Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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Unter einer Stimmrechtsmitteilung versteht man die Bekanntgabe des Besitzes einer gewissen Anzahl von Stimmrechten in Form von Aktien an einem Unternehmen. Beim Erreichen bestimmter Meldeschwellen haben Aktienbesitzer eine Stimmrechtsmitteilung an die BaFin zu machen. Wird ein in § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG genannter Prozentanteil von 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 % erreicht bzw. unterschritten, muss der Emittent entsprechend handeln.
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Mit Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes zur europäischen Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (TRL-ÄndRL-UmsG) zum 26.11.2015 haben sich die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bezüglich bedeutender Stimmrechtsanteile an börsennotierten Emittenten und deren Börsenzulassungsfolgepflichten geändert.
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Die wesentlichen Änderungen und Neuerungen betreffen für Meldepflichtige u.a. das System der Meldetatbestände, das einheitliche und verpflichtende Meldeformular, die Mitteilungsfristen, die Stimmrechtszurechnung, die Konzernmitteilungen, die Mitteilungspflichten beim Halten von Finanzinstrumenten, die Sanktion des Rechtsverlusts und Bestandsmitteilungspflichten. Für Emittenten ändern sich u.a. die Veröffentlichungspflichten bezüglich Stimmrechtsmitteilungen und bei Änderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte sowie die Börsenzulassungsfolgepflichten.
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Die BaFin hat Fragestellungen im Zusammenhang mit den geänderten Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten in einer Liste häufiger Fragen zusammengefasst.[79] Zudem hat sie zwischenzeitlich das überarbeitete Modul zu den Stimmrechtsmitteilungen zur Konsultation gestellt.[80]
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Grundsätzlich wurde das auslösende Moment der Meldepflicht von der Eigentumsübertragung vom Eigentümer auf den Erwerber auf das Bestehen eines unbedingten oder eines ohne zeitliche Verzögerung zu erfüllenden (schuldrechtlichen) Anspruchs oder einer entsprechenden Verpflichtung vorverlegt.
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Mit Inkrafttreten des TRL-ÄndRL-UmsG setzen sich die Meldetatbestände wie folgt zusammen:
– | Mitteilungspflicht bei direktem Halten von Stimmrechten aus Aktien bzw. bei entsprechender Stimmrechtszurechnung nach § 33 in Höhe eines Stimmrechtsanteils von 3 % oder mehr; |
– | § 38 WpHG: Mitteilungspflicht für unmittelbare und mittelbare Inhaber von Instrumenten (Finanzinstrumente und sonstige Finanzinstrumente); |
– | § 39 WpHG: Mitteilungspflicht bei Zusammenrechnung der Stimmrechtsanteile nach §§ 21, 22 und § 25 WpHG. |
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Stimmrechtsmitteilungen nach §§ 33, 38 und 39 WpHG können ausschließlich nach dem vorgeschriebenen Formular abgegeben werden. Der Hintergrund dafür ist das Bestreben auf europäischer Ebene, auch über die Geltungsgrenzen des nationalen Rechts hinaus die Lesbarkeit und Verständlichkeit einer Stimmrechtsmitteilung zu fördern. Zu diesem Zweck wurde auf Ebene von ESMA ein Stimmrechtsformular verabschiedet, an dem sich die Mitgliedstaaten orientieren. Die Bundesrepublik – so wie andere Mitgliedstaaten auch – hat sich dafür entschieden, das von ESMA vorgegebene Formular inhaltlich und in seinem Erscheinungsbild 1:1 zu übernehmen. Das Formular kann auf der Hompage der BaFin heruntergeladen werden.[81]
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Des Weiteren muss der Meldepflichtige die Mitteilung unverzüglich vornehmen, d.h. spätestens hat die Mitteilung nach vier Handelstagen zu erfolgen. Die Frist beginnt nach § 33 Abs. 1 S. 3 WpHG mit dem Zeitpunkt, zu dem der Meldepflichtige Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass sein Stimmrechtsanteil die relevanten Schwellen erreicht, überschreitet oder unterschreitet.[82] Standardformulare für Stimmrechtsmitteilungen und Veröffentlichung derselben können auf der Homepage der BaFin heruntergeladen werden.[83]
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Handelt es sich um eigene Aktien des Unternehmens, kann dieses selbst als Objekt keine Mitteilung durchführen. Handelt sich jedoch um den Erwerb oder den Verkauf einer Beteiligung, gilt auch hier, dass im Rahmen der Emittenten-Compliance strukturell sichergestellt werden muss, dass diejenige Abteilung, die für den Beteiligungserwerb zuständig ist, diejenige Abteilung, die für die Mitteilungen an die BaFin zuständig ist, unverzüglich entsprechend benachrichtigt. Auch hier bietet sich der besseren Handhabbarkeit und Dokumentation wegen ein elektronisches Meldesystem an. Die betreffenden Mitarbeiter sind entsprechend zu schulen.
2. Teil Emittenten-Compliance › 2. Kapitel Aufbau einer kapitalmarktbezogenen Compliance-Organisation bei Emittenten › IX. Marktmanipulation
IX. Marktmanipulation
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Im Rahmen einer Emittenten-Compliance sollte das Verbot der Marktmanipulation nicht außer Acht gelassen werden, da dieses für den Emittenten durch Verschärfung der Sanktionen schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann. Ein Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation kann bei Individuen Geldbußen bis 5 Mio. EUR und bei Unternehmen bis zu 15 Mio. EUR oder 15 % des jährlichen Gesamtumsatzes nach sich ziehen. Als Marktmanipulation wird eine Reihe von Praktiken bezeichnet, die durch unfaire Maßnahmen die Preisfindung beeinflussen, um ungerechtfertigte Gewinne zu erzielen.[84] Nach Art. 15 MAR sind Marktmanipulation und deren Versuch verboten.
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Gem. Art. 12 Abs. 1 und 2 MAR versteht man unter beziehungsweise gelten als Marktmanipulation unter anderem folgende Handlungen:
– | unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind; |
– | Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale über das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen oder |
– | die Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich des Internets oder auf anderem Wege zum vorgenannten Zweck; |
– | Der Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten bei Handelsbeginn oder bei Handelsschluss an einem Handelsplatz mir der tatsächlichen oder wahrscheinlichen Folge, dass Anleger, die aufgrund der angezeigten Kurse irregeführt werden. |
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Die in Art. 12 MAR einschließlich Anhang I angeführten Beispiele und Indikatoren sind nicht abschließend, sondern sollen nach Abs. 38 der Einführung Beispiele bestimmter missbräuchlicher Strategien anführen, die im Zuge aller zur Verfügung stehenden Handelsmethoden – einschließlich des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels – angewandt werden können. Ein Versuch der Marktmanipulation СКАЧАТЬ