm ihr den schwersten der beiden Körbe aus der Hand, und ehe der Werftmeister noch das passende Wort finden konnte, war Jan bereits außerhalb der Pforte.

      Mit Verlangen sah Frau Rosmarin der Rückkehr ihres Jan entgegen. Seit dem Gespräch am gestrigen Abend war sie in einer sehr erregten Stimmung. Früh Morgens war Jan fortgegangen, ohne sie zu sehen. Jungfer Mewes hatte nur gesagt, er wollte so bald als möglich СКАЧАТЬ