Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ brach­te und Han­del und Wan­del be­droh­te. Nicht min­de­re Ver­le­gen­heit herrsch­te auf der Burg. Der Kai­ser woll­te die Ab­ge­ord­ne­ten nicht vor sich las­sen, so er­zürnt war er über ihre Dreis­tig­keit; aber ihre For­de­run­gen ge­ra­de­zu ab­zu­wei­sen, ge­trau­te er sich auch nicht. Auf der an­de­ren Sei­te moch­te er die ka­tho­li­schen Kron­be­am­ten, Lob­ko­witz, Mar­ti­nitz, Sla­wa­ta, sei­ne Un­si­cher­heit nicht mer­ken las­sen, die ihn dräng­ten, fest zu blei­ben und die Ver­bün­de­ten als Re­bel­len zu be­han­deln. Erz­her­zog Leo­pold, der an­we­send war, be­stürm­te ihn, den Krieg ent­schei­den zu las­sen. Er hat­te meh­re­re Of­fi­zie­re auf­ge­trie­ben, dar­un­ter Lo­renz Ramée, einen wil­den Men­schen, der im Be­sitz der feins­ten Kriegs­kunst zu sein be­haup­te­te und sich ver­maß, ganz Böh­men in ei­nem Feld­zu­ge zum Ge­hor­sam zu brin­gen. Die Kron­be­am­ten stimm­ten ihm bei: Ru­dolf dür­fe sich von den Stän­den nichts vor­schrei­ben las­sen, zei­ge er ih­nen jetzt nicht den Herrn, wür­de er ihr Skla­ve wer­den. Und wenn der Kai­ser selbst, sag­te Lob­ko­witz, den Ver­trag un­ter­schrei­be und ihn bei sei­nem Le­ben hie­ße, es auch zu tun, so wür­de er doch sei­nen Na­men nicht dar­un­ter­set­zen. Er sei nicht nur ein Die­ner des Kai­sers, son­dern auch Got­tes und sei­nes be­schwo­re­nen Am­tes.

      Die her­ri­sche Art die­ses Ma­gna­ten er­füll­te den Kai­ser mit Ab­nei­gung und Arg­wohn; es fiel ihm ein, dass Hein­rich III. nicht durch einen feind­li­chen Ket­zer, son­dern durch einen sei­nes Glau­bens er­mor­det war. Die­se Leu­te, dach­te er, maß­ten sich mehr an als die Pro­tes­tan­ten, wäh­rend sie doch mehr als jene zur Un­ter­wür­fig­keit ge­gen ihn ver­pflich­tet wä­ren. In äu­ßers­ter Rat­lo­sig­keit ließ er Han­ne­wald ru­fen, dem es nie an tüch­ti­gen Aus­kunfts­mit­teln ge­brach, den ein­zi­gen Mann, von dem er glaub­te, dass es ihm nur um die Er­hal­tung der Kai­ser­macht zu tun wäre.

      Ge­las­sen ruh­ten Han­ne­walds Bli­cke auf dem graublei­chen Ge­sicht und den zit­tern­den Hän­den sei­nes Herrn. Was der Lob­ko­witz und die an­de­ren Herr­schaf­ten vor­ge­bracht hät­ten, sag­te er, kön­ne der Kai­ser an die Wand ma­len las­sen, sonst sei es zu nichts gut. Krieg! Man hät­te jetzt ge­se­hen, wie man mit dem Matt­hi­as ge­fah­ren sei.

      »Ich bin ver­lo­ren!« sag­te der Kai­ser, in­dem er das Ge­sicht mit den Hän­den be­deck­te; »al­les ver­lässt mich. Der Tod wird mich aus dem Elend er­lö­sen!« Han­ne­wald, der sol­che Kla­gen öf­ters ge­hört hat­te, war nicht da­durch ge­rührt und ließ sich nicht dar­auf ein. »Es gibt einen ver­gra­be­nen Schatz im Kö­nig­reich Böh­men«, sag­te er, den Kai­ser fest ins Auge fas­send, »wer den hebt, ist Herr des Lan­des, und Eure Ma­je­stät kann ihn ohne viel Mühe oder Ge­fahr ge­win­nen!« Ru­dolf, in dem so­gleich aben­teu­er­li­che Hoff­nun­gen auf­tauch­ten, hob den Kopf und sah Han­ne­wald be­gie­rig an; er wer­de doch aber nicht al­lein bei der Nacht et­was Schau­er­li­ches ver­üben sol­len? Nein, sag­te Han­ne­wald, der­glei­chen nichts. Er brau­che nur den Städ­ten die Reich­sun­mit­tel­bar­keit zu ver­lei­hen und die Bau­ern zu be­frei­en, so hät­te er ein Heer, das für ihn kämp­fen und sie­gen wer­de. Wie lan­ge hät­te er den Über­mut und Trotz des Adels er­dul­det, von dem sich je­der mehr als der Kai­ser dün­ke und die dar­auf aus­gin­gen, eine Adels­re­pu­blik zu grün­den. Die­ser Adel habe das Reich an sich ge­ris­sen, in­dem er die Bau­ern zu Knech­ten ge­macht habe und für sich ar­bei­ten las­se. Die Schma­rot­zer sö­gen sich voll, in­des der Kai­ser und das Land ver­arm­ten. Auch die Städ­te fürch­te­ten den Neid und die Miss­gunst des Adels und blick­ten voll Sehn­sucht nach dem Kai­ser; die Bau­ern rie­fen ihn an als ih­ren Hei­land. Kürz­lich hät­ten die Bau­ern eine Be­schwer­de ge­gen ihre Her­ren auf­set­zen las­sen, um sie dem Kai­ser zu über­rei­chen; wie das her­aus­ge­kom­men wäre, hät­ten die Her­ren den Bau­ern die Köp­fe und dem Schrei­ber, der die Be­schwer­de ge­schrie­ben hat­te, die Hän­de ab­schla­gen las­sen. Sie woll­ten es nicht lei­den, dass die Bau­ern einen Kai­ser hät­ten, dar­um hät­te der Kai­ser kei­ne Bau­ern und kein Kriegs­heer mehr. Er, der ka­tho­li­sche Kai­ser, kön­ne mit ei­nem Wort die evan­ge­li­schen Bür­ger und Bau­ern zu sei­nen treu­en Un­ter­ta­nen ma­chen. Nur von ihm hän­ge es ab, ob er ein mäch­ti­ger Herr über ein blü­hen­des Land sein wol­le.

      Der Kai­ser starr­te Han­ne­wald ent­täuscht und be­frem­det an. »Das ist Re­bel­li­on«, sag­te er lang­sam. »Das ist wi­der Got­tes Ge­bo­te.« Ob Gott dem Adel die Erde ge­schenkt habe? frag­te Han­ne­wald. Es hand­le sich da nicht um Re­li­gi­on, son­dern um Ver­nunft und Not­wen­dig­keit. In­des­sen, was Han­ne­wald auch ent­geg­ne­te, der Kai­ser schüt­tel­te den Kopf und sag­te am Ende, das wä­ren Schi­mä­ren, Han­ne­wald sol­le ihm auf an­de­re Art hel­fen. Er kön­ne ja ab­dan­ken, sag­te Han­ne­wald är­ger­lich und schick­te sich an, fort­zu­ge­hen. Ru­dolf hielt ihn kläg­lich bit­tend zu­rück; wenn er, Han­ne­wald, ihn ver­las­se, so blei­be ihm nichts üb­rig, als sich ins Grab zu le­gen. »Wenn Sie sich zum Han­deln nicht ent­schlie­ßen kön­nen«, sag­te Han­ne­wald, sich an der Tür um­wen­dend, »so müs­sen Sie den Evan­ge­li­schen nach­ge­ben.« Geld, um Söld­ner zu ei­nem aus­sichts­vol­len Krie­ge zu wer­ben, sei nicht vor­han­den. Die gan­ze Erde hät­te nicht Was­ser ge­nug, um den Brand zu lö­schen, der ent­ste­hen wür­de, wenn ir­gend­wo ein Feu­er­fun­ken zün­de­te. Pfalz und Hes­sen spitz­ten die Ohren, um das Schwert zu zie­hen, so­wie ir­gend­wo die Waf­fen klän­gen; Frank­reich und Hol­land wür­den ein­fal­len. Wo wol­le er da blei­ben ohne Heer? Er sei nicht ein­mal Bay­erns si­cher. Dann möch­te sich Lob­ko­witz mit dem Papst vor sei­nen Thron stel­len und ihn be­schüt­zen.

      Die­ser Aus­gang, die For­de­run­gen der pro­tes­tan­ti­schen Her­ren zu be­wil­li­gen, war dem Kai­ser im Grun­de er­wünscht; denn sei­ne Un­ter­schrift kos­te­te ihn nichts, und er ge­wann Zeit, neue Ret­tungs­plä­ne ein­zu­fä­deln. Von sol­chen Hin­ter­ge­dan­ken äu­ßer­te er ge­gen Han­ne­wald nichts; aber am Tage, nach­dem er die Ur­kun­de un­ter­schrie­ben hat­te, durch wel­che der böh­mi­sche evan­ge­li­sche Adel sei­ne Rech­te zu ver­si­chern dach­te und wel­che un­ter dem Na­men des Ma­je­stäts­brie­fes be­kannt wur­de, emp­fing er sei­nen Nef­fen Leo­pold und er­teil­te ihm die Er­laub­nis, sich um­ge­hend nach Jü­lich auf­zu­ma­chen und in sei­nem Na­men von der Fes­tung Be­sitz zu er­grei­fen. Auf die­sen krie­ge­ri­schen jun­gen Mann, der ihm lei­den­schaft­li­che Er­ge­ben­heit be­teu­er­te, setz­te er jetzt sein Ver­trau­en, und ihn dach­te er ge­gen sei­ne Brü­der und sei­nen Nef­fen Fer­di­nand aus­zu­spie­len. Böh­men und Jü­lich soll­ten Leo­polds Haus­macht wer­den, und als Schwa­ger Ma­xi­mi­lians von Bay­ern wür­de er auch über des­sen Macht ver­fü­gen kön­nen; Ru­dolf näm­lich gab sei­ne Hei­ratsplä­ne be­reit­wil­lig auf, um die Braut für sei­nen Nef­fen zu wer­ben, der ihm sei­ne Lie­be und die da­mit ver­knüpf­ten Hoff­nun­gen ge­stan­den hat­te.

      Leo­polds aben­teu­er­li­che Fahrt ließ sich zu­erst bes­ser an, als zu er­war­ten war: der Kom­man­dant von Jü­lich, Rau­schen­berg, der die Fes­tung we­der dem Bran­den­bur­ger noch dem Neu­bur­ger hat­te ein­räu­men wol­len, über­ließ sie dem Günst­ling des Kai­sers, der sich in Ver­klei­dung glück­lich bis da­hin durch­ge­schla­gen hat­te.

      Da­mit war die Lo­sung zum Krie­ge ge­ge­ben; denn die Uni­on hat­te sich ver­pflich­tet, den Fürs­ten von Bran­den­burg СКАЧАТЬ