Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ gute Lau­ne wie­der, über­nahm sich aber im Trin­ken so sehr, dass er am fol­gen­den Mor­gen, als die Be­leh­nung vor­ge­nom­men wer­den soll­te, gänz­lich un­fä­hig und sei­ner nicht mäch­tig war und da­durch die Fürs­ten in nicht ge­rin­gen Schre­cken ver­setz­te. Sie soll­ten ihm einen Hum­pen voll zu trin­ken ge­ben, sag­te Chris­ti­an übel­lau­nig zu ih­nen, die ihn vor­wurfs­voll um­stan­den, dann wer­de er al­les or­dent­lich aus­rich­ten, erst müss­te er al­le­mal den Schlaf, der ihm wie Blei in den Glie­dern lie­ge, mit ei­nem Frühtrunk fort­spü­len. Dem wi­der­setz­te sich an­fangs der Her­zog von Braun­schweig, da es ers­tens der Gül­de­nen Bul­le nicht ge­mäß sei und zwei­tens auch ge­fähr­lich, in­dem der Kur­fürst sich wie­der über­neh­men und da­durch al­les zum Schei­tern brin­gen kön­ne; al­lein auf Zu­re­den der an­de­ren, dass Chris­ti­an in ei­ner mä­ßi­gen Trun­ken­heit bes­ser fi­gu­rie­ren kön­ne als nüch­tern, ließ ihm der Her­zog einen Krug Bier ver­ab­rei­chen, wor­auf er sich er­hol­te und die Ze­re­mo­nie un­ter großem Ge­prän­ge und Zu­lauf vor­ge­nom­men wur­de und auch leid­lich ab­ging. Das Ge­sicht des Kai­sers blick­te fahl und trau­rig aus dem star­ren­den Or­nat, mit dem er be­han­gen war; er hat­te sich in der letz­ten Zeit von den ge­mein­sa­men Zu­sam­men­künf­ten zu­rück­ge­zo­gen, da die Fürs­ten all­mäh­lich ab­rei­sen und vor­her das­je­ni­ge Ge­schäft er­le­di­gen woll­ten, das ihm wi­der­wär­tig war, näm­lich die Aussöh­nung mit Matt­hi­as.

      Auch die­ser woll­te an­fangs nichts da­von hö­ren, aber der Her­zog von Braun­schweig, der un­ver­dros­sen nach Wien reis­te, um ihn zu be­ar­bei­ten, brach­te ihn da­hin, dass er die Waf­fen nie­der­zu­le­gen ver­sprach, wenn der Kai­ser das Kriegs­volk entlie­ße, das er im Bis­tum Passau ge­wor­ben hat­te und das ge­gen ihn be­stimmt sei. Da­rauf woll­te Ru­dolf je­doch nicht ein­ge­hen: das Pas­sau­er Kriegs­volk, sag­te er, ge­hö­re sei­nem Nef­fen Leo­pold und sol­le in der Jü­li­cher Feh­de ver­wen­det wer­den; er habe nichts da­mit ge­gen Matt­hi­as im Sin­ne, aber er und sei­ne üb­ri­gen Brü­der und Nef­fen, mit Aus­nah­me Leo­polds, wä­ren ein va­ter­mör­de­ri­sches Ge­schlecht und woll­ten ihn wehr­los ma­chen, um ihn de­sto bes­ser aus­plün­dern zu kön­nen. Die Fürs­ten wa­ren über Ru­dolfs selt­sa­me Geis­tes­kon­stel­la­ti­on et­was be­tre­ten, lie­ßen aber nicht nach, auf ihn ein­zu­re­den, bis er ein­wil­lig­te, die Pas­sau­er zu ent­las­sen und die Ab­bit­te der schul­di­gen Ver­wand­ten ent­ge­gen­zu­neh­men, nur Matt­hi­as wol­le er nicht se­hen. Es wur­de also aus­ge­macht, dass an­statt sei­ner die Erz­her­zö­ge Ma­xi­mi­li­an und Fer­di­nand vor ihm er­schei­nen soll­ten; aber eine neue Schwie­rig­keit ent­stand da­durch, dass der Kai­ser die Be­din­gung stell­te, sie müss­ten die Ab­bit­te kni­end vor­tra­gen, wozu sich wohl Fer­di­nand, aber nicht Ma­xi­mi­li­an ver­ste­hen woll­te. Als dem Kai­ser end­lich mit­ge­teilt wer­den konn­te, dass sein Bru­der in Hin­sicht auf den Knie­fall nach­ge­ge­ben habe, fing er an zu wei­nen und sag­te, er wol­le nun und nim­mer­mehr einen Habs­bur­ger auf den Kni­en se­hen, son­dern wer­de Ma­xi­mi­li­an auf­he­ben, so­bald er die Knie zu beu­gen be­gon­nen ha­ben wer­de. Dies führ­te er auch aus, reich­te bei­den Erz­her­zö­gen die Hand und sprach sie freund­lich an, in­dem er sich nach Fer­di­n­ands Frau und Kin­dern er­kun­dig­te.

      Nach­dem die­se An­ge­le­gen­heit er­le­digt war, be­sprach sich der Kai­ser mit den Fürs­ten noch über die Nach­fol­ge im Reich, die er kei­nes­wegs Matt­hi­as, son­dern sei­nem Nef­fen Leo­pold zu­wen­den woll­te. Die Kur­fürs­ten wi­der­spra­chen ihm nicht, son­dern er­klär­ten sich be­reit, Leo­pold die Stim­me zu ge­ben; Tri­er und Köln woll­ten Matt­hi­as we­gen sei­ner An­zet­te­lun­gen mit den Pro­tes­tan­ten nicht wohl und wa­ren es des­we­gen zu­frie­den, ihn zu über­ge­hen. Um die Stim­men der pro­tes­tan­ti­schen Kur­fürs­ten zu ge­win­nen, knüpf­te Ru­dolf ein­ge­hen­de Ver­hand­lun­gen mit Pfalz an, wo­bei er sich auf den Ma­je­stäts­brief be­rief und auch im Rei­che den For­de­run­gen der Evan­ge­li­schen Rech­nung zu tra­gen ver­hieß. In­des­sen wur­de die­se Übe­rein­kunft durch den Tod des Pfalz­gra­fen, der im Sep­tem­ber des­sel­ben Jah­res 1610 er­folg­te, ab­ge­ris­sen.

      Nach­dem die Fes­tung Jü­lich von den Unier­ten er­obert war, kehr­te Leo­pold ruhm­los nach Prag zu­rück, dop­pelt auf große Un­ter­neh­mun­gen er­picht, durch die er sei­ne Nie­der­la­ge wett­ma­chen woll­te. Er flö­ßte sei­nem Oheim Mut ein, mit den in Passau ge­wor­be­nen Trup­pen Matt­hi­as Un­garn und Ös­ter­reich wie­der ab­zu­neh­men, was denn auch in ge­hei­mer Übe­rein­kunft be­schlos­sen wur­de. Als nun Matt­hi­as, der in­zwi­schen sein Heer, dem ge­ge­be­nen Ver­spre­chen ge­mäß, ent­las­sen hat­te, auf die Ent­las­sung der Pas­sau­er drang und der Her­zog von Braun­schweig des­we­gen beim Kai­ser vor­stel­lig wur­de, ent­schul­dig­te sich die­ser, er habe kein Geld, den Pas­sau­ern ih­ren Sold, näm­lich 400.000 Gul­den, aus­zu­zah­len, ohne wel­chen sie nicht aus­ein­an­der­ge­hen woll­ten. Der Sold müs­se auf­ge­bracht wer­den, sag­te der Her­zog eif­rig, er ma­che sich dazu an­hei­schig, wenn es nicht an­ders sei. Die Sa­che wur­de näm­lich da­durch drin­gen­der und ge­fähr­li­cher, dass die Pas­sau­er er­klär­ten, das Bis­tum sei jetzt gänz­lich er­schöpft und er­näh­re sie nicht mehr, sie müss­ten wohl oder übel nach Böh­men zie­hen und sich dort er­ho­len. Die Angst vor die­sem Heuschre­cken­schwarm be­wog die böh­mi­schen Stän­de, dem Her­zo­ge, der sie dar­um an­ging, 300.000 Gul­den zu ver­spre­chen, wor­auf er ei­ni­ge ver­mö­gen­de Pra­ger Bür­ger über­re­de­te, das üb­ri­ge da­zu­zu­steu­ern. Froh über das Er­reich­te, er­bot sich der Her­zog selbst, nach Passau zu ei­len und die Ent­loh­nung des Hee­res zu be­trei­ben, das mit dem Ein­fall in Böh­men droh­te; das Geld ver­sprach der Kai­ser, so­wie es flüs­sig ge­macht wäre, nebst ei­ner Voll­macht dem Her­zog durch einen Zahl­meis­ter nach­zu­schi­cken.

      Es war ein kal­ter Nach­mit­tag im De­zem­ber, als der Wa­gen des Her­zogs, sich der Bi­schofs­stadt nä­hernd, plötz­lich an­ge­hal­ten wur­de. Als der Her­zog, um zu se­hen, was es gäbe, sich aus dem Kut­schen­fens­ter beug­te, er­blick­te er einen Hau­fen zer­lump­ter Män­ner, die Al­mo­sen heisch­ten, und er er­kann­te nun wohl, dass er mit­ten in das La­ger der Pas­sau­er ge­ra­ten war. Vie­le von den Leu­ten gli­chen mehr Bett­lern als Sol­da­ten, hat­ten Wei­ber­rö­cke und Tü­cher um­ge­bun­den, um sich vor der Käl­te zu schüt­zen, und die blo­ßen Füße, auf de­nen sie müh­sam forthink­ten, in alte Fli­cken ge­wi­ckelt. Ver­dutzt und er­schreckt über die­sen er­bärm­li­chen An­blick, ver­teil­te der Her­zog, was er an Mün­ze bei sich hat­te, und frag­te, ob kein Leut­nant oder Haupt­mann da sei; denn die­sem dach­te er zu er­öff­nen, wer er sei, und ihn mit der bal­di­gen An­kunft des Sol­des zu ver­trös­ten. Der Leut­nant lie­ge be­sof­fen in sei­nem Zel­te, wur­de ihm mit­ge­teilt, er habe mit drei oder vier Sol­da­ten einen Aus­zug in die nächs­ten Dör­fer un­ter­nom­men und ein Fäß­lein Wein heim­ge­bracht, jetzt müs­se er den Rausch aus­schla­fen.

      Hie und da brann­te ein Holz­feu­er, von dem fei­ner, bläu­li­cher Rauch steil in die graue Schnee­luft hin­auf­klet­ter­te. Über einen großen, von Wei­den und Er­len um­stan­de­nen Sumpf hat­te sich eine Frost­haut ge­zo­gen, un­ter der es lei­se glucks­te und pol­ter­te. Nach­dem er sich auf­merk­sam um­ge­se­hen hat­te, gab der Her­zog dem Kut­scher ein Zei­chen, schnell wei­ter­zu­fah­ren und sich durch­aus nicht von den СКАЧАТЬ