Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
isbn:
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Diese weitgehende Flexibilität macht die Auflage gerade im Unternehmertestament zu einem beliebten Gestaltungsmittel, um auch nach dem Ableben Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen. Ein Einzelunternehmer verfolgt mit einer Auflage regelmäßig drei Ziele: die Erteilung von Vollmachten (etwa an den Testamentsvollstrecker), die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Gesellschaft (Gesellschaftsgründungsklausel) sowie die Pflicht, das Unternehmen nicht innerhalb einer bestimmten Frist zu veräußern, andernfalls eine Nachabfindung droht.[95]
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Formulierungsbeispiel Nachabfindung:
Zu meinem Nachlass gehört das von mir betriebene einzelkaufmännische Unternehmen …, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA … Meinen Erben … belaste ich mit folgender Auflage: Für den Fall, dass der Erbe das vorgenannte Unternehmen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erbfall veräußern sollte, hat er je ein Drittel der Veräußerungserlöse an meine Ehefrau und meine Tochter … abzuführen. Veräußert mein Erbe innerhalb des genannten Zeitraums mehr als 50 % der Vermögenswerte des Unternehmens nach Buchwerten (alt.: Verkehrswerten), hat der Erbe an die vorgenannten Personen einen Betrag in Höhe von je einem Drittel der erzielten Veräußerungserlöse (nach Steuern) zu zahlen.
Einer Veräußerung stehen alle Rechtsgeschäfts gleich, die einem Verkauf entsprechen, z.B. Einbringung, Tausch oder Umwandlungsvorgänge. Wenn der Erbe Sachleistungen für die Veräußerung erlangt, gilt der Verkehrswert der Sachleistung als Gegenleistung. Ist die Gegenleistung niedriger als der Wert, der bei einem Verkauf an einen Dritten hätte erzielt werden können, wird der Verkehrswert angesetzt.
Mein Erbe … hat meine Ehefrau und meine Tochter … über jegliche Veräußerung im vorgenannten Sinne zu informieren und auf Verlangen alle relevanten Unterlagen vorzulegen.
Ich ordne Testamentsvollstreckung (Abwicklungsvollstreckung) an und bestimme . . ., ersatzweise … zum Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, für die Vollziehung der angeordneten Auflage zu sorgen. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers endet nach der Erfüllung der Auflage.
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Mittels einer Gesellschaftsgründungsklausel möchte der Erblasser seine Erben verpflichten, eine Gesellschaft zu gründen, um etwa die Nachteile einer Erbengemeinschaft am Einzelunternehmen zu vermeiden. Eine erbrechtliche Anordnung, mittels derer unmittelbar mit dem Erbfall eine Gesellschaft zwischen den Erben entstehen würde, kennt das deutsche Erbrecht nicht. Eine solcher Zwangsgesellschaft würden im Übrigen auch gesellschaftsrechtliche Erwägungen entgegen.[96]
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Um Streitigkeiten zwischen mehreren Erben weitestgehend zu vermeiden, sollte der Erblasser die einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags so detailliert vorgeben, dass z.B. ein Testamentsvollstrecker etwaige Lücken ausfüllen kann.[97] Ist nur ein Gesellschafter-Erbe vorhanden, macht die detaillierte Vorgabe des Gesellschaftsvertrags allerdings wenig Sinn, da der Erbe diesen (nach Abschluss einer etwaigen Testamentsvollstreckung) sofort ändern könnte. Zur Umsetzung der Gesellschaftsgründungsklausel empfiehlt sich regelmäßig die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker aber nicht anweisen, ohne Zuziehung der Erben den Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft abzuschließen.[98] Die damit verbundene persönliche Haftung der Erben lässt sich mit der beschränkten Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers nicht herbeiführen, §§ 2206, 2207 BGB. Zur Gründung einer bzw. Umwandlung in eine GmbH vgl. 3. Kap. Rn. 99.
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Was den Inhalt des Gesellschaftsvertrags betrifft, ist zu berücksichtigen, dass diesen der Erblasser vorgibt und nicht die Erben frei aushandeln. Der Gesellschaftsvertrag muss also in erster Linie an erbrechtlichen Maßstäben gemessen werden. Vor diesem Hintergrund sind Abweichungen möglich, die bei einem frei ausgehandelten Gesellschaftsvertrag möglicherweise nicht zulässig wären.[99] Zu nennen wären hier insbesondere der Abfindungsanspruch eines Erben-Gesellschafters, der im Rahmen einer erbrechtlichen Gründungsklausel ganz ausgeschlossen werden kann,[100] sowie das freie Hinauskündigungsrecht eines Miterben-Gesellschafters.[101] Diese Klauseln sind nicht als gesellschaftsrechtliche Sittenwidrigkeit, sondern als Beschränkung der Zuwendung, mithin Ausfluss der Testierfreiheit des Erblassers, zu werten. Schließlich hätte der Erblasser einen bestimmten Miterben auch gänzlich von der Unternehmensnachfolge ausschließen können.
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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel GmbH:
Mittels Auflage verpflichte ich meinen Erben …, mein einzelkaufmännisches Unternehmen …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA …, in der Rechtsform einer GmbH unter der bisherigen Firma fortzuführen. Die Umwandlung soll im Wege der Einzelrechtsnachfolge (alt.: im Wege der Sachgründung) erfolgen. (Bei mehreren Erben: Der Gesellschaftsvertrag soll gemäß der beigefügten Satzung beschlossen werden.) Zum alleinigen Geschäftsführer ist … zu bestellen. Es können ein oder mehrere weitere Geschäftsführer bestellt werden. Testamentsvollstreckung.
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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel OHG/KG:
Meine beiden Erben verpflichte ich mittels Auflage, unverzüglich nach meinem Tode eine offene Handelsgesellschaft zu gründen. Sofern ein Miterbe dies verlangt, ist eine Kommanditgesellschaft zu gründen und dem betreffenden Erben eine seiner Erbquote entsprechende Kommanditistenbeteiligung einzuräumen.
Errichten die Erben eine offene Handelsgesellschaft, sind sie beide als gleichberechtigte Geschäftsführer und zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt. Die Kündigung der Gesellschaft ist für zehn Jahre ausgeschlossen. Scheidet ein Gesellschafter aus, steht es dem verbleibenden Gesellschafter frei, das Unternehmen alleine weiter zu führen oder zu veräußern. Im Übrigen soll der in der Anlage beigefügte Gesellschaftsvertrag einer OHG von den Erben geschlossen werden. Im Falle der Errichtung einer Kommanditgesellschaft sind die Regelungen entsprechend anzuwenden.
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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel GmbH & Co. KG:
Mittels Auflage verpflichte ich meine Erben, mein einzelkaufmännisches СКАЧАТЬ