Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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2. Teil Emittenten-Compliance › 2. Kapitel Aufbau einer kapitalmarktbezogenen Compliance-Organisation bei Emittenten › XI. Weitere organisatorische Vorgaben aus anderen Bereichen
XI. Weitere organisatorische Vorgaben aus anderen Bereichen
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In den vorherigen Kapiteln wurde bereits deutlich, dass die kapitalmarktrechtlichen Informations-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten den Organen der Gesellschaft erhebliche Organisationspflichten auferlegen, die sie kraft ihrer Legalitätspflicht in ihrer Organisation umsetzen müssen. Insoweit stellt sich die Frage, ob sich aus weiteren Vorschriften, gegebenenfalls über eine Analogie, höhere Anforderungen dahingehend ergeben, dass eine eigene Organisation für Emittenten-Compliance im Unternehmen vorgehalten werden muss. In diesem Zusammenhang werden immer wieder exemplarisch genannt: § 80 Abs. 1 WpHG, § 25a Abs. 1 KWG, § 7 GwG oder § 130 OWiG.
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Die Organisationspflicht nach § 80 WpHG richtet sich an Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 WpHG und verpflichtet diese Unternehmen im Wesentlichen darauf, intern angemessene Vorkehrungen zu treffen und Verfahren zu etablieren, die darauf ausgerichtet sind sicherzustellen, dass die Vorgaben des WpHG durch das Unternehmen selbst und seine Mitarbeiter gewahrt werden, wobei insbesondere eine dauerhafte und wirksame Compliance-Funktion einzurichten ist, die ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen kann (Nr. 1). Dies beinhaltet insbesondere die Einrichtung entsprechender interner Kontrollen. Ferner hat das Unternehmen angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Kontinuität und Regelmäßigkeit der zu erbringenden Leistungen zu gewährleisten (Nr. 2) und auf Dauer wirksame Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen zu treffen, um Interessenkonflikte bei der Erbringung der genannten Leistungen zu erkennen und eine Beeinträchtigung der Kundeninteressen zu vermeiden (Nr. 3). Die explizite Pflicht eine Compliance-Funktion einzurichten wurde 2007 in das Gesetz aufgenommen. Ergänzt wird § 80 WpHG durch die MaComp.[95] Diese beschreibt unter BT 1 „Organisatorische Anforderungen und Aufgaben der Compliance-Funktion nach § 80 Abs. 1 WpHG und unter AT 6.2. „Mittel und Verfahren des Wertpapierdienstleistungsunternehmens“, unter Ziff. 3 Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit, wie die Einrichtung von „Chinese Walls“, „Wall-Crossing“, „Watchlists“ und „Restricted Lists“. Allerdings gilt § 80 WpHG für Emittenten weder direkt noch analog. Zwar haben diese Regelungen auch den Anlegerschutz im Blickfeld. Wortlaut und Inhalt dieser Regelungen zeigen jedoch, dass sie darüber hinaus den besonderen Konstellationen Rechnung tragen wollen, die bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen auftreten. Diese betreuen verschiedene Vermögensmassen, unterstützen bei Emissionen verschiedener Emittenten und kommen als externe Dienstleister daher regelmäßig bestimmungsgemäß mit unternehmensinternen Informationen verschiedener Unternehmen in Berührung. Sind sie selbst in Form einer börsennotierten Gesellschaft inkorporiert, hängt der eigene Wert vom guten Verlauf der Geschäfte und einem entsprechenden Renommee ab. Diese Situation findet ihre Entsprechung jedoch nicht beim Emittenten. Ihm geht es um den Wert der eigenen Aktien und Finanzinstrumente. Selbst soweit sich solche im Umlaufvermögen befinden und mit diesen gehandelt wird, ist dies nicht Primärzweck. Neben der fehlenden Vergleichbarkeit der Situation fehlt es auch an einer planwidrigen Regelungslücke. Trotz der Regelungsverdichtung in den letzten Jahren, insbesondere das Festschreiben von Compliance-Funktionen in Spezialgesetzen, wurde bisher weder auf EU-Ebene noch seitens des deutschen Gesetzgebers die Notwendigkeit gesehen, auch für Emittenten eine Compliance-Funktion ähnlich der des § 80 WpHG verbindlich vorzuschreiben.
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Vergleichbares gilt für § 25a KWG. Dieser regelt in Abs. 1 die besonderen organisatorischen Pflichten der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG sowie der in § 25a Abs. 1a KWG genannten Institutsgruppen. § 25a KWG legt Instituten in diesem Sinne die Pflicht zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation auf, die insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfasst, auf dessen Basis ein Institut die Risikotragfähigkeit laufend sicherzustellen hat. Dies umfasst entsprechende interne Vorgaben, deren Kontrollen und insbesondere auch eine angemessene personelle und technisch-organisatorische Ausstattung. Die Einzelheiten orientieren sich an der Geschäftstätigkeit, wobei die Angemessenheit regelmäßig zu überprüfen ist. Durch diese an das Institut selbst gerichtete Organisationspflicht wird das unternehmerische Ermessen, das § 93 Abs. 1 AktG oder vergleichbare Regelungen zugestehen, mittels des Aufsichtsrechtes eingeschränkt.[96] Der Regelungsbereich ist weit gefasst. Die vom Institut im Sinne des Abs. 1 S. 1 zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen umfassen den Anlegerschutz, Regelungen zur Vorbeugung von Missständen im Kreditwesen, die einschlägigen Finanzmarktregelungen, aber auch Datenschutz oder das BGB allgemein.[97]Voraussetzung ist jedoch ein Bezug zum Institutsbetrieb. Die Einrichtung einer Compliance-Funktion wird im BaFin-Rundschreiben zu den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)[98] konkretisiert. Nach AT 4.4.2 MaRisk muss jedes Institut über eine Compliance-Funktion verfügen, um den Risiken, die sich aus einer Nichteinhaltung rechtlicher Regelungen und Vorgaben ergeben können, entgegenzuwirken. Trotz dieser weiten Formulierung lässt sich auch hieraus keine Analogie für Emittenten herleiten, da weder eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, noch eine vergleichbare Situation. Die genannten Pflichten sollen ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Finanzdienstleistungsinstitutes in seinem Umfeld gewährleisten. Der Schwerpunkt liegt im Verhältnis Kunde/Institut und ist im Wesentlichen transaktionsbezogen.[99]
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Auch das Geldwäschegesetz von 2017 (GwG) legt den ihm unterfallenden Unternehmen umfangreichen Organisations-, Sorgfalts-, Melde- und Dokumentationspflichten in den Abschn. 2-5 auf. So müssen gewisse Unternehmen nach § 7 GwG einen Geldwäschebeauftragten bestimmen, der auch intern mit den entsprechenden Befugnissen und Zugängen zu versehen ist, die Zuverlässigkeit der Beschäftigten prüfen, diese schulen sowie entsprechende IT-Systeme und Kontrollen vorhalten soll, die der Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen. Ferner sieht § 43 GwG eine Meldepflicht vor. Die Normen des GwG richten sich an die in § 2 GwG genannten Verpflichteten und damit gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 16 i.V.m. 1 Abs. 9 GwG auch an Handels- und Produktionsunternehmen (Güterhändler), die gleichermaßen dafür Sorge zu tragen haben, dass mit deren Geschäfts- und Geldtransaktionen nicht illegales Geld in den regulären Wirtschaftskreislauf eingeschleust wird oder Geld in terroristische Kanäle fließt.[100] Diese Definition liefert jedoch auch schon die Einschränkung des Regelungsbereiches durch den Transaktionsbezug, so dass es für eine mögliche Analogie im Hinblick auf die Schaffung einer Compliance-Funktion bei Emittenten in Bezug auf Informations-, Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten schon an einer Vergleichbarkeit der Situation fehlt. Regelungsziel des GwG ist, anders als bei den Publizitätspflichten, nicht das Wohlverhalten des Unternehmens am Markt und der Schutz der Anleger, sondern den Strafverfolgungsbehörden mit Hilfe der Inpflichtnahme des Unternehmens einen schnelleren Zugriff auf strafrechtlich relevante Transaktionsdaten zu ermöglichen.[101] Daran wird sich auch durch die bereits beschlossenen Änderungen des Geldwäschegesetzes nichts ändern.
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Schließlich stellt sich die Frage, ob § 130 Abs. 1 OWiG die Pflicht der Einrichtung einer Compliance-Funktion begründet. Nach § 130 Abs. 1 OWiG liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, wenn der Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig erforderliche Aufsichtsmaßnahmen unterlässt und es hierdurch zu einer betriebsbezogenen Zuwiderhandlung gekommen ist. Adressat ist der Betriebsinhaber, bei Aktiengesellschaften nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG in erster Linie der Vorstand gem. § 78 Abs. 1 AktG. Betriebsbezogen sind in erster Linie solche Pflichten, die den Inhaber des Betriebs als solchen treffen und straf- oder bußgeldbewehrt sind. Dazu zählen auch die den Emittenten treffenden Pflichten aus Art. 17 ff. MAR. СКАЧАТЬ