Mississippi Melange. Miriam Rademacher
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Название: Mississippi Melange

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783943709810

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СКАЧАТЬ lieber allein. Ich nehme dein Auto und hole die Polizei hierher. Du beobachtest, was sich hier weiter tut. Ohne Leiche glaubt uns das hier nämlich niemand. Wir müssen wissen, was er mit dem Toten macht.«

      »Wieso fährst du zur Polizei?«, begehrte Tom auf. »Wieso nicht ich? Es ist mein Auto.«

      »Schere, Stein, Papier«, flüsterte Kalle und hob die Hand.

      Einen Augenblick später hatte sein Stein Toms Schere geschlagen, und noch einen Augenblick später sah Tom seinen Freund den Weg zum Parkplatz zurückschleichen. Wie dumm, dass er Kalle nicht geraten hatte, sich das Kennzeichen des fremden Wagens zu notieren.

      Noch immer rauschte das Meer. Er beobachtete abwechselnd den Zeiger seiner Armbanduhr und die Kuppe der Düne, hinter der der Mann mit der Leiche verschwunden war. Wenn der Kerl den Toten noch tiefer in die Dünenlandschaft zerren wollte, dann müsste seine Gestalt so langsam auf einem der weiter entfernten Dünenkämme auftauchen, oder etwa nicht? Vergrub er den Toten bereits in einer Senke? Und wenn ja, womit?

      Tom dachte angestrengt nach, doch er konnte sich nicht erinnern, eine Schaufel bei dem Mann gesehen zu haben. Grub der Kerl etwa mit den bloßen Händen? Dann könnte die Polizei doch noch rechtzeitig genug eintreffen, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. Was aber, wenn der Mann einen ganz anderen Plan verfolgte?

      Plötzlich fröstelte Tom. Er hockte hier noch immer auf dem Trampelpfad, der vom Strandweg zur Wasserlinie führte. Dieser Weg war nur einer von vielen im Gewirr der Dünen, doch wenn jemand zu eben jenem Parkplatz zurückkehren wollte, dann war es nicht unwahrscheinlich, dass er hier entlangkam, um zu seinem Fahrzeug zu gehen. Hier, zwischen den Dünen, konnte der Fremde sich ihm von allen Seiten nähern: von links, rechts, vorn oder …

      Tom blickte sich hektisch um. Er war ganz allein. Aber er saß auf dem Präsentierteller und musste wachsam bleiben. Noch zweimal drehte Tom sich in der Hocke um die eigene Achse, um alle Himmelsrichtungen im Blick zu haben. Dann war er es leid. Die Rolle des Verfolgten lag ihm nicht, lieber war er der Verfolger, und solange er noch nicht entdeckt worden war, befand er sich klar im Vorteil. Es war an der Zeit, diesen zu nutzen.

      Langsam und auf allen vieren kroch Tom durch das stachelige Strandgras. Keinesfalls wollte er auf sich aufmerksam machen, indem er aufstand und, wie der Kerl mit der Leiche zuvor, eine scharfe Silhouette im Mondlicht abgab. Er krabbelte vorwärts, bis es plötzlich steil bergab ging. Ein kleines Stück ließ er sich den Hang hinunterrutschen, dann kam er auf die Füße und lief bis zum tiefsten Punkt des Dünentals. Kalter, weicher Sand rann ihm in die Turnschuhe, machte sie schwer und unbequem, doch Tom ignorierte es. So schnell er konnte, erklomm er die nächste Düne und spähte wie ein Indianer auf dem Kriegspfad vorsichtig über den Kamm. Vor ihm breitete sich ein weiteres Dünental aus weißem Sand aus. Und unter ihm, dort wo der steile Hang endete, lag eine menschliche Gestalt und rührte sich nicht.

      Der Tote, dachte Tom und hielt nach dem Mann Ausschau, der die Leiche hierhergeschleppt hatte, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Inzwischen war die Nacht so weit vorangeschritten, dass der Himmel von Nachtblau in ein Bleigrau zu wechseln drohte. Tom konnte immer mehr Einzelheiten wahrnehmen und erkannte, dass der Körper unten im Dünental einen schwarzen Anzug, schwarze Schuhe und ein weißes Hemd samt Fliege trug. Er war gekleidet, als wäre er noch Stunden zuvor Teil einer vornehmen Abendgesellschaft gewesen. Tom begann sich zu fragen, warum der Fremde diesen Anzugträger bis hierher geschleppt hatte, um ihn dann einfach liegen zu lassen. Hatte er keine Zeit mehr gehabt, sein Opfer zu vergraben? Oder war der Mann da unten gar kein Opfer? Lebte er vielleicht sogar noch?

      Tom kniff die Augen zusammen. Der Kerl unter ihm rührte sich nicht. Tom zählte bis zehn. Dann traf er eine Entscheidung. Er würde sich vergewissern. Rutschend erreichte er nur einen Augenblick später die Gestalt, die reglos im Sand lag, und beugte sich über sie. Während er mit der einen Hand nach dem Puls am Hals tastete, wanderte sein Blick immer wieder unruhig zum Dünenkamm hinauf. Was, wenn der andere doch noch zurückkehrte?

      Nach einer gefühlten Ewigkeit war er sich sicher, dass der Kerl vor ihm im Sand keinen Puls mehr besaß. Der Körper war auch schon recht kalt und von seiner Kleidung ging ein deutlicher Uringeruch aus. Tom betrachtete das schmale Gesicht des Enddreißigers mit dem albernen Oberlippenbärtchen genauer. War er dem Typ nicht irgendwo schon einmal begegnet? Vielleicht in seinem eigenen Café? Nein, dort verkehrten einfache Leute, keine Männer mit Oberlippenbart im schwarzen Anzug. Und trotzdem kam ihm der Kerl irgendwie bekannt vor. Da bemerkte Tom auf Brusthöhe des Mannes eine Ausbuchtung im schwarzen Anzugstoff. Der Tote trug etwas in der Innentasche seines Jacketts spazieren. Vielleicht ein Handy oder eine Brieftasche, möglicherweise etwas, das Tom Aufschluss über die Identität des Mannes gab?

      Er zögerte nur kurz. Dann schob er seine Hand zwischen Hemd und Revers, ertastete im Innenfutter die gesuchte Tasche und zog einen Gegenstand heraus. Das Ding sah aus wie ein Zigarettenetui. Tom war enttäuscht. Ohne sich etwas davon zu versprechen, ließ er das silberne Etui aufschnappen und blickte auf ein zusammengefaltetes Taschentuch, das einen seltsamen Geruch verströmte. Tom konnte sich keinen Grund vorstellen, warum jemand ein feuchtes und müffelndes Taschentuch in ein Zigarettenetui sperren sollte. Gerade wollte er das Kästchen schließen, um es zurückzustecken, als er instinktiv spürte, dass er nicht mehr allein war.

      »Was machen Sie denn da?«, fragte eine fremde Stimme hinter seinem Rücken.

      Tom fuhr zusammen, sprang auf die Füße und sah sich um. Die Stimme war vom oberen Rand der Düne her gekommen. Schon sah er eine einsame Gestalt, die sich ihm rutschend näherte. Ein Mann, groß gewachsen und auffallend dünn. Er kam allein und trug einen Benzinkanister in der linken Hand. Tom erkannte augenblicklich die Gestalt wieder, erkannte in ihr den Mann, der gerade diesen toten Körper mit sich geschleift hatte. Jetzt durfte er keinen Fehler machen, durfte nichts Falsches sagen. Der Mann könnte ein Mörder sein. Ein Mörder, der in Ermangelung einer Schaufel beschlossen hatte, sein Opfer mit Benzin zu übergießen und zu verbrennen. Was sollte einen solchen Kerl davon abhalten, einen weiteren Mord zu begehen, um einen lästigen Zeugen zu beseitigen? Tom öffnete den Mund, um eine Lüge zu erfinden, irgendeine Erklärung dafür, was er hier tat.

      Doch der Fremde kam ihm zuvor. »Tom? Bist du das etwa? Junge, ich glaube, du hast gerade einen schlimmen Fehler gemacht.«

       Nur wenig später in der Havnegade in Esbjerg

      Seit einer geschlagenen Stunde versuchte Marta Jorgensen vergeblich, ihren Hausarzt zu erreichen. Natürlich waren die frühen Morgenstunden keine Zeit, um einen schwer arbeitenden Mann aus dem Bett zu klingeln. Doch die einzige Alternative für Marta war, eines der Krankenhäuser von Esbjerg aufzusuchen, und das war etwas, was sie unter gar keinen Umständen wollte.

      Etwa seit Mitternacht hatte sich Marta nicht recht wohlgefühlt. Zunächst hatte sie an den Anflug einer Grippe geglaubt, denn die Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen inklusive einer schnell ansteigenden Körpertemperatur waren wie aus dem Nichts über sie hereingebrochen. Doch von einer Grippe ließ sie sich nicht Bange machen. Marta Jorgensen war achtundsiebzig Jahre alt, dies war nicht ihre erste kleine Influenza. Mit einer Grippe gehörte man eben ins Bett und in ein paar Tagen würde dann alles wieder gut sein.

      Doch als sie weit nach Mitternacht aus dem Schlaf aufgeschreckt war, hatte sie am ganzen Körper gezittert und die Lymphknoten in Achseln und Leisten waren zwischenzeitlich so groß und so hart geworden wie Hustenbonbons. Kurz darauf hatte Martas Sehfeld angefangen, sich zu verzerren, und das war der Moment gewesen, in dem sie eingesehen hatte, dass sie dringend Hilfe benötigte. Nichtsdestotrotz war ein Krankenhaus der letzte Ort, in dem Marta sich wiederfinden wollte. Krankenhaus war für sie gleichbedeutend mit Endstation. Noch nie war jemand, den sie gekannt hatte, gesünder aus einem Krankenhaus herausgekommen, СКАЧАТЬ