Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers
Автор: Marge Piercy
Издательство: Автор
Жанр: Книги о войне
isbn: 9783867548724
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Die U-Boote führten Krieg, wie sie Lust hatten, lauerten vor der Küste und spielten vor den Lichtern von Miami, Charleston, Savannah und New York Schießbude mit den Tankern. Die Städte waren nicht mal verdunkelt. Das Leben von Seeleuten war billig. Die Helden waren in der Armee und in der Marine, aber krepieren taten die Seeleute, und wenn irgendwer an Land meinte, der Krieg konnte ohne die Nahrungsmittel, das Öl und den Nachschub von ihren Frachtern gewonnen werden, dann war der so bescheuert, wie er es den meisten schon immer unterstellt hatte. Wenn England durchhalten sollte und wenn die Vereinigten Staaten sich wirksam in den Krieg einschalten sollten, dann mussten die Frachtschiffe ihre Ladung ausliefern.
Er hatte sich entschieden. Er dachte nicht daran, sich vom Militär in die Zwangsjacke stecken zu lassen und jedes Arschloch zu grüßen, das zufällig Annapolis absolviert hatte. Er war immer Malocher gewesen, und er blieb einer. Das war die richtige Kriegsarbeit, wie er sie verstand, und er war es gewohnt, Städte von ihren Hafenvierteln und ihren Nachtseiten zu sehen. Sie hatten sich für ihre Gewerkschaft den Arsch aufgerissen, und jetzt zogen sie zu Gewerkschaftstarifen in den Krieg. Die Nationale Seemännische, eine CIO-Gewerkschaft wie die von Tate, hatte sie von vierzig Dollar im Monat und von Quartieren, die nur für Schweine taugten, auf hundert Dollar im Monat gebracht, und jetzt bekamen sie noch mal hundert Gefahrenzulage. Ein paar Amtsschimmel wollten ihnen die Heuer kürzen, aber erst sollten mal die Schiffseigner ihre riesigen Profite ausspucken, dann ließ sich über Lohnkürzungen reden: Das sagte die Gewerkschaft, und das sagte er.
Wenn er daran dachte, schrieb er rasch einen Brief nach Hause, denn er wollte nicht, dass Mame sich Sorgen machte. Er passte auf, was er schrieb, füllte seine Briefe mit Fragen und Lügengeschichten. Sie dachte, weil er nicht bei der Marine war und nicht kämpfen musste, war er sicher. Besser, sie blieb dabei. Er hatte nicht vor, ihr ein Licht aufzustecken. Er hatte ihr immer Ärger ins Haus gebracht, obwohl er das gar nicht wollte. Als Ältester wusste er, wie schwer das Leben für sie gewesen war.
Er war auf seine Art ein Härtefall, aufgewachsen im tiefsten Keller der Depression, hatte fast alles entbehren müssen, was Spaß machte. Arty sah nicht über seinen Tellerrand raus. Ruthie, die konnte vielleicht was aus sich machen. Die hatte zwar so was Artiges, Redliches an sich, was er zum Kotzen fand, aber sie war ganz in Ordnung und half Mame. Vielleicht kam sie ja sogar irgendwann durchs College, die erste Studierte in der Familie, wenn sie nicht so blöde war zu heiraten. Die Ehe machte kaputt. Frauen fingen an, Kinder zu kriegen, und bald sahen sie aus wie ihre Mütter und konnten nur noch nachplappern, was ihre Mütter mal gesagt hatten. Männer kriegten so was Ausgelaugtes, Gebeugtes, und die Bäuche quollen ihnen über den Hosenbund.
Das war nichts für ihn. Daran hatte er nie auch nur im Traum gedacht. Ihm gefielen Frauen, die er zu Hause nicht vorzeigen konnte. Die einzigen Mädels, die in seinen Augen die Mühe wert waren, das waren die, die es gewohnt waren, sich selber durchzubringen, eine Kellnerin oder eine Barfrau oder eine Maniküre oder eine Nutte, die keinem Zuhälter gehörte, eine, die auf sich aufpasste, damit man sich bei ihr nicht was holte. Das süßeste Mädel, das er je gehabt hatte, war eine Farbige, Delora mit Kupferhaut und langen tollen, tollen Beinen und einem Hintern, den sie nur über die Straße tragen musste, damit die Männer auf die Knie fielen. Aber ein farbiges Mädel zu haben brachte Zoff. Sie konnten fast nirgendwohin was essen oder trinken gehen, ohne dass er mit weißen Wichsern aneinandergeriet oder mit Farbigen, denen es stank, dass er sich mit ihren Frauen einließ, als ob jede Frau der gleichen Hautfarbe ihnen als Gruppe gehörte. Duvey hatte nichts gegen eine Keilerei, aber doch nicht jedes Mal, wenn sie aus dem Haus gingen.
Er war mit Farbigen in der Nachbarschaft aufgewachsen, und er verstand nie, warum die Weißen sich so anstellten. Ein russischer Jude und ein Schwede zum Beispiel, oder ein Schotte und ein Sizilianer, die waren genauso verschieden. Aber jedes Mal, wenn man mit einem reden wollte, der auf dem Gebiet eine Macke hatte, dann fing der an: Wäre es dir vielleicht recht, wenn ein Farbiger deine Schwester heiratet? Als ob alle Schwarzen nichts anderes im Sinn hatten, als jemandes schielende, lahmende Schwester zu heiraten. Klar waren sie neugierig, mit einer Weißen ins Bett zu steigen, genau wie er beim ersten Mal neugierig auf eine Farbige gewesen war, aber danach war es ein bestimmtes Lächeln oder ein Gang oder ein schlagfertiger Spruch, auf den er anbiss.
Detroit hatte viele farbige Einwohner, und es wurden immer noch mehr, weil die Farbigen aus ihrem Sackgassendasein im Süden hochkamen und Arbeit in den Fabriken suchten. Wie bei den Juden waren die Gescheitesten wahrscheinlich die, die es im schwarzen Gegenstück zum Schtetl nicht mehr aushielten und sich was suchten, wo sie vorankamen und anständig verdienten. Die Farbigen in Detroit, das waren oft gescheite, aufgeweckte, fixe Leute, mit dem Bauch voll Wut über die Scheiße, die sie fressen mussten.
Auf der Montauk waren sechs Schwarze, alle unten im Maschinenraum. Sie blieben meistens unter sich, und wenn er ihnen auch guten Tag sagte, falls sie ihm über den Weg liefen, hatte er doch nicht viel mit ihnen zu tun. Außer ihm war noch ein Jude an Bord, der Funker, aber der war Offizier. Wenn der gefragt wurde, ob er Jude war, gab er es zu, aber freiwillig sagte er das nie, nur, wenn er wusste, dass er mit einem Juden redete. Sobald du sagtest, du warst Jude, wollten sie dir ans Leder. Die hielten alle Juden für Matschbacken und Schlappschwänze, und du musstest ein doppelter Kerl sein.
Wenn ihn welche ausfragten, sagte er: »Ich bin aus Detroit, Jack, wo die Autos rassig sind und die Weiber noch rassiger. Wir werden auf Rädern geboren, und wir verlöten den Schnaps wie Benzin.« Dann hatten sie was zum Reinbeißen.
Duveys Spitzname war der steile Dave, wegen seines Erfolgs bei den Weibern im Hafen. Noch auf der Highschool hatte Duvey sich ausklamüsert, Frauen lohnten sich für ihn nur, wenn sie es genauso wollten wie er, und so brauchte man sich nur darüber zu einigen, ob man sich genug mochte und wann und wo, und das Ganze war keine Sache von Gebettel und Gerangel und Versprechungen, für die man sowieso nicht das nötige Kleingeld hatte, Pflaumenpfingsten.
Am 24. April formierte sich der Geleitzug. Sein Schiff war voll mit Weizen, in Montreal gebunkert. Sie waren den St. Lorenz-Strom runtergefahren, hatten dann vor Halifax gewartet, wo der Geleitzug zusammengestellt wurde. Konvoi HX-152 war beeindruckend, als er in der Fahrrinne vorandampfte: vierunddreißig Schiffe unter Geleit von einem alten Zerstörer und drei Korvetten, von denen die Matrosen sagten, sie würden selbst auf nassem Gras dahingleiten wie geschmiert. Der Geleitzug war ein großartiger Anblick, eine Schiffsparade hinaus auf den Atlantik bei leichtem Seegang und sanfter Sonne. US-PBY Catalina-Patrouillenflugzeuge hatten von oben ein Auge drauf. Da waren ein früheres Passagierschiff mit kanadischen Truppen, ein Tanker, ein Haufen alte Trampdampfer unterschiedlichster Registrierung und Nationalität und Seetüchtigkeit, ein schmucker norwegischer Frachter mit eigenen Bordkanonen und Frachterungetüme mit ragenden Ladebäumen.
Die Montauk selber war das neueste Schiff, auf dem er je gefahren war, ein Liberty-Schiff, das erst zweimal draußen gewesen war. Alle Liberty-Schiffe waren langsam, aber ganz in Ordnung, zuverlässig, außer sie wurden mittschiffs getroffen, dann brachen sie auf wie ein Laib Schnittbrot. Die Mannschaftsquartiere waren in den Decksaufbauten, vier Kojen pro Kajüte, für insgesamt vierundvierzig Mann mit den Offizieren. Die Libertys fuhren mit Dampfmaschinen, und die Maschinen waren gut. Es gab sogar gekachelte Duschen für die Mannschaften. Er war auf Schiffen gefahren, wo ein Eimer alles war, was man an Sauberkeit bekam.
Nebel wickelte sie am zweiten Tag ein, bis sie ihre Nachbarn um sich herum nicht mehr sehen konnten. Das Fahren in Geleitzügen fing in der Karibik und auf den Küstenrouten erst an, so dass es für Duvey neu war. Auf den Großen Seen sah man ein anderes Schiff im Detroit River oder in den Schleusen, aber draußen auf den Seen kam man nicht mal in Rufweite. Es war ihm unbehaglich, bei dichtem Nebel in solch einer Herde schwerfälliger Frachter zu dampfen, wo jedes Schiff näher an den anderen war, als er sicher fand. Sie hatten keinen Geleitschutz durch Flugzeuge, die nach U-Booten Ausschau hielten, aber der Tag verging ohne СКАЧАТЬ