Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ ihr Mie­der zier­ten und die sei­ne Hab­gier reiz­ten. Der Bräu­ti­gam lief zu ih­rem Schut­ze her­bei, der Rei­ter wur­de hit­zig, zog die Braut an sich und stach ihr, als sie sich ihm schrei­end ent­win­den woll­te, ein kur­z­es Schwert, das ihm an der Sei­te hing, ins Herz. Daraus ent­wi­ckel­te sich ein all­ge­mei­nes wil­des Kämp­fen, das durch die plötz­li­che An­kunft Mans­felds, des Re­gi­ment­s­obers­ten, un­ter­bro­chen wur­de. Er sprang so­fort vom Pfer­de, trat un­ter die Wü­ten­den und hieß einen der Sei­ni­gen spre­chen, der die Schuld des Ge­sche­he­nen auf die Bau­ern zu schie­ben such­te, als hät­ten sie einen lis­ti­gen Über­fall vor­be­rei­tet, des­sen sie, die Sol­da­ten, sich ge­walt­sam hät­ten er­weh­ren müs­sen. Mans­feld stell­te sich an, als ob er ihm Glau­ben schenk­te, be­fahl sei­nen Leu­ten, al­les her­aus­zu­ge­ben, was sie sich etwa den Bau­ern Ge­hö­ri­ges an­ge­eig­net hät­ten, ließ sie auf­sit­zen und spreng­te mit der gan­zen, nun ver­ei­nig­ten Trup­pe so schnell wie mög­lich da­von, ohne dass die Bau­ern der be­waff­ne­ten Über­macht ge­gen­über Wi­der­stand zu leis­ten hät­ten wa­gen kön­nen.

      Schon lag das frü­he Dun­kel auf den Hü­geln, über die die Rei­ter hin­jag­ten. Mans­feld war ver­stimmt und sag­te un­ge­hal­ten zu dem Leut­nant, der die Schul­di­gen an­ge­führt hat­te, er durch­schaue den wah­ren Sach­ver­halt wohl und wür­de eine blu­ti­ge Stra­fe ver­hängt ha­ben, wenn er nicht hof­fen kön­ne, dass die Tat in die­sem ver­las­se­nen Win­kel be­gra­ben blei­be. Als der Leut­nant sich da­mit ent­schul­di­gen woll­te, dass nach lan­gem Fas­ten ih­nen Es­sen und Trin­ken zu Kop­fe ge­stie­gen sei, hieß ihn Mans­feld schwei­gen; er müs­se für ihre Zü­gel­lo­sig­keit bü­ßen, ihm häng­ten sie den Na­men ei­nes Mord­bren­ners an, der die Ka­tho­li­ken so we­nig ver­scho­ne wie die Evan­ge­li­schen. An ei­ner Weg­schei­de ließ er Halt ma­chen, sprach sein Miss­fal­len und die Hoff­nung aus, die Übel­tä­ter wür­den sich be­ei­fern, ihr Schel­men­stück durch eine sol­da­ten­mä­ßi­ge Hel­den­tat wie­der gutz­u­ma­chen. Ei­ni­ge Mei­len ent­fernt lie­ge das Städt­chen Schley­den, das in Fein­des­hand, aber un­ge­nü­gend be­setzt sei und leicht über­rum­pelt wer­den kön­ne. Dort wol­le er sich fest­set­zen, um mit si­che­rem Rück­halt Streif­zü­ge zu wa­gen und wei­ter um sich zu grei­fen. Die­ser Über­fall ge­lang; aber schon am fol­gen­den Tage er­schi­en eine star­ke Ab­tei­lung bran­den­bur­gi­scher Sol­da­ten un­ter dem Gra­fen Fried­rich Solms, de­nen ge­gen­über Mans­feld den schwach be­fes­tig­ten Ort nicht hal­ten konn­te. Nach tap­fe­rer Ge­gen­wehr muss­te er sich mit den über­le­ben­den Sol­da­ten ge­fan­gen ge­ben, wur­de nach Dü­ren ge­bracht und war­te­te dort un­ge­dul­dig auf das Lö­se­geld, das sein Kriegs­herr, Erz­her­zog Leo­pold, für ihn zu er­le­gen auf­ge­for­dert wur­de.

      Wäh­rend der er­zwun­ge­nen Un­tä­tig­keit, die ihn von Tag zu Tag un­leid­li­cher drück­te, lief an Mans­felds Geis­te sein ver­gan­ge­nes Le­ben, aus Kampf, Ent­täu­schung und Bit­ter­keit be­ste­hend, vor­über. In sei­nem zehn­ten Le­bens­jah­re hat­te es sich be­ge­ben, dass er in die Bü­cher, die ihm ge­hör­ten, ein paar fran­zö­si­sche An­dachts­bre­vie­re, eine Be­fes­ti­gungs­leh­re und einen la­tei­ni­schen Plut­arch, ne­ben sei­nen Na­men Pe­ter Ernst Mans­feld den Wahl­spruch sei­nes Va­ters ge­schrie­ben hat­te, der ihm über­aus wohl­ge­fiel: For­ce m’est trop. Dies hat­te der Hof­meis­ter der Pa­gen, mit de­nen er er­zo­gen wur­de, ge­se­hen und ihn auf Be­fehl sei­nes Va­ters mit Schlä­gen so ge­züch­tigt, dass Blut ge­flos­sen war. Es wur­de ihm da­bei ge­sagt, dass er der Ge­walt sich zu fü­gen ler­nen müs­se, dass das stör­ri­sche, un­bän­di­ge We­sen ihm aus­ge­trie­ben wer­den sol­le, und als er sich zor­nig be­klag­te, ein Fürs­ten­sohn dür­fe nicht wie ein Knecht be­han­delt wer­den, wur­de ihm ent­geg­net, er sei ein Ba­stard, sol­le nach dem Wil­len sei­nes Va­ters nicht an­ders be­han­delt wer­den als die Pa­gen, die im Schlos­se dienten, und habe kein Recht, sei­nes Wap­pens und Wahl­spruchs sich zu be­die­nen. Wenn ihn seit­dem ein Geg­ner mit dem Na­men Ba­stard ge­höhnt hat­te, über­lief ihn je­des Mal das­sel­be Ge­fühl von Scham und ohn­mäch­ti­ger Wut, das da­mals sei­ne kind­li­che Brust fast er­drückt hat­te. Hass und un­er­sätt­li­che Ra­che ge­gen den Va­ter durch­dran­gen ihn, des­sen ge­sun­des Al­ter kalt, zu­frie­den und wür­de­voll in sei­nen Sch­lös­sern thron­te und der sei­nen Sohn na­men­los, ohne Hei­mat, Erbe und Ehre zu­rück­ließ. Oft sehn­te er sich da­nach, den hoch­mü­ti­gen Greis, dem man sich nur voll Ehr­furcht und un­ter Bück­lin­gen ge­nä­hert hat­te, aus der Erde her­aus­zu­wüh­len und öf­fent­lich ver­letz­ter Va­ter­pflicht und un­na­tür­li­cher Grau­sam­keit an­zu­kla­gen. Fluch über ihn, der sei­nen Sohn wie Is­ma­el in die Wüs­te ge­sto­ßen hat­te. Noch jetzt muss­te er oft rüh­men hö­ren, wie treu sein Va­ter als Gou­ver­neur von Lu­xem­burg dem Hau­se Habs­burg ge­dient und ih­nen so­gar alle sei­ne Gü­ter hin­ter­las­sen habe; ihm schi­en es nicht rüh­mens­wert, dass er den über­mü­ti­gen Her­ren sei­nen Über­fluss ver­mach­te und sei­nen Sohn ih­rer Gna­de zu emp­feh­len sich be­gnüg­te. Er hat­te es nicht an­ders ge­wusst, als dass er im Diens­te des Hau­ses Ös­ter­reich das Schwert füh­ren müs­se, und hat­te es ge­tan, so gut er es ver­stand, tap­fer und ohne sein Le­ben zu scho­nen; sie da­ge­gen hat­ten ihn we­gen ei­nes fehl­ge­schla­ge­nen Kriegs­un­ter­neh­mens, wor­an er sich un­schul­dig glaub­te, kas­siert. Zu­rück­set­zun­gen und Krän­kun­gen al­ler Art wa­ren ihm zu­teil ge­wor­den, so­dass er sich end­lich klar­ge­macht hat­te, er als be­rech­tig­ter Er­ban­spre­cher der vä­ter­li­chen Hin­ter­las­sen­schaft sei ih­nen im Wege. Wa­rum ließ er sich tre­ten von de­nen, die ihn aus­ge­plün­dert hat­ten? Er konn­te leicht an­ders­wo sein Glück fin­den, ja es wa­ren ihm schon An­trä­ge von evan­ge­li­scher Sei­te ge­macht wor­den; dann konn­te er viel­leicht den Geg­nern mit Ge­walt neh­men, was sie dem ge­dul­di­gen Die­ner vor­ent­hiel­ten. Im­mer, wenn er die Mög­lich­keit er­wog, zur Uni­on über­zu­ge­hen, stör­te ihn die Vor­stel­lung, dass er sich gleich­sam als ein Flücht­ling und Ver­schmäh­ter de­nen an­schloss, auf die er als auf Ket­zer und Re­bel­len her­ab­zu­se­hen ge­wohnt war; da­ge­gen sag­te er sich, dass er der Mann sei, ih­nen sei­nen Wert zu er­wei­sen. Das Er­geb­nis lan­ger Kämp­fe war, dass er den Gra­fen Solms bat, ihn ge­gen Ehren­wort zu ent­las­sen, da­mit er den Erz­her­zog Leo­pold per­sön­lich auf­for­dern kön­ne, ihn aus­zu­lö­sen, wid­ri­gen­falls er zur Uni­on über­ge­hen wol­le; wei­ge­re sich Leo­pold, so sei er ent­schlos­sen, die Dro­hung aus­zu­füh­ren. Graf Solms zö­ger­te mit der Ant­wort; denn er hat­te die Mei­nung, dass das Ehren­wort ei­nes Ba­stards nicht gel­te, und war nahe dar­an, ihm dies zu ver­ste­hen zu ge­ben. In­dem er aber Mans­feld in das klu­ge, reiz­ba­re Ge­sicht sah, das sich rö­te­te und arg­wöh­nisch lei­dend ver­zog, weil er des Un­schlüs­si­gen Zwei­fel rich­tig deu­te­te, be­sann er sich plötz­lich ei­nes an­de­ren, reich­te dem Bit­ten­den die Hand und sag­te: »Ich habe Euch kämp­fen se­hen wie einen Edel­mann, und als ei­nem sol­chen gebe ich Euch die Frei­heit«, wor­auf Mans­feld dank­te und da­von­ritt.

      Von Erz­her­zog Leo­pold, der sein er­träum­tes Reich von Jü­lich aus zer­flie­ßen sah, ohne Geld, weil er selbst keins habe, und mit den spöt­ti­schen Wor­ten ent­las­sen, er sol­le un­ter Freun­den und Ver­wand­ten für sich sam­meln las­sen, kehr­te er grol­len­den Her­zens nach Dü­ren zu­rück. Nicht nur re­de­ten ihm Ans­bach, An­halt und Solms zu, sich nun­mehr der Uni­on an­zu­schlie­ßen, СКАЧАТЬ