Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 36

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      »Da bin ich!« rief er ihr entgegen. »Die alte Mutter Möller keucht hinter mir drein.«

      Dann aber legte er den Finger auf den Mund und sagte so leise, als er konnte:

      »Laßt sie ruhig gewähren. Ich kenne ihre Weise und habe mitgebracht, was uns frommt.«

      Nach einer Pause trat Mutter Möller keuchend ein:

      »Warum narrst du eine alte Frau die steilen Treppen hinauf? Was soll's hier nun und wo ist der Narr, der mir goldene Berge versprach?«

      »Hier, Mutter Möller!« sagte Jan. »Setze Sie sich daher auf den Schemel und nehme Sie dies Glas aus meiner Hand. Echter Schiedamer aus Cord Lewens seinem Laden. Lasse Sie es sich wohl bekommen.«

      Das alte Weib schlürfte ihren Genever in aller Behaglichkeit. Frau Rosmarin betrachtete sie mit großer Aufmerksamkeit, allein sie konnte in diesen verwitterten Zügen nichts Bekanntes entdecken.

      Jan füllte das leere Glas aufs neue und setzte sich dann der Alten gegenüber, indem er mit dem Gelde in der Tasche klingelte:

      »Hört Sie die Musik?«

      »Ist es das versprochene Kostgeld, was Sie mir bislang schuldig geblieben sind?«

      »Sie soll bald einen Teil davon in die Hand bekommen; vorher aber muß Sie mir etwas versprechen. Sie muß mir sagen, wer die alte Martha eigentlich gewesen ist.«

      Sie sah den Fragenden an und sagte mürrisch: »Was geht es dich an?«

      »Soll ich nicht wissen, wer so barmherzig gewesen ist, für meinen Unterhalt zu sorgen?« entgegnete Jan. »Es ist noch Stoff da für ein drittes Glas, wenn Sie die Wahrheit sagt.«

      »Nun, Söhnchen,« sagte Mutter Möller, die in eine erhöhte Stimmung geriet. »Von Barmherzigkeit war dabei nicht die Rede. Vom Rechte auch nicht, denn sonst hättest du müssen, statt in meinem Keller, in dem schönen Hause wohnen.«

      Sie schwieg einen Augenblick, dann aber fuhr sie auf:

      »Jetzt hätte es dir auch nicht mehr genützt, denn es ist mit Stumpf und Stiel verbrannt. Hast du nicht gesehen, wie rot in der verflossenen Nacht der Himmel war?«

      Bei dieser Aeußerung konnte Frau Rosmarin einen Schrei nicht unterdrücken. Mutter Möller hörte es und fragte:

      »Ist noch jemand hier?«

      »Die Frau, bei der ich einwohne; die stört uns nicht. Danach also darf ich annehmen, daß die alte Martha auf dem Brauerbe der Frau Janna Straußin diente.«

      »Sie war die Altmagd dort. Aber was weißt du von der Frau Janna Straußin?«

      »Sie nannte ja vorhin ihren Namen. Weiß Sie es nicht mehr? – Aber Sie vergißt Ihr Glas, Mutter Möller.«

      »Das wärmt! du bist ein guter Junge. Also ich hätte es vorhin gesagt? Nun, mag es sein. Ich habe zwar geschworen, es mein Lebtag nicht zu sagen, allein nun ist es doch geschehen und sie sind ja alle tot, da schadet es nicht mehr.«

      »Aber ich, das Kostkind, bin noch da!« sagte Jan und klingelte wieder mit dem Gelde. »Nun will ich mein zweites Versprechen halten. Mache Sie die Hand auf. Ein, zwei, drei, vier! Das ist der erste Satz. Wieviel gab Ihr die alte Martha in der Woche für mich? Es ist nur, daß ich weiß, wieviel ich Ihr im ganzen zahlen muß.«

      »Eine Mark habe ich bekommen; keinen Dreiling mehr. Nachher wurde es noch weniger und zuletzt hörte es ganz und gar auf.«

      »Da werde ich tüchtig nachzahlen müssen. Sie kann sich freuen, denn Sie bekommt einen ganzen Beutel voll Geld auf einmal. Aber die Mutter von dem Kostkind. Wie ist es damit geworden?«

      »Du weißt nicht, was du sprichst.«

      »Wir wollen die erste Mark vollmachen. Noch einmal her die Hand.«

      Jan ließ einen Schilling nach dem andern in dieselbe fallen und sagte:

      »Sie weiß ja, daß die Martha den Mund nicht halten konnte, wenn sie ihre Kanne Bier herunter hatte, und hat gewiß von der Mutter des armen Kostkindes erzählt ... So! Nun sind die sechzehn voll! – Mutter Möller, wie lange hat denn die arme Christine in dem dumpfen Keller gesessen?«

      »Die Komödiantendirne!« rief Mutter Möller. »Wer schluchzt denn so sehr?«

      »Ich habe Ihr ja schon gesagt, daß es die Frau ist, bei der ich einwohne. Wir wollen uns um die nicht kümmern, sondern in unserm Gespräch weiter fortfahren.«

      »Nein,« sagte Mutter Möller ausweichend. »Ich bin müde und will nach Hause gehen. Du mußt mich dahin bringen. Du hast es mir versprochen.«

      »Freilich will ich das. Und morgen, wenn ich Sie besuche, bringe ich neues Geld und neuen Schiedamer. Lasse Sie es nur ein wenig mehr dämmerig werden, dann brechen wir auf.

      »Also Sie meint, daß die Haft mehrere Jahre gedauert hat?«

      »Freilich, mehrere Jahre. Du warst schon tüchtig herangewachsen, bevor die Straußin starb und die junge Dirne alles verriet.«

      »Und meine arme Mutter hat eine jahrelange Pein geduldet, ohne daß einer so menschlich war ... Nicht doch, ich wollte nur sagen, daß ich mich wundere, wie der Christine ihr Mann – sie hieß Christine, weiß Sie, – sich nicht darum gekümmert hat, wo seine junge Frau geblieben ist.«

      »Er konnte ja nicht!« kicherte Mutter Möller in sich hinein.

      »Konnte er nicht?« fragte Jan hastig. »Sprich, Weib, haben sie meinen Vater ermordet?«

      »Nein, Jungchen!« lallte Mutter Möller. »Sie haben ihn an die holländischen Werber verkauft.«

      Frau Rosmarin, welche dieses Gespräch in der größten Aufregung anhörte, stürzte mit einem gellenden Schrei zu Boden. Jan eilte zu ihr und trug sie auf ihr Bett. Jungfer Mewes war mit Rat und Tat zur Hand.

      Mutter Möller taumelte von ihrem Schemel auf: »Mein Kopf brennt! Ich halte es hier nicht länger aus. Was für ein entsetzensvoller Schrei war das?«

      »Der Todesschrei der armen Christine Ramke, welcher Ihr alles gestohlen habt und die Euch dafür vor Gott verklagt!« schrie Jan in seiner Todesangst, indem er sich über seine Mutter beugte, die in einer todesähnlichen Erstarrung da lag. »Sieh zu, alte Hexe, wo du bleibst! Sie wird dich finden und dich töten.«

      Das alte Weib tappte noch dem Ausgange. Unten auf der Treppe begegnete ihr Jungfer Mewes, die in der Angst zu dem nahe wohnenden Arzt gelaufen war, der ihr auf dem Fuße nachfolgte.

      Der erfahrene Mann schlug der Ohnmächtigen eine Ader. Das Leben kehrte wieder. Nach ein paar Stunden war die Gefahr vorüber und Jan konnte seiner Mutter von dem Glücke erzählen, das ihm zuteil geworden, und daß er mit dem beginnenden Tage seine neue Lehrzeit antrete.

      »Kaum gefunden und schon wieder getrennt!« klagte die bleiche Mutter mit Tränen in den Augen.

      »Und nach der Trennung folgt ein heiteres Wiedersehen!« tröstete Jan zärtlich und zog die Mutter an СКАЧАТЬ