Menschen im Krieg – Gone to Soldiers. Marge Piercy
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Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers

Автор: Marge Piercy

Издательство: Автор

Жанр: Книги о войне

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isbn: 9783867548724

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СКАЧАТЬ ABGELEHNT-Stempel gegriffen hat. Ich stand nackt da, Ruthie, splitterfasernackt, und die Knilche saßen bequem in ihren Uniformen. Ich glaube, ich bin auf den zugegangen, der den besten Eindruck machte. Der von der Marineinfanterie kam mir zackiger vor als die andern. Er schien es ernster zu nehmen. Heer und Kriegsmarine, das waren Offiziere, die rumwitzelten, und als sie mich ansahen, spürte ich nur Verachtung. Ich dachte bei mir, das ist das, was ich will, jemand, der versteht, dass ein Krieg eine ernste Angelegenheit ist, und nicht dasitzt und Witze reißt.«

      »Ich habe noch nie von einem jüdischen Marinesoldaten gehört«, sagte Ruthie skeptisch.

      »Dann werde ich der erste sein.«

      Jetzt war er unten auf Parris Island und überlebte Brutalität und Verachtung, so gut er konnte. Duvey hatte seine Vollmatrosenpapiere genommen und war losgefahren, um auf einem Ozeanfrachter anzuheuern, obwohl seine Kameraden von der Gewerkschaft ihm vorhielten, dass die Arbeit auf den Großen Seen genauso wichtig war. Duvey blieb anderer Meinung. »Wichtig? Bockmist! Keiner verpasst dir vor Toledo ’n Torpedo. Ich komm mir wie ein Feigling vor, wenn ich weiter hier rumlungere.«

      »Wenigstens bist du nicht im Heer oder in der Marine und kämpfst an der Front«, sagte Mame.

      Duvey lachte. »Nein, auf uns wird nur geschossen. Wir selber schießen nicht viel.«

      Trotzdem waren sie alle erleichtert, dass Duvey nicht bei der Kriegsmarine war und in Seegefechten kämpfen musste. Er tat nur, was er schon seit Jahren getan hatte, aber jetzt auf dem Ozean und nicht auf den Großen Seen. Hin und wieder bekamen sie einen Stapel Briefe von ihm, meistens Anekdoten über die Mannschaft, aber dann vergingen wieder zwei Monate, und nichts kam. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie ihren Bruder nicht mehr liebte, und beschloss, ab sofort mehr Liebe für ihn aufzubringen. An Tapferkeit hatte es ihm nie gemangelt. Vielleicht hatte sie das nicht recht gewürdigt. Sie hatte sanfte Beharrlichkeit immer mehr geschätzt, aber sanfte Beharrlichkeit war im Krieg keine Grundtugend.

      »Mame, es ist zwölf Uhr. Ich muss mich anziehen. Jetzt!«

      Mame seufzte. »Schön, gib den Rock her und zieh du dich so weit an, und ich hefte den Saum. Tate wird ein bisschen auf sein Essen warten müssen.«

      »Mein einziger freier Tag, und ich muss hungern?« Er protestierte nur der Form halber.

      »Ich habe noch nie jemanden sich heiraten sehen.« Naomi saß auf Ruthies Bett und schaute zu.

      »Jemanden heiraten sehen. In Englisch heißt das heiraten, ohne sich.«

      »Heiraten, ohne sich. Ich möchte sehen, wie das vor sich geht. Kann ich bitte mitkommen?«

      Ruthie schwieg einen Augenblick und schlüpfte in ihr bestes Höschen. »Warum eigentlich nicht, zazkele? Zieh dein kariertes Kleid an und kämm dich.« Naomis Anwesenheit verdünnte vielleicht ihren düsteren Schmerz. Sie hätte Leib am liebsten den Schädel eingeschlagen, als er mit Trudi angebandelt hatte. Tausende von Mädchen in Detroit, die ihm alle schöne Augen machten, und da musste er ausgerechnet ihrer besten Freundin nachsteigen. Sie hatte sich gewünscht, dass Trudi aus Freundschaft zu ihr nicht mit dem Schatz ausging, der ihr gerade den Laufpass gegeben hatte; aber sie musste zugeben, Trudi war zu einigen Opfern bereit, um einen festen Freund zu haben und jetzt einen Ehemann. Ruthie hatte ihren Groll hinunterschlucken müssen, um Trudi nicht zu verlieren, und schließlich fand sie, dass ihr nicht zustand, Einwände zu erheben, denn sie hatte den Preis für Leib gekannt und war nicht bereit gewesen, ihn zu zahlen. Doch, ja, wenn Naomi mitkam, schützte sie das vor der Wucht der Gefühle, die in ihr hochkommen mochten, Bedauern, Verzweiflung – und Eifersucht.

      Nachdem Ruthie sich bis auf den Rock angezogen hatte, verhallten ihre Rufe nach Mame durch den Spalt ihrer Zimmertür ohne Ergebnis. Sie warf einen wütenden Blick auf den Nachttischwecker. Sie musste Mame den Rock entreißen, egal, wie er aussah, ihn anziehen und gehen. Sie wollte nicht riskieren, zu spät zu kommen – das sah leicht nach wohl berechneter Missachtung aus oder danach, dass ihr die Heirat unerträglich war. »Naomi, hör auf, an deinen Haaren herumzufummeln, sie sind gut so. Steck dir nur noch die Spangen hinein. Die roten, eine auf jeder Seite.« Es war ihr peinlich, aber sie musste im Schlüpfer hinausgehen, ohne Rock, ansonsten vollständig angezogen bis hinauf zu dem kleinen Frühlingsfilzhut.

      »Mame, ich muss ihn jetzt anziehen.«

      »Ruthele, nur noch eine winzige Minute, und ich habe den Saum fertig.«

      Sie nahm den Rock mit festem Griff. »Mame, es sind keine Minuten mehr übrig. Ich darf nicht zu spät kommen, und ich muss jetzt zur Tür raus. Jetzt sofort. Lass los, Mame! Das ist mein Ernst.«

      Die sanften, milchig braunen Augen ihrer Mutter hefteten sich fragend auf sie. Normalerweise gab Ruthie nach. Aber Mame wusste, wenn ihre Tochter einen bestimmten forschen Ton anschlug, dann machte sie keinen Spaß oder schacherte, dann meinte sie, was sie sagte. »Liebling, du kannst doch nicht mit Stecknadeln rumlaufen –«

      »Es wird niemandem auffallen.« Ruthie entwand ihrer Mutter den Saum und zog den Rock an. Zu drei Vierteln war der Saum angenäht, ein Stück an der Seite war nur abgesteckt. »Komm, Naomi. Hol deinen Mantel.«

      Es war ein kalter, klarer Tag mit ein wenig Feuchtigkeit im Wind, aber wolkenlosem Himmel. Als sie zur Synagoge eilten, kamen sie an einer katholischen Kirche vorbei, aus der gerade Leute herausströmten, alle feingemacht in Kostümen und Hüten und Anzügen und hier und da einer Uniform. »Heute ist ihr Ostern«, sagte sie zu Naomi. »Hoffentlich ist das kein schlechtes Zeichen für Trudi und Leib. Bobe hat immer Geschichten über Polen zu Ostern erzählt, von den Pogromen alle paar Jahre. In den anderen Jahren kamen die gojim einfach nur und schlugen ein oder zwei tot, zum Vergnügen.«

      »In der Schule mussten wir jetzt Osterlieder singen. Ich fand es besser, nichts zu sagen, außerdem habe ich den Text kaum verstanden. Wenn sie singen, ist es noch viel schwerer.«

      »Sie dürften so was nicht von dir verlangen, aber du hast recht. Dies ist keine gute Zeit, um uns abzusondern und zu beschweren.«

      »Ich habe Sharon und Mame reden hören. Sie haben gesagt, Leib hätte dich heiraten sollen.«

      »Kezele, wer hat mich gefragt? Will ich Leib heiraten?«

      »Willst du?«

      »Nein.« Da war sie sich sicher, aber während sie durch die Straßen eilten, das letzte Eis verschwunden, im Rasen vor dem Beth-Schalom-Tempel die ersten grünen Triebe und Krokusse und Osterglocken, erkannte sie, dass Leib nicht heiraten zu wollen nicht unbedingt bedeutete, sich riesig zu freuen, dass er eine andere heiratete. Diesen guten Willen musste sie in ihrem Herzen finden.

      Beth Schalom war ein gedrungenes, gelbes Backsteingebäude mit einem Magen David aus kleinen bunten Glasscheiben an der Stirnseite über den beiden schweren Eingangspforten. Sie eilten zur Rückseite und durch die kleine Gattertür. Als sie Naomi an der Hand im Laufschritt mitzerrte, hoffte sie, noch nicht zu spät dran zu sein. Ihr fiel plötzlich auf, dass Naomi nicht mehr wesentlich kleiner war. »Du bist gewachsen«, sagte sie erstaunt.

      »Ich bin letzten Monat fast zwei Zentimeter gewachsen.«

      »Wie viel ist das in Zoll?«

      Naomi zuckte die Achseln. »Ich weiß manche Sachen in dem einen System und manche in dem andern, aber ich kann nicht dazwischen hin und her.«

      Die Hochzeitsgesellschaft war schon drinnen versammelt, aber der Rabbi fehlte noch, nur seine Frau war da und umflatterte Trudi und kümmerte sich um alle, bis der Rabbi so weit war. Leib trug noch nicht СКАЧАТЬ