Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.
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Читать онлайн книгу Fluch der verlorenen Seelen - Darina D.S. страница 16

Название: Fluch der verlorenen Seelen

Автор: Darina D.S.

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Fluch der verlorenen Seelen

isbn: 9783969536155

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      »Noch mal die gleiche Übung«, verlangte er, während er seinen Körper von hinten nah an den ihren schmiegte. Amalias Hände zitterten, ihre Herzfrequenz stieg. Eindeutig zu nah! Julien berührte mit der rechten Hand ihre Finger, die den Griff fest umschlungen hielten. Seine linke Hand legte er an ihre Hüfte. Amalia spürte die Nähe seines Körpers, den heißen Atem auf ihrer Haut – was sie nur nervöser machte. Eine Gänsehaut vereinnahmte ihren gesamten Leib, sie war nicht mehr in der Lage sich zu konzentrieren. Als sie gemeinsam Schwung holten, um den horizontalen Schlag auszuführen, rutschte seine Hand zu ihren Rippen hoch. Amalia zuckte und schlug ihm dabei mit voller Wucht ihren Ellenbogen in den Bauch. Julien krümmte sich hinter ihr zusammen.

      »Oh, Julien, es tut mir so leid, ich … ich wollte das nicht!«, rief Amalia entsetzt über ihre eigene Reaktion.

      »Ist schon okay«, stöhnte er und richtete sich langsam, den Bauch haltend, auf. »Ich denke, das Schwert ist nicht deine Waffe, aber ich wüsste vielleicht was. Bitte warte kurz, ich hole Chris her«, sagte Julien und eilte beinahe fluchtartig zur Tür.

      Amalia schaute ihm wie ein Hund, der von seinem Herrchen ausgesetzt wurde, nach. Laut ausatmend sank sie auf die Knie und versuchte, jeden peinlichen Gedanken an das Missgeschick zu verdrängen. Sie wollte vom Erdboden verschluckt oder zum Mond geschossen werden, aber garantiert nicht mit einem anderen Jungen trainieren.

      »Aufstehen. Weiter geht’s. Unser Chris hier ist einer der Besten im Umgang mit dem Nunchaku.« Julien war zurück und zeigte auf den braunhaarigen Jungen neben sich, der etwas schmaler und kleiner als er selbst war.

      »Was ist denn bitte ein Nunchaku?«, fragte Amalia.

      »Na, das hier.« Chris lachte und streckte ihr die Waffe mit den rot verzierten langen Griffen, die mit einer Kette verbunden waren, entgegen.

      Amalia nahm das Würgeholz und inspizierte es misstrauisch. »Ich denke nicht, dass das was für mich ist.« Sie gab Chris die Waffe zurück.

      »Ach, Quatsch, probier es doch erst mal«, erwiderte der Junge und klopfte ihr Mut zusprechend auf die Schulter.

      »Ja, das schaffst du«, bestärkte Julien sie.

      Amalia richtete sich seufzend auf und ahmte Chris’ Bewegungen mit dem Nunchaku so gut wie möglich nach, jedoch bekam sie beim besten Willen kein Gefühl für diese Art von Waffe.

      Abgelenkt durch abruptes Öffnen der Tür flog ihr das Würgeholz wie ein Wurfgeschoss in diese Richtung davon. Freya wich dem Teil knapp aus, indem sie sich duckte. Dies galt allerdings nicht für Yato, der hinter ihr zur Tür hereinkam und so das Wurfgeschoss zu spät kommen sah. Er schrie laut auf und sackte gekrümmt zusammen. Sein Gesicht war knallrot, als er sich im Schritt haltend auf dem Boden wand.

      »Meine Kronjuwelen«, jammerte er in unerträglichem Leid.

      Chris kugelte sich vor Lachen, Julien schüttelte nur den Kopf und Freya rief:

      »Jetzt stell dich nicht so an, du brauchst die sowieso nicht.« Mitleidig klopfte sie ihm auf den Rücken und kicherte.

      Amalia wusste nicht, was sie machen sollte. Sie fühlte sich nutzlos. Warum musste sie diese Prozedur über sich ergehen lassen? Jeder Blinde sah, dass sie zu nichts taugte und keinerlei Talente besaß, besonders im Umgang mit Waffen. Vor lauter Verzweiflung stürmte sie an den anderen vorbei und rannte wie von Sinnen, bis sie atemlos in ihrem Zimmer stand. Sie zitterte am ganzen Leib. Amalia ballte die Hände zu Fäusten und grub ihre Nägel in die Handflächen. Sie schäumte vor Wut und eine Welle aus Scham überkam sie. Sich blamieren, das beherrschte sie, sei es in der Schule oder vor ihrer Pflegefamilie. Nie machte sie es jemandem recht. Amalia erinnerte sich noch sehr gut an das erste Referat, das sie vor der Klasse hatte halten müssen, bei dem sie keinen zusammenhängenden Satz hervorbrachte und ihre Mitschüler sie gnadenlos auslachten.

      Zornig warf sie sich auf das Bett, drückte ihr Gesicht ins Kissen und schrie. Sie brüllte so laut, sie konnte. Die weichen Daunen dämpften ihre Stimme und sie fühlte sich augenblicklich zurückversetzt in die Zeit bei ihren Pflegeeltern. Das war schon immer ein Ventil, um ihre Gefühle hinauszulassen. Sie schrie, bis die Stimmbänder versagten.

      Amalia fühlte sich außen vor. Es war, als würde sie nur ein Puzzleteil in der Hand halten, ohne das große Ganze zu sehen. Wohin gehörte sie? Zweifel keimten in ihr auf. War dies doch nicht der richtige Ort für sie? Die Menschen hier kannte sie nicht, sei es die rastlose Freya oder der undurchsichtige Julien und natürlich der Möchtegern-Cowboy mit deutsch-japanischem Namen. Amalia hatte genug von alledem, sie musste hinaus, etwas anderes sehen, bevor sie ihre düsteren Gedanken wieder einholten und in die Leere zogen. Sie wusste, wozu sie fähig war. Angst stieg in ihr auf, Angst die Klinge ein weiteres Mal in die Hand zu nehmen und die alten Wunden wieder zu öffnen. Sie schlug die Fäuste gegen das Kopfkissen und richtete sich unter Tränen auf. Die Erinnerung traf sie wie eine Welle und trug sie mit sich. Amalia spürte das Blut über ihre Haut rinnen, das Gefühl, wie ihr Körper sich wehrte und schließlich eine innere Ruhe, wie im Auge des Tornados, alles im Einklang. Die Bilder aus der Bibliothek mischten sich unter ihre Erinnerung an den Selbstmordversuch. Blut, sie roch es, sie sah es, sie würde darin ertrinken. Erschrocken schüttelte sie den Kopf. Hastig sprang sie auf und rannte ziellos aus ihrem Zimmer, egal wohin, nur weg von diesen Gedanken. Immer wieder schloss sie die Augen, hörte ihren rasenden Herzschlag, fühlte ihre bebenden Muskeln und spürte ihren gehetzten Atem.

      Plötzlich streifte sie ein lauer Windhauch. Blinzelnd sah sie sich um, sie war im Innenhof.

      Der rechteckige, weitläufige Platz wirkte malerisch, trotz der hohen Wände aus Backstein, die ihn umgaben. Der Rasen war gepflegt und die niedrige Hecke, die den Kiesweg flankierte, ordentlich geschnitten. Ein kleiner, einladender Pavillon aus dunklem Holz, an dessen Pfeilern sich Rosenranken schlängelten, zog Amalia magisch an. Sie schritt den Kiesweg entlang, Grillen zirpten klangvoll und begleiteten ihren Gang. Der Wind pfiff sanft durch das Holz des Pavillons und wiegte die Äste der Trauerweide im Wasser des Teichs dahinter. Die Abendsonne tauchte das kleine Paradies in dunkles Rot. Kois in verschiedenen Farben tummelten sich in dem großen Teich. Wie hypnotisiert schaute Amalia dem regen Gewusel im Wasser zu. Warum? Wozu das Waffentraining? Hing das mit den Groohls zusammen? Seufzend ließ sie sich auf dem kleinen Bänkchen im Pavillon nieder.

      Unter unvorstellbaren Qualen raffte Yato sich wieder auf. Kurz nachdem Amalia sich auf und davon gemacht hatte, setzte sich Freya zu Julien, der sich bereits auf den Boden bequemt hatte. Beide lehnten an der Wand und unterhielten sich.

      »Oh, ich kann das Leiden Christi nicht länger mitanschauen. Jetzt krieg dich mal wieder ein!«, rief Freya genervt.

      »Du hast keine Ahnung, wie Mann sich da fühlt.« Yato blickte sich wehleidig um. »Wo ist sie hin?«

      »Schon vor einer Weile gegangen, so wie Chris ebenfalls.« Julien kreuzte die Beine zum Schneidersitz.

      »Was? Das gibt Rache! Sie hat sich nicht einmal entschuldigt!«, motzte Yato und lief gekrümmt zu den anderen.

      »Jungs, euch ist schon klar, dass Amalia keine Erfahrung mit Waffen hat. Und habt ihr Mal daran gedacht, dass sie die ganze Situation überfordert?«, merkte Freya an. Schweigen legte sich über die kleine Gruppe. Der Gedanke an Rache verflog mit Freyas Worten. Yato erinnerte sich gut an seine Anfangszeit an der Akademie. Ohne Freya und vor allem Julien hätte er das nicht überstanden. Die Narben der Vergangenheit schmerzten ihn noch immer. Ein Schmerz, der nie vergehen würde. Zwar hatte er im Gegensatz zu Julien, Amalia und Freya seine Eltern noch, doch auf sie konnte er sich schon lange nicht mehr verlassen.

      »Ich СКАЧАТЬ