Das dritte Kostüm. Irene Dorfner
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Название: Das dritte Kostüm

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783738018509

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СКАЧАТЬ glaube ich jetzt nicht! Sie verurteilen die Deutschen, weil sie Sie nicht mit offenen Armen empfangen und mögen die Ukrainer nicht? Warum? Sie sitzen doch im gleichen Boot. Bevor Sie Toleranz und Integration fordern, würde ich lieber bei Ihnen selbst anfangen.“ Leo konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen und wollte nur noch weg hier. Der Tag war bisher beschissen gelaufen, er hatte sich mehr von den Befragungen versprochen. Er hatte genug und brauchte dringend eine Pause. „Wir lassen Ihnen die Fotos der Toten hier. Zeigen Sie sie ihren Landsleuten und melden Sie sich bei uns, wenn jemand die Frau erkennt.“

      Leo ging davon und murmelte nur einen leisen Gruß, Hans folgte ihm. Auch er hatte genug, aber er war amüsiert über Leos Offenheit, mit der er diesem Zwetkow einheizte. Wer weiß, vielleicht musste dieser Schwabe kommen, um diesem Russen einen Spiegel vorzuhalten. Denn dass diese Klatsche gesessen hatte, war sicher. Schweigend gingen sie zurück zu ihrem Wagen, wobei Leo diesmal das Kapuzinerkloster und die Magdalenenkirche ignorierte, so sehr ärgerte er sich über diesen Zwetkow und seine Einstellung. Sie stiegen in den Wagen und fuhren nach Mühldorf.

      „Jetzt beruhige dich endlich, du allein kannst die Welt nicht ändern,“ sagte Hans genervt, als er mehrfach versucht hatte, Leo in ein Gespräch zu verwickeln, und dieser aber nicht reagierte.

      „Das weiß ich auch. Aber es regt mich tierisch auf, dass manche Toleranz erwarten, sie aber selbst nicht leben. Wie soll sich da irgendetwas ändern? Man muss sich kennenlernen und gegenseitig aufeinander ohne Vorbehalte zugehen.“

      „Du bist und bleibst ein Traumtänzer. Ich bin auch der Meinung, dass unsere Gesellschaft in die richtige Richtung geht. Aber wir beide werden es nicht mehr erleben, dass Menschen verschiedener Herkunft, Kultur, politischer Richtung und vor allem unterschiedlicher Religion friedlich nebeneinander leben.“

      „Schon alleine diese jahrhundertlangen Kriege um Religion. Für mich ist jeder Gott akzeptabel, solange es ein guter, gütiger Gott ist. Von mir aus darf jeder seinen Gott haben, es ist doch auf der ganzen Welt genug Platz dafür.“

      Mit Leo war wirklich nicht mehr zu reden und da Hans am Steuer saß, lenkte er den Wagen auf den Parkplatz einer Pizzeria in Mühldorf.

      „Keine Widerrede – du isst jetzt erst mal was, bevor du noch ausflippst. Du musst runterkommen und dich wieder beruhigen. Außerdem wird es Zeit, dass du endlich Urlaub bekommst, das ist ja nicht mehr zum Aushalten.“

      „Du hast gut reden,“ sagte Leo, der für diese Ablenkung sehr dankbar war. Er war wirklich hungrig und bei diesem Italiener war er schon lange nicht mehr. „Du hast in letzter Zeit genug Ablenkung und freie Tage gehabt. Wie geht es Lucrezia?“

      „Was? Wie? Du weißt von uns?“ Hans war erschrocken, denn bis jetzt war er sehr diskret gewesen und war sich sicher, dass niemand von ihm und seiner Lucrezia wusste.

      „Denkst du, ich bin blöd? Ich weiß das schon seit dem Adlerholz-Fall. Ich kenne dich Hans, sogar besser, als du dir vorstellen kannst.“

      Hans erzählte während dem Essen ausführlich von Lucrezia und seinen Aufenthalten in Florenz und den Besuchen seiner italienischen Freundin hier in Mühldorf; er ließ sich auch durch das Essen nicht unterbrechen. Es tat Hans sehr gut, endlich mit jemandem über seine Beziehung zu Lucrezia zu sprechen und Leo kam dadurch endlich auf andere Gedanken. Er freute sich für seinen Freund und Kollegen und bemerkte das Leuchten in seinen Augen, dass er seit der Zeit mit der getöteten Doris nicht mehr gesehen hatte. Damals hatte er sich um Hans große Sorgen gemacht, aber jetzt strahlte er wieder und war glücklich. Und Lucrezia war genau die richtige für ihn. Sie war voller Leben, dazu witzig, intelligent und sehr laut. Hans brauchte eine Frau, auf die er sich blind verlassen konnte und die mit seinem Tempo mithalten konnte – und das war für Lucrezia kein Problem, denn sie hatte ein Temperament, bei dem sich Hans ordentlich anstrengen musste, um ihr folgen zu können.

      „Wo bleibt ihr denn so lange?“, empfing Viktoria ihre Kollegen. Sie hatte sich bereits Sorgen gemacht. Außerdem war sie es nicht gewohnt, so lange Zeit alleine im Büro zu arbeiten, diese Ruhe war fast unheimlich.

      Leo erzählte ausführlich über die Gespräche mit Makarenko und Zwetkow - und regte sich erneut auf. Viktoria fand die richtigen Worte, um ihn zu beruhigen. Sie hatte keine Lust, mit ihm über Politik und die aktuelle Lage zu diskutieren, darin konnte Leo richtig aufgehen, wenn ihn ein Thema interessierte.

      „Ich habe von den Meldebehörden die Adresse von vier Frauen bekommen, auf die die Beschreibung passen würde; eine aus der Ukraine und drei aus Russland. Eine der Frauen habe ich zum Glück in Mühldorf angetroffen, sie ist wohlauf. Ich habe ihr das Foto des Opfers gezeigt, auch sie kennt die Tote nicht. Die drei anderen habe ich noch nicht erreicht. Ich halte es auch für besser, wenn man zu zweit loszieht, ist auch Vorschrift. Ich habe mir einen entsprechenden Rüffel bereits von Krohmer eingeholt, der es überhaupt nicht gut fand, dass ich alleine unterwegs war, um die Frauen aufzusuchen. Die Behörden waren okay, aber direkt zu den Adressen zu fahren ist dann doch etwas anderes. Mir blieb aber nichts anderes übrig, schließlich hat Krohmer noch keinen Ersatz für Werner bekommen. Außerdem habe ich veranlasst, dass das Foto der Toten in den Medien erscheint, das Übliche eben.“

      „Du spinnst doch total,“ sagte Leo verärgert. „Wir hatten besprochen, dass du zu den Behörden alleine gehst, von etwas anderem war nie die Rede. Den Rüffel von Krohmer hast du dir redlich verdient. Ich will mir überhaupt nicht vorstellen, was hätte passieren können!“

      Die drei zogen am Nachmittag gemeinsam los, um die anderen drei Frauen aufzusuchen, was sich als sehr mühsam und nervenaufreibend darstellte. Sie wurden nicht mit offenen Armen empfangen. Überall, wo sie auftauchten, schlug ihnen Misstrauen entgegen. Besonders die Männer waren zwar freundlich, wurden aber sauer, wenn es um ihre Frauen ging.

      „Das ist meine Frau. Alles in Ordnung.“ Die erste Frau konnte von der Liste gestrichen werden.

      Dann waren nur noch zwei Frauen in Altötting, aber auch die trafen sie wohlbehalten an. Allen zeigten sie Fotos des Opfers.

      „Und jetzt? Keiner kennt die Tote.“

      „Dann müssen wir wohl oder übel warten, ob sich irgendjemand bei uns meldet, der die Frau kennt.“

      Auf Krohmers Anweisung blieben die Beamten am Sonntag zuhause und ruhten sich aus. Ihnen waren die Hände gebunden, es gab nicht die kleinste Spur, der sie nachgehen konnten. Anfangs waren sie enttäuscht über die unerwartete Zwangspause, genossen aber einen ruhigen Tag, an dem sie die Gedanken an die unbekannte tote Frau und die damit verbundenen seltsamen Umstände trotzdem nicht in Ruhe ließen.

      3.

      „Ich darf Ihnen den Kollegen Sebastian Kranzbichler vorstellen. Er wird die Mordkommission für die Zeit der Abwesenheit von Werner Grössert unterstützen,“ empfing Rudolf Krohmer seine Beamten im Besprechungszimmer. Er hatte sich eine halbe Stunde verspätet, der Grund lag nun auf der Hand.

      Der dicke, kurzhaarige und sehr große 30-jährige Kranzbichler strahlte mit seinen roten Bäckchen übers ganze Gesicht, als er jedem die Hand gab. Er trug einen grauen Anzug, der so aussah, als besäße er ihn seit seiner Konfirmation, er passte hinten und vorne nicht. Das weiße Hemd spannte über dem Bauch und die Krawatte, die schon längst aus der Mode war, saß völlig schief.

      „Herr Kranzbichler wurde uns wärmstens empfohlen und ich bin sehr glücklich, dass die Vertretung so schnell geklappt hat. Herr Grössert hat sich gemeldet und wird wohl länger ausfallen, bei seiner Frau traten größere Komplikationen auf.“

      „Schlimm?“ СКАЧАТЬ