Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Diese und ähnliche Worte sprach er vom Pferde herunter, den Hut in der Hand, zu den Soldaten, die ihm als einem verwegenen und großmütigen, wenn auch mitunter maßlos heftigen Führer im ganzen zugetan waren. Die meisten jubelten ihm zu, umso mehr, als sie größtenteils Protestanten waren; andere gingen einstweilen mit, um sich gelegentlich zu verlieren, wenn ihnen der Wechsel nicht zusagen sollte; nur wenige kehrten aus Anhänglichkeit an die einmal ergriffene Sache oder aus Misstrauen gegen die neue zurück.
12.
Während im Nordwesten des Reiches die Waffen klirrten, reisten die Kurfürsten von Köln, Mainz und Sachsen nach Prag zu einem Konvent, den der Kaiser zur Beratung der schwebenden Fragen ausgeschrieben hatte, nämlich der Jülicher Sukzession, des Streites um Donauwörth, seines Handels mit Matthias und der Nachfolge im Reich. Wegen der Aussöhnung des Kaiser mit Matthias hatte sich Ernst von Köln während des Winters längere Zeit in Prag aufgehalten, aber keine Audienz beim Kaiser erhalten können, sodass er über die Einladung, die er gleich nach seiner Rückkehr erhielt, füglich erstaunt war; da jedoch die mildere Jahreszeit heranrückte und die Kriegsfrage für ihn als Nachbar von Jülich von hohem Belang war, machte er sich geduldig wieder auf den Weg. Im ganzen sahen die Herren einer fröhlichen Zeit entgegen, da sie in Prag Gäste des Kaisers sein sollten, der zu großer Verlegenheit des Finanzrates die Fürsten üppig zu bewirten liebte.
Nach feierlicher Eröffnung durch den Kaiser leitete der Konvent seine Tätigkeit dadurch ein, dass er von mehreren Universitäten Gutachten über die verwickelte Jülicher Erbfolge einzuholen beschloss, welcher denn von den verschiedenen Erbansprechern, zu denen auch der Kurfürst von Sachsen gehörte, das beste Recht hätte. Sie waren noch in Erwartung der Antworten, als die Nachricht von der Ermordung Heinrichs IV. von Frankreich eintraf, wodurch die Kriegsgefahr sich erheblich verringerte. Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, der wegen seines Streites mit der Stadt Braunschweig sich schon vor mehreren Jahren persönlich mit dem Kaiser in Verbindung gesetzt und ihn ganz auf seine Seite gebracht hatte und der auch jetzt wieder in Prag anwesend und von dem ihm besonders vertrauten Kaiser zum Konvente zugezogen war, gab bei dieser Gelegenheit ein Gastmahl, dessen vornehmste Tafelzierde ein die Judith mit dem Haupte des Holofernes darstellendes Schaustück bildete. Es bestand aus Mandeln, Honig und Mehlteig und war dadurch merkwürdig, dass der Zuckerbäcker auf Anweisung des Herzogs von Braunschweig dem von der Judith am Schopfe gehaltenen Haupte die Züge Heinrichs IV. zu geben versucht hatte. Er sei selbst in der Werkstatt des Meisters gewesen und habe nicht ungeschickt mit zugegriffen, erzählte der Herzog seinen Gästen, die denn auch die Arbeit wohlgelungen und des Königs Nase und Bart wohlgetroffen fanden. Der rüstigen Mörderin, erklärte der Herzog, habe er nur das Gesicht eines beliebigen schönen, gesunden Weibsbildes geben lassen, denn er wisse nicht, wie der Mann beschaffen sei, der den König erstochen habe, auch sei das Ganze mehr als ein Symbolum aufzufassen. Wer er auch sei und ob man auch die Mordtat nicht billigen könne, sagte der Erzbischof von Köln, so sei sie, wenn nicht auf Anstiftung, doch unter Zulassung Gottes geschehen, der das fromme Kaiserhaus augenscheinlich beschütze. Der kecke und unruhige Geist des Königs hätte ein hübsches Kriegsfeuer am Rheine anzünden können, daran sie lange zu löschen gehabt hätten. Ja, sagte Kurfürst Christian von Sachsen, mit Frommsein und Zuwarten übe man meist die feinste Politik aus, indem Gott die Entscheidung in allen Dingen zustehe und er alles zum Besten der Frommen einrichte.
Um nun die Jülicher Frage vollends zum Ende zu bringen, erklärte sich der Kaiser einverstanden, den Kurfürsten von Sachsen mit dem erledigten Herzogtum zu belehnen, welche Handlung gleich während des Konventes feierlich vollzogen werden sollte. Hatte Rudolf es auch bereits seinem Neffen Leopold versprochen, so konnte doch inzwischen der sächsische Kurfürst damit zufriedengestellt werden, den als den mächtigsten evangelischen Fürsten von Zeit zu Zeit durch eine unvorgreifliche Vergünstigung zu verpflichten ein Hauptstück der kaiserlichen Regierungskunst im Reiche war. Mit Eifer nahm sich dieser Sache der Herzog von Wolfenbüttel an, indem er für die richtige Ausführung des Belehnungsaktes nach den Vorschriften der Goldenen Bulle, die er auswendig wusste, Sorge trug. Die Fürsten, welche seine Gelehrsamkeit bewunderten, fügten sich seinen Anordnungen und kamen in dem Gasthof, den er bewohnte, zusammen, um dem Kurfürsten von Sachsen seine Rolle einzustudieren. Christian nämlich war von großer, breiter, muskelstarker Gestalt, hatte sich als Jüngling bei Turnieren ausgezeichnet und pflegte sich von den Bildhauern als Herkules darstellen zu lassen; aber das übermäßige Trinken hatte ihn aufgeschwemmt und zu einer trägen, unförmigen Masse gemacht, sodass es nicht leicht war, ihn seinem alten Ruhme gemäß eindrucksvoll zu verwenden. Vornehmlich schwer wurde ihm das Niederknien vor dem Kaiser, das den wichtigsten Punkt der Darstellung bildete, da er in der engen und schweren Rüstung, die dazu gehörte, noch unbeweglicher als sonst war. Die Erzbischöfe musterten etwas besorgt das rotgedunsene Gesicht mit den schlaff hängenden Backen unter dem Kurhute, an dem der Schweiß hinunterzulaufen begann, während der Herzog ihn unnachsichtig den Kniefall wiederholen ließ, bis es ohne Anstoß gelungen wäre. Es habe nichts auf СКАЧАТЬ