Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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Читать онлайн книгу Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt страница 30

СКАЧАТЬ wenn wir ihn nur erst haben!« meinte einer der Losgesprochenen. »Schade um den Jungen. Ich mochte ihn wohl leiden und kann es mir gar nicht denken, daß er ein Dieb sein soll. Besser bedacht, laufe ich auch nicht mit hintendrein. Es könnte mir leid tun, wenn sie ihn griffen und er müßte wie ein Dieb ins Zuchthaus.«

      Die Meute sprengte dem vermeintlichen Flüchtling nach. Aber ehe diese das Tor erreichte, waren Jan Blaufink und Frau Rosmarin längst durch dasselbe und in die Stadt hineingegangen.

      In der Mitte des neuen Steinweges hielten sie an und Jan sagte:

      »Wir haben es nun nicht mehr so eilig. Mutterchen muß sich erst ein wenig verschnaufen und das Zanken der Jungfer Mewes kriegen wir noch früh genug zu hören. Wird die losfahren, wenn sie mir heute Nacht gezwungen Quartier geben muß. Sagtest du etwas, Mutterchen?«

      »Ich weiß nicht, wie mir ist, Kind! Es fällt mir schwer auf das Herz und ein Fieberschauer durchrieselt mich. Wir wollen doch lieber nach Hause gehen.«

      »Gleich, Mutterchen! Ich sehe nur ... Was ist denn das? Kann am Abend die Sonne aufgehen? Sieh nur, wie es über uns leuchtet!«

      Der Horizont glühte in feuriger Lohe. Zu gleicher Zeit schrillten die Pfeifen der Nachtwächter durch die Straßen. Die Glocken auf den Türmen zogen an.

      Die Straßen, welche schon ziemlich entvölkert waren, füllten sich wieder. Die Haustüren taten sich auf. An den Fenstern erschienen Lichter. Es wurde gefragt und wieder gefragt, herüber und hinüber. Keiner wußte zu antworten.

      »Der Richtung nach zu urteilen,« sagte ein langer Mann im Schlafrock, »muß das Feuer ...«

      »Ach was, Richtung!« unterbrach ihn sein ungeduldiger Nachbar. »Augenmaß täuscht. Da kommt der Nachtwächter! Der soll uns berichten!«

      Der Nachtwächter, die Pfeife an den Mund sehend, kam schnellen Schrittes daher.

      »Wo brennt's? Wo brennt's?« stürmten ihm alle entgegen, die auf dieser Stelle versammelt standen.

      »Ich weiß es nicht!« antwortete er im Gehen.

      »Er weiß es nicht, und ist Nachtwächter?«

      »Ich habe hier nur zu pfeifen! Platz für die Obrigkeit!«

      »Achtundvierzig Schläge von Sankt Nikolai!« rief es an einer anderen Stelle. »Vor kurzem waren es erst dreißig.«

      »Das ist ein großes Glockenfeuer, Nachbar.«

      »Gott bessere es und tröste die armen Menschen, die davon betroffen werden,« war die Antwort. »Aber manche Leute gehen auch unverantwortlich leichtsinnig mit Feuer und Licht um! Da zieht die Glocke schon wieder an. Zählt einmal, Nachbar.«

      »Zweiundfünfzig!« sagte dieser, als die Glocke wieder schwieg. »Hat denn der Hausknecht die Feuereimer fortgetragen?«

      »Freilich! Aber wohin er damit geraten ist, weiß ich nicht. Kein Mensch hat uns noch gesagt, wo es brennt.«

      Jan Blaufink war mit seiner Begleiterin nur langsam von der Stelle gekommen. Das wachsende Gedränge hielt sie auf. Er wurde ernstlich besorgt, denn seit dem Ausbruch des Feuers hatte sich Frau Rosmarin seltsam verändert. Sie wurde von einer seltsamen Unruhe fortgetrieben.

      Da rasselte eine neue Spritze dicht an ihnen vorüber. Ein Wasserwagen folgte. Die Spritzenleute in den langen, weißen Kitteln und den braunen Lederkappen hatten es gar eilig.

      »Rohrmeister! Wo brennt es!« erscholl der erneuerte Ruf, und dieser rief zurück:

      »Auf dem Brauerknechtsgraben!«

      Frau Rosmarin hatte s gehört. Sie fuhr bei dem Namen dieser Straße zusammen und schrie mit Anstrengung aller ihrer Kräfte:

      »Wo da? Wo da?«

      Ein Spritzenmann, der zufällig etwas zurückgeblieben war, antwortete ihr:

      »Die ehemalige Janna Straußinsche Brauerei steht in vollen Flammen!«

      Ein furchtbarer Schrei folgte diesen Worten. Frau Rosmarin brach zusammen.

      »Mutterchen! Mutterchen!« rief Jan Blaufink erschreckend. »Was soll das bedeuten?«

      Nur mit Mühe gelang es ihm, sie aufrecht zu halten. Ein paar Frauen, die in der Nähe standen, sprangen ihm hilfreich bei.

      Ein paar Minuten lang lag sie starr und regungslos in den Armen der helfenden Frauen. Ihre Augen waren geschlossen. Jan Blaufink sah sie mit ängstlichen Blicken an und nannte sie mit den zärtlichsten Namen.

      Plötzlich richtete sie sich auf. Sie stand allein und sagte zu ihren Helfern: »Ich danke Euch für Euern Beistand. Mir ist wieder ganz wohl. Komm, Jan! Komm! Wir müssen eilen.«

      Und als wäre nach der kurzen Ohnmacht ein neuer Geist über sie gekommen, schritt sie weiter. Jan Blaufink, der vor Staunen kein Wort hervorbringen konnte, folgte ihr schweigend.

      Eine Strecke ging es weiter, dann bog sie in eine Seitenstraße ein. Er hielt sie zurück und sagte: »Das ist nicht unser Weg.«

      »Wohl ist es unser Weg,« entgegnete sie eilig. »Unsere Straße geht dem Feuer zu. Da wird mir besser; da werde ich gesund.«

      »Was sprichst du. Mutterchen? Was geht dich das Feuer an? Kannst du gesund werden, weil andere Leute ins Elend geraten?«

      »Davon weißt du nichts!« entgegnete sie fast hart. »Bleibe oder gehe, aber halte mich nicht auf.«

      Und mitten durch das Gedränge machte sie sich eine Bahn. Jan Blaufink war auf ihrer Ferse.

      Auf dem Brauerknechtsraben standen nicht bloß Brauerben. Es befanden sich auch andere Baulichkeiten dort, unter anderen geräumige Lagerkeller, von denen Herr Elias Brammer den einen mietweise besaß.

      Die Pfeife eines Wächters, der das Feuer ankündigte, und die Sturmglocke, deren Schläge sich mit dem Steigen der Flammen mehren, schallen weit. Auch auf den Vorsetzen wurden sie vernommen. Die Fenster flogen auf und einer rief dem andern zu: »Wo brennt's?«

      Von der Straße herauf fehlte die Antwort nicht.

      »Da liegt mein Keller!« rief jammernd Elias Brammer und fuhr in die Kleider. »Frau, erhebe dich und gehe mir zur Hand! Schnell, wie der Wind! Wo schnarcht der Hasenfuß, der Junge? – Her mit dem Hut! – Schicke mir den Jungen mit den Feuereimern nach und schließe die Haustür wieder zu. Wer weiß, ob ich bei aller Eile nicht schon zu spät komme und in diesem Augenblick das Haus Brammer schon ruiniert ist.«

      Er stürmte fort und langte auf der Brandstätte an. Das Haus, unter welchem sich sein Warenkeller befand, lag weit von derselben ab. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. Er atmete tief auf und hatte nun auch Augen für das ruhelose Treiben um ihn her.

      Die Seilerjungen, welche den Jan verfolgten, waren bis in die Stadt geraten und dem allgemeinen Zuge gefolgt. Die Aufregung, worin Hamburg sich befand, hatte auch sie ergriffen und ihr eigentlicher Auftrag war ihnen abhanden gekommen. – In dem großen Gedränge hatten sie sich verloren und suchten vergebens, sich wieder zusammenzufinden.

      »Du!« СКАЧАТЬ