Название: Superhelden
Автор: Grant Morrison
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783854454199
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Schließlich, 1941, bahnte die erste Ausgabe von Captain America einem neuen Superhelden den Weg, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hatte, gegen die „Japanazi“-Bedrohung kompromisslos vorzugehen. Er, Captain America, dieser ultimative patriotische Superheld, war die Schöpfung eines weiteren großartigen Gespanns unter den kreativen Comic-Duos: Joe Simon und Jack Kirby.
Jack „King“ Kirby war der allereinflussreichste Superhelden-Künstler, den es gab, vielseitig ausgestattet, vor allem mit Vorstellungskraft. Geboren im August 1917 als Jakob Kurtzberg – Jack Kirby war nur einer von vielen Künstlernamen, aber dieser blieb hängen –, wuchs Kirby in einer Mietwohnung an der Lower East Side in Manhattan auf. Als Mitglied der Suffolk Straßengang war er vertraut mit dem Kick einer physischen Auseinandersetzung, was ihn von vielen seiner lebensfernen jungen Zeitgenossen unterschied. Tatsächlich, ganz anders als etwas Joe Shuster oder Bob Kane, die Kampfszenen mit etwas hochnäsiger Distanz zeichneten, zog Kirby seine Leser direkt hinein in die wilden Faustkämpfe und Tretereien, welche die echten Keilereien, die er miterlebt hatte, charakterisierten. Seine Figuren stellten authentisch dar, wie es sein musste, wenn man durch eine Gruppe von Antagonisten wirbelte. Seine Helden und Schurken trafen in knochenharten Prügeleien aufeinander – diese zogen sich mitunter über mehrere Seiten. Superman konnte zwar gegen einen übergroßen Affen über ein oder zwei Panelen kämpfen, aber in Kirbys Händen wurden Kampfszenen zum aufregenden Selbstzweck. Kirby diente als Gefreiter in der Kompanie F der elften Infanterie im Zweiten Weltkrieg. Er landete 1944 am Omaha Beach in der Normandie zwei Monate nach dem D-Day und zog mit seiner Einheit weiter durch das besetzte Frankreich. Er kämpfte in der Schlacht um Bastogne, erlitt Erfrierungen, die so ernst waren, dass er beinahe beide Füße verlor, und wurde dann, dekoriert mit mehreren Auszeichnungen, ausgemustert. Seine Kriegserfahrungen beeinflussten seine Arbeiten für den Rest seines Lebens, jedoch porträtierte Kirby Gewalt stets als vergnügliche Zurschaustellung natürlicher maskuliner Überschwänglichkeit. Als amerikanische Nazis in das Gebäude stürmten, in dem Simon und Kirby ihr Studio hatten, und das Blut der kreativen Köpfe hinter Captain America forderten, war es Jack, der die Ärmel hochrollte, um sich der Angelegenheit auf seine Weise anzunehmen.
Captain America selbst hieß Steve Rogers, ein dürrer Kümmerling, der sich freiwillig für ein Militärexperiment meldete, das einen normalen Mann in einen Superkrieger verwandelte. So wie mein Dad und Jack Kirby wollte Steve Hitler beseitigen. Und wie so viele Männer auf Seiten der Alliierten, glaubte er, dass er leichtes Spiel mit dem kleinen Schwächling hätte, wenn nicht tausende Meilen besetztes Territorium, Stacheldraht, Soldaten, Panzer und Minenfelder zwischen dem bibbernden Adolf und der stolzen Faust der Vergeltung lägen.
Anders als Superman oder Batman war Captain America ein Soldat mit der Lizenz zum Töten. Bis dahin hatten Superhelden zwar an den Grenzen der Legalität agiert, doch Captain Americas gewalttätige Arbeitsauffassung wurde von der Verfassung gestützt! Vom aktiven Dienst abgewiesen, bewarb sich Steve für eine experimentelle Behandlung mit einem Supersoldatenserum und Vita-Strahlen. Bevor das Serum in Massen hergestellt werden konnte, wurde sein Entwickler von Nazi-Agenten ermordet, was den neuerdings bullenstarken Steve Rogers zu Uncle Sams einzigem neuen Supersoldaten machte.
Jede Ausgabe von Captain America war kinetisch, brutal überdreht und reißerisch. Jedes Cover zeigte eine neue, kurz bevorstehende Abscheulichkeit: Ein Mädchen, ihre Bluse ist in Fetzen gerissen, windet sich auf einem mittelalterlichen Foltergerüst, während ein anzüglich grinsender Buckliger – vorzugsweise mit Hakenkreuz-Tätowierung – ihren Ausschnitt mit einem glühenden Schüreisen bedroht. Captain America betritt die Szene auf einem Motorrad durch die Wand, zertrümmert auf seinem Weg ein Porträt von Hitler und wehrt gleichzeitig eine Salve Kugeln mit seinem Stars-and-Stripes-Schild ab, während sein getreuer Teenager-Partner Bucky Nazis mit der raubtierhaften Begeisterung eines wild boy aus der Feder von William S. Burroughs niedermäht. Es galt ausnahmslos immer irgendeine Kombination aus kochendem Öl, tollwütigen Gorillas, Vampiren oder schlangenzähnigen Japanern zu überwinden. Jeder Quadratzentimeter der Illustrationen zeigte einen Moment der grotesken Bedrohung oder einer draufgängerischen Heldentat.
Kirby setzte auf seine außergewöhnlichen Zeichenkünste, um ein Auskommen für seine Familie zu verdienen, und meinte es ernst, als er mit seinem Comic-Buch auf einem überfüllten Markt aufkreuzte. Während Superman die Führer der Achsenmächte zu einem Internationalen Tribunal fliegen wollte, stand Captain America für eine viel befriedigendere Fantasie. Kirby setzte darauf, dass sich die Bilder von amerikanischen Superhelden, die Hilter die Zähne rausprügelten, gut verkaufen würden, und sollte damit Recht behalten. Mit Captain America schenkten Simon und Kirby den amerikanischen Truppen einen Helden, den sie einen der ihren nennen konnten.
Superhelden-Geschichten wurden universell und für jeden zugänglich gestaltet, aber zumeist, das muss man zugeben, wandten sie sich primär an Jungs und junge Männer. Möglicherweise hat sich dadurch der hartnäckige Mythos entwickelt, dass alle Superheldinnen vollbusige Playmates mit einer unnatürlich verschnürten Taille und überlangen Beinen auf hohen Absätzen sind. Obwohl es wahr ist, dass die Superheldenkostüme den Zeichnern erlauben, im Grunde nackte Körper in Bewegung zu Papier zu bringen, gab es tatsächlich unter den weiblichen Vertretern der Superheldenzunft mehr unterschiedliche Körpertypen als bei den männlichen Kollegen.
Die erste Superheldin – welche Überraschung – war keine wohlgeformte Sahneschnitte in hohen Stiefeln, sondern eine Hausfrau mittleren Alters namens Ma Hunkel. Bei ihrem Debüt (All-American #20, 1940) trug sie eine Decke als Umhang und einen Kochtopf als Helm. Als alter Hausdrachen mit dem Körperbau eines Backsteinklos war sie der erste Superheld der „realen Welt“ – ohne Superkräfte, in einem selbstgebastelten Outfit und einem strikt lokalen Wirkungsbereich. Ma Hunkel, auch bekannt als The Red Tornado, war die erste Parodie auf das Genre der Superhelden, welche den hochtrabenden Idealismus von Siegel und Shuster aufs Korn nahm. Der Mainstream hat Ma Hunkel zwar vergessen, trotzdem ist sie immer noch Bestandteil des DC-Universums und hat nun eine Enkelin namens Maxine Hunkel, eine redefreudige, realistisch proportionierte und sympathische Teenagerin, die sich geschickt gegen das Klischee der Superdummchen auflehnt.
Aber natürlich produzierte die Comic-Industrie inmitten der Kriegswirren auch eine ansehnliche Truppe von Sexbomben und kompromisslosen Damen mit Namen wie Spitfire und Miss Victory, oder die seltsam tröstliche Pat Parker, eine Kriegskrankenschwester. Sie war angetrieben von dem Begehren, sich wie ein Showgirl zu kleiden und in lebensbedrohlichen Missionen auf die Schlachtfelder Westeuropas zu begeben. Sie war bereit, es mit ganzen Panzerdivisionen aufzunehmen, um einen sich vor Schmerzen krümmenden Soldaten zu retten. Was ihre Aktionen so besonders tapfer machte, war der Umstand, dass diese Krankenschwester ohne Superkräfte auskommen musste und sich in ein höchst unpraktisches Kostüm zwängte. Aber so absurd sie auch scheinen mochte, sie war stets ein vorbildliches Beispiel für Willen, Einsatz und für die Tatkraft der Frauen.
Und dann gab es noch die berühmteste unter den Superheldinnen. Wonder Woman war eine Kreation СКАЧАТЬ