Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers
Автор: Marge Piercy
Издательство: Автор
Жанр: Книги о войне
isbn: 9783867548724
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Louise spürte einen kleinen Nerv in ihrem Hals ein Signal zucken. Sie schaute ihn von der Seite an, stellte aber keine Fragen. Nicht, dass sie ihn auch nur für einen Moment verdächtigte, denn Claude war Jude und würde sich deshalb nicht plötzlich als Nazispion entpuppen, aber sie spürte die gleiche Undurchsichtigkeit wie neulich bei Oscar in dem spanischen Restaurant. Irgendwo in diesem leichten Erschauern des Nervensystems stak eine Geschichte, dachte Louise: die gute Ehefrau, die weit mehr weiß, als sie sollte, und weit mehr sieht und sich alles zusammenreimt wie ein erstklassiger Detektiv, aber – in der Sprachregelung der Frauenzeitschriften – so klug ist, dass ihr eigener Mann weiterhin glaubt, sie sei naiv und akzeptiere seine Tarngeschichten. Sie machte sich ein paar Notizen auf dem Rand ihrer Zeitschrift.
Als sie in ihre New Yorker Wohnung kam – stickig, reichlich staubig, groß und leer, Kay fort im Lager und Mrs. Shaunessy auf Urlaub bei einer ihrer verheirateten Töchter –, durchlitt Louise mehrere Augenblicke überwältigender Traurigkeit, eine endlose Prärie der Einsamkeit, von der vergangenen Woche nur noch verstärkt. Ihr Körper war erwacht und heulte jetzt schon in der leeren Wohnung wie ein angebundener und verlassener Hund. Sie wollte Claude wiederhaben. Sie wollte ihn bei sich haben. Sie hatte gerade begonnen, ihn kennenzulernen. Sie fühlte sich, als habe sie sich die ganze Woche lang vergeblich angestrengt, sich gegen das zu schützen, was unvermeidlich war. Sie war im Begriff, sich zu verlieben, in seine kraftvolle, nervöse Anmut, sein schrulliges Liebesspiel, seine anekdotische Denkweise, die ein wenig wie ihre eigene war, und sie fürchtete sich vor der möglichen Erkenntnis, dass für ihn die Affäre nichts war als ein Histörchen.
Sie konnte sich nicht einmal überwinden, sich auf ihre Post zu stürzen, von Blanche in Türme sortiert, Türme, die hundert Ansuchen darstellten, zweihundert Pflichten und null Liebe, null Freude. Auf dem einen lagen zuoberst die Vorgaben, an denen sie mit ihrer Gruppe in der Zeitschriftenabteilung des OWI, des Amtes für Kriegsinformation gearbeitet hatte, die Kriegsrichtlinien für Prosaschriftsteller. Sie legten die Propagandaziele fest und auch die Themen, die die Regierung betont wissen wollte, und sollten alle drei Monate aktualisiert werden. Sie gingen an die Chefredakteure von mehreren hundert Zeitschriften und an über tausend freie Schriftsteller. Louise hatte zwar die Hoffnung, dass all diese Propaganda etwas Gutes ausrichtete, doch im Augenblick lag ihr das alles recht fern. Sie nahm ein Bad, wusch sich die Haare, kochte sich eine Kanne Kaffee und setzte sich daran, eine Geschichte zu schreiben, die das Geld für die Miete bringen würde, eine Geschichte über die kluge Ehefrau, die den Mund hielt. Draußen waren die Straßen der Stadt so düster wie ihre Stimmung, alle Neonreklamen abgeschaltet, die Straßenbeleuchtung nur auf Viertelleistung. Also warum nicht arbeiten?
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