Rivalinnen - Schweden-Krimi. Åsa Nilsonne
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Rivalinnen - Schweden-Krimi - Åsa Nilsonne страница 11

Название: Rivalinnen - Schweden-Krimi

Автор: Åsa Nilsonne

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall für Monika Pedersen

isbn: 9788726445114

isbn:

СКАЧАТЬ Fall kam ihr aus so vielen Gründen seltsam und bedrohlich vor, dass sie sie gar nicht alle aufzählen konnte.

      Im Fahrstuhl spielte Monika mit dem Gedanken, jemand anderen zu Eva-Maria schicken zu lassen, beschloss dann aber, sie doch selbst aufzusuchen. Die Reaktion auf die Todesnachricht konnte von großer Bedeutung sein, deshalb sah sie sie lieber mit eigenen Augen. Aber das brachte sie zum nächsten Problem: sie wusste nicht, was sie zu Idriss sagen sollte.

      Im Fahrstuhl hatte sie ihm den Rücken zugekehrt, um keine Kommentare abgeben zu müssen. Der Fahrstuhl kam ihr ungewöhnlich langsam vor, und am Ende fühlte sie sich zu irgendeiner Bemerkung gezwungen, also drehte sie sich zu Idriss um, der jedoch völlig in Gedanken versunken zu sein schien. Schweigend gingen sie auf die Haustür zu.

      Als sie die Straße betraten, sahen sie als Erstes eine junge Frau, die vor dem Kiosk Zeitungsplakate aufhängte. Sie trug keinen Mantel, hob die Schultern und spannte ihren ganzen Körper an, um sich vor der Kälte zu schützen. Ihr Atem gefror zu Eis und hing wie eine leere Sprechblase vor ihrem Gesicht, während sie mit schnellen, ruckartigen Bewegungen arbeitete. Das Plakat, das sie aufhängte, machte Monika und Idriss bewusst, dass ihnen noch weniger Zeit blieb, als sie erwartet hatten.

      Die Zeitung Expressen hatte den Wettlauf gewonnen. Ein dicker schwarzer Rahmen umgab Lotties Gesicht, und die Schlagzeile fragte kurz und bündig: »Lottie Hagman tot ‒ Mord?«

      Aftonbladet hatte sich mit dem Wetter begnügen müssen, und die Schlagzeile »—14, wir frieren«, stellte keinerlei Konkurrenz dar.

      Verdammt!

      4

      Verdammt. Verdammt. Verdammt, dachte Monika. Seit sie mit einem Pietisten aus Jonköping zusammengearbeitet hatte, fluchte sie nicht mehr laut.

      Von dem Kiosk her lächelten nun drei Ausgaben einer etwa dreißigjährigen Lottie verführerisch und in makaberem Kontrast zu den dicken Trauerrändern zu ihnen herüber.

      Verdammte Hölle, dachte Monika.

      Sie wusste wirklich nicht, ob Idriss Einwände erheben würde, nicht einmal, ob die Hölle zum muslimischen Weltbild dazu gehörte, und wenn ja, ob es verboten war, dieses Wort auszusprechen.

      Idriss blieb stehen und schaute Lottie ins Gesicht. Ein Gesicht mit heruntergezogenem Hut und sichtbarem Atem, eins mit in der Sonne leuchtenden Haaren, die im Wind eines vergangenen Sommers wehten.

      »Verflucht«, sagte er nachdrücklich und fügte dann eilig hinzu: »Oder, Verzeihung... vielleicht bist du ja religiös?«

      Monika prustete los, ihre erste spontane Reaktion seit diesem Morgen. Es war befreiend.

      »Nein, aber ich dachte, du vielleicht, und deshalb habe ich nicht gewagt meine Gedanken laut auszusprechen. Wie, zum Teufel, konnte das nur passieren? Wir ‒ wir müssen eine Zeitung kaufen, und dann können wir auch gleich einen Happen essen. Ich hoffe, Eva-Maria muss das nicht lesen, ehe ich sie erreicht habe ‒ aber woher weiß die Zeitung jetzt schon, dass es Lottie war? Und sie müssen doch auch noch die Zeit gehabt haben, den Text zu schreiben, Bilder herauszusuchen und all das.«

      Obwohl sie nur einige Minuten im Freien verbracht hatten, drang die Kälte bereits durch ihre Kleidung und die Schuhsohlen, sodass sie dankbar den warmen Kiosk betraten. Sie kauften eine Zeitung, zwei überteuerte belegte Brote und Kaffee.

      Monika zog ihr Telefon hervor und wählte Eva-Marias Nummer, ohne jedoch damit zu rechnen, jemanden anzutreffen. Eva-Maria war sicher bei der Arbeit, und Monika wusste nicht, wo das war.

      Sie fuhr leicht zusammen, als gleich nach dem ersten Klingeln eine Stimme sagte: »Moussaoui.«

      Die Stimme klang müde und so traurig, dass Monika sich fragte, ob sie wohl schon Bescheid wusste. Bestimmt hatten irgendwelche Bekannten die Schlagzeilen gesehen und sofort angerufen.

      »Hier spricht Polizeiinspektorin Monika Pedersen von der Kriminalpolizei City. Ich würde mich gern sofort mit Ihnen treffen.«

      Ein solcher Gesprächsanfang konnte anderen Menschen eine Heidenangst einjagen, doch Eva-Maria stellte nicht einmal eine Frage.

      »Es geht um Ihre Mutter, Lottie Hagman«, sagte Monika. »Wir können in einer guten halben Stunde bei Ihnen sein, ist Ihnen das recht?«

      Das war ihr recht, und Monika dachte kurz nach. Sie konnten die Brote im Auto essen, aber sie wollte noch den Artikel über Lottie lesen, und das ging nicht, wenn sie fahren musste. Sie beschloss eine Pause einzulegen, sich an einen der kleinen Tische zu setzen und das Brot zu essen, während sie sich einen Überblick über Lotties Leben verschaffte. Sie hoffte, dass sie diesen Entschluss nicht bereuen würde.

      Auf der Vorderseite der Zeitung war dasselbe Bild zu sehen wie auf den Plakaten. Mangels einer besseren Erklärung hatte die Zeitung beschlossen, dass Lottie vermutlich der blinden Gewalt zum Opfer gefallen war, es war vage die Rede von Bandenbildung, abwesenden Vätern und testosteronverstärkter Aggression. Das Textproblem war dadurch gelöst worden, dass es fast keinen gab, stattdessen hatte man systematisch das Bildarchiv geplündert. Die Zeitung brachte Bilder aus Filmen und aus ihrem Privatleben, falls in Lotties Fall überhaupt von einem Privatleben die Rede sein konnte ‒ Szenen aus Lotties erstem Film, in dem sie als unschuldiges Opfer in einem Psychothriller sämtliche Herzen betört hatte. Etwas weiter unten tauchte das erste und einzige Bild von Eva-Maria auf. Es handelte sich um eine professionelle Aufnahme, die an einem Strand gemacht worden war, auf der Lottie einen äußerst knappen Badeanzug trug und einladend lächelte, während hinter ihr, nicht ganz deutlich zu erkennen, Eva-Maria mit einem abwartenden Ausdruck in ihrem alltäglichen Gesichtchen stand. Sie sah aus wie eine etwa dreijährige sommerblonde Statistin im Leben ihrer schönen Mutter.

      Monikas Mutter hatte ihre Enttäuschung darüber nie verbergen können, dass sie keine schöne Tochter bekommen hatte, eine langbeinige attraktive Tochter, die Geld und Ansehen erheiraten konnte. War Lottie ebenso enttäuscht gewesen wie Eva-Maria? Diese Frage war in ihr Bewusstsein gedrungen, ehe Monika sie abwehren konnte, doch sie verwarf sie sofort wieder. Sie hatte nicht vor, sich von diesen Menschen berühren zu lassen, sie hatte nicht vor ‒ sie hasste diesen Ausdruck —, sich selbst als Instrument zu benutzen. Normale, banale, nicht-introspektive Polizeiarbeit, dafür wurde sie bezahlt, und an diesem Tag wollte sie nicht mehr leisten als das.

      Sie versuchte, in dem verschlossenen Kindergesicht auf dem Bild eine Auskunft zu finden, doch es gelang ihr nicht.

      »Wie kann eine den Kontakt zu Mutter und Schwestern verlieren, die in derselben Stadt leben? Wie können sie einander einfach fallen lassen?«, fragte sie sich leise.

      Idriss, der ihr gegenüber saß, schien sich angesprochen zu fühlen und blickte von seiner Zeitung auf: »Das kommt sicher häufiger vor. Denk doch an all die Teenys und an die verschuldeten Familienväter, die abgetaucht sind, an die Frauen, die Männern aus dem Weg gehen müssen, wenn diese Männer nicht begreifen, dass die Beziehung zu Ende ist.«

      »Ich kann mir Lottie einfach nicht als eine so erbärmliche Mutter vorstellen. Und deine anderen Beispiele sind für unseren Fall sicher nicht relevant.«

      Was sie gemeint hatte, war die Tatsache, dass Töchter oft Familien verlassen, in denen sie schlecht behandelt werden, doch sie hatte nicht beabsichtigt, sich so unfreundlich anzuhören. Sie hatte mit Klagen über die schwedische Gesellschaft gerechnet, über die Kälte, mit der die Menschen in Schweden einander behandelten, und sie hatte zum Gegenschlag ausgeholt, obwohl der erwartete Angriff ausgeblieben СКАЧАТЬ