Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 33

СКАЧАТЬ und Euch von der Wahrheit meiner Aussage überzeugt.«

      »Das darfst du fordern!« sprach entschlossen der Bahnmeister. »Und es soll alsbald geschehen. Herr Elias Brammer, ich ersuche Ihn, mich zu begleiten, du, Detlev, gehst auch mit, damit ich Zeugen für das habe, was ich finde. Ihr andern rührt euch nicht von der Stelle. Wir kommen gleich zurück.«

      Während die drei sich entfernten, blieb alles still. Jan Blaufink sah sich ruhig im Kreise um und blickte zärtlich auf Frau Rosmarin, die ihn liebkoste.

      Nach einer Viertelstunde kehrten die drei Abgesandten wieder. Herr Elias Brammer war etwas außer Fassung und blieb ein Merkliches hinter dem Bahnmeister zurück. Dieser trat in den Kreis und sagte:

      »Wir sind in meine Kammer gegangen und haben dort alles so gefunden, wie er gesagt hat. Die Büchse stand an der gewohnten Stelle; sie ist ganz gefüllt, und das Siegel hat keinen Schaden genommen. Sonach ist Jan Blaufink unschuldig und wir haben uns an ihm schwer vergangen.«

      »Es ist gut, daß Ihr das einseht, und damit bin ich zufrieden,« sagte Jan. »Ihr habt mir sehr weh getan und mir ein großes Herzeleid bereitet, allein es ist vorbei und ich denke nicht mehr daran.«

      »Halt und stopp!« entgegnete der Bahnmeister. »So wohlfeil kommt keiner davon. Wir haben dir ein Unrecht abzubitten und das geschieht hiermit. Ihr alle tut es und auch Herr Elias Brammer ...«

      Man sah sich um. Dieser war nirgends zu finden.

      »Es geht auch ohne ihn,« fuhr der Bahnmeister fort. »Im Namen aller, die hier versammelt sind, sage ich es, daß es uns leid tut, was wir dir getan haben und daß wir jedes gesprochene ehrenrührige Wort zurücknehmen. Damit wirst du zufrieden sein, und nun das geschehen ist, bringe ich ein Hurra für Jan Blaufink aus, in das alle einstimmen müssen. Eins! Zwei! Drei!«

      »Hurra, Hurra, Hurra!« hallte es an allen Enden wider. Jan Blaufink wurde von den Männern und den Jungen, die noch eben über ihn zu Gericht saßen, umringt. Sie schüttelten ihm die Hände und die Freundschaftsbeteuerungen nahmen kein Ende.

      »Und nun, mein Junge,« sprach der Bahnmeister, dessen Herz nach diesem Akt der Gerechtigkeit merklich erleichtert war, »sollst du dein Recht ganz und gar von mir empfangen. Sie hatten schon beschlossen, wenn heute der Meisterschmaus stattfindet, solltest du davon ausgeschlossen sein und was sie sonst noch tun wollten, das sage ich gar nicht; jetzt aber bekommst du deinen Platz nicht bei den andern Radjungen am Seilertisch, sondern du sollst an der Gesellentafel obenan sitzen und die Frau da, der wir auch ein Unrecht taten, sitzt bei dir, und wenn unsere Weiber auch ein noch so schiefes Gesicht dazu machen. Und nachher, wenn wir den Inhalt dieser Büchse teilen und dein Part fällt etwas reichlicher aus, als es sonst geschehen wäre, so wirst du es wohl nicht übel nehmen. Jan, mein Junge, ich sage dir, mir ist leicht ums Herz, daß es so gekommen ist.«

      Er schüttelte dem jungen Burschen die Hand. Dieser umfaßte Frau Rosmarin und ging mit ihr den Bäumen zu, unter denen eine Grasbank zur Ruhe einlud. Seine Kameraden stürmten ihm voran und schrien laut:

      »Da kaam wi mit Jan Blaufink an!«

       Inhaltsverzeichnis

      Die Regenwolken zerstreuten sich und es gab Sonnenschein. Der Tag, der so verhängnisvoll begann, endete in Lust und Freude. Die arme, vergessene Schauspielerin saß mit ihrem jungen Retter an dem obern Ende der Tafel und war der Gegenstand des allgemeinsten Wohlwollens. Die ehrlichen Burschen wollten wieder gutmachen, was sie in ihrem Eifer verschuldeten. Man nickte ihr zu, und sprach vertrauliche Worte mit ihr. Den Jan behandelten die Gesellen als einen ihresgleichen und der Bahnmeister brachte seine Gesundheit aus. Der Baas der Werft hatte von dem Vorfall gehört. Er ließ den Radjungen zu sich rufen, lobte ihn und gab ihm ein reiches Geschenk. Als der Inhalt der Büchse verteilt wurde, steckte der Bahnmeister ihm seinen Anteil in die Tasche und sagte:

      »Nun gehe mit deiner Alten nach Hause und lasse es dir bei ihr ein paar Tage wohl sein. Ich will es bei dem Baas vertreten. Nach einer ungewöhnlichen Arbeit muß auch eine ungewöhnliche Ruhe stattfinden. Wenn du wiederkommst, nimm dich tüchtig zusammen, dann soll es mit dem Radjungen nicht lange dauern.«

      So waren Jan Blaufink und Mutter Rosmarin bei Jungfer Mewes auf dem Saal angelangt. Diese hatte gerade eine gute Stunde. In ihrem Kalender stand Sonnenschein, und die mancherlei guten Gaben, welche vor ihr ausgekramt wurden, steigerten die heitere Laune so sehr, daß sie bei Empfangnahme der rückständigen Miete und des Kostgeldes sagte: »Einen solchen braven Burschen gibt es nicht mehr auf der Welt. Bleibe, solange du willst; ich störe euch nicht und ihr sollt in der Wohnung wirtschaften, ganz nach euerm Belieben.«

      Die beiden machten von dieser Erlaubnis den bescheidensten Gebrauch. Sie saßen einander gegenüber und plauderten von vergangenen Dingen und von künftigen. Sie bauten Luftschlösser, die nach wenigen Augenblicken zusammenstürzten, um neuen Platz zu machen, die hoch emporragten, um alsbald wieder zu verschwinden.

      Seit einiger Zeit war es eigentlich nur Jan, der sich die Mühe gab, die seltsamsten Dinge zu ersinnen und alles vorzutragen, was wie ein ungewisses Etwas in seiner Seele brütete. Frau Rosmarin war nachdenklich geworden. Sie sah ihren jungen Freund unverwandt an; allein sie hörte nicht auf das, was er sprach. Ihre Gedanken waren weit von dieser Stätte. Sie schweiften in eine vergangene Zeit zurück und riefen Bilder in ihr wach, welche sie in eine wehmütige Trauer versetzten.

      Obgleich von der Gegenwart und ihrem Glanze vollständig erfüllt, mußte Jan doch endlich bemerken, was mit Frau Rosmarin vorging. Er hielt inne mit sprechen, ohne daß ihr dies aufgefallen wäre, und sagte:

      »Mutterchen, was ist dir? Du läßt den Wein verdampfen, den ich dir einschenkte? Du hörst nicht auf das, was ich dir erzähle, und als ich zu sprechen aufhörte, merktest du es nicht einmal. Was hast du denn nur?«

      Mit einem tiefen Atemzuge sah sie auf und blickte ihn mit einiger Verlegenheit an:

      »Vergib mir, Jan. Ja, ich sage es offen und frei, mir fielen die vergangenen Tage ein und darüber vergaß ich die Gegenwart. Seit gestern Abend, da die Feuersäule in die Luft stieg und das Haus in Trümmer versank, woran ich stets nur mit einem innern Schauer dachte, ist eine vollständige Veränderung mit mir vorgegangen.«

      »Ich habe es wohl bemerkt, wie sehr es dich erschreckte. Du hättest lieber nicht dahin gehen sollen.«

      »Ich wäre gestorben, wenn ich es hätte unterlassen müssen. Aber, es ist nicht das allein. Als ich in dein liebes Gesicht sah, wie es vom Feuer angestrahlt wurde, betrachtete ich diese Züge, diese Locken, die auf den Hals herabringeln, genauer. Und wenn ich jetzt in diesem Augenblick das Lächeln schaue, das um deine Lippen spielt; wenn ich in deine Augen blicke, welche so hell leuchten, gibt es mir einen Stich in das Herz. Mir ist es, als sollte ich an der Wunde verbluten, und doch wieder wird mir so selig zumute, als hielte alles Glück der Erde seinen Einzug in diese verödete Brust.«

      »Du machst mich bange, Mütterchen,« sagte Jan, und als er sie anschaute, kam sie ihm wie eine Fremde vor, so sehr hatte sie sich verändert.

      Sie nahm seine Hand, welche sie zwischen der ihrigen hielt und entgegnete:

      »Das will ich nicht, mein Kind. Vielmehr will ich dich inniger und fester mit mir vereinen, indem ich dir alles vertraue, was dies Herz belastet. Nichts soll dir verschwiegen bleiben. Jedes Geheimnis verschwindet mit dieser Stunde zwischen uns. Ich muß einen Menschen haben, an den ich mich wenden und meinen Schmerz СКАЧАТЬ