Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 176

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ auf den leb­lo­sen Kör­per und be­deck­te krampf­haft das star­re Ant­litz sei­ner Mut­ter mit Küs­sen; da­bei wein­te er so hef­tig, dass sei­ne Trä­nen wie große Was­ser­trop­fen über das Ge­sicht der To­ten roll­ten.

      Ma­da­me Ca­ra­van jr. fand es schick­lich, auch ih­rer­seits Trau­er zu be­zei­gen, und hin­ter ih­rem Man­ne ste­hend, stiess sie ver­schie­de­ne Seuf­zer aus, wäh­rend sie sich in auf­fal­len­der Wei­se die Au­gen wisch­te.

      Ca­ra­van, des­sen Ant­litz noch rö­ter war wie sonst, und des­sen dün­ne Haa­re in Un­ord­nung um sei­ne Stirn her­um­hin­gen, war in der Tat von auf­rich­ti­gem Schmerz aufs Tiefs­te er­grif­fen.

      »Aber sind Sie auch si­cher, Dok­tor … sind Sie ganz si­cher? …« wand­te er sich plötz­lich um. Der ehe­ma­li­ge Kran­ken­pfle­ger trat schnell wie­der her­an, und in­dem er den Kör­per mit ge­schäfts­mäs­si­ger Si­cher­heit be­tas­te­te, wie ein Kauf­mann, der eine Ware prü­fen will, sag­te er:

      »Hier, bes­ter Freund, be­trach­ten Sie das Auge.«

      Er schob die Au­gen­li­der zu­rück und un­ter sei­nen Fin­gern schi­en der Blick der al­ten Frau fast un­ver­än­dert, viel­leicht mit et­was grös­se­rer Pu­pil­le. Ca­ra­van gab es einen Stich ins Herz und ein Zit­tern über­fiel sei­nen gan­zen Kör­per. Herr Che­net er­griff den run­ze­li­gen Arm, öff­ne­te mit Ge­walt die Fin­ger und fuhr mit eif­ri­ger Mie­ne, als sei er auf Wi­der­spruch ge­stos­sen, fort:

      »Aber se­hen Sie sich doch nur ’mal die­se Hand an; sei­en Sie ru­hig, ich täu­sche mich nie­mals.«

      Ca­ra­van stürz­te sich von Neu­em ganz auf­ge­löst auf das Bett. Er brüll­te fast vor Schmerz, wäh­rend sei­ne Frau, im­mer lei­se schluch­zend, die not­wen­di­gen Vor­keh­run­gen traf. Sie schob das Nacht­tisch­chen her­an, auf dem sie eine Ser­vi­et­te aus­brei­te­te, stell­te vier Lich­ter dar­auf, die sie an­zün­de­te, nahm einen ge­weih­ten Buchs­baum­zweig hin­ter dem Spie­gel über dem Ka­min her­vor und steck­te ihn zwi­schen zwei Ker­zen in ein Glas, das sie mit Weih­was­ser an­füll­te.

      Als sie so die äus­se­ren Zu­rich­tun­gen ge­trof­fen hat­te, um der To­ten alle Ehre zu er­wei­sen, blieb sie ge­dan­ken­voll ste­hen. Der Dok­tor, wel­cher ihr bei ih­ren An­stal­ten ge­hol­fen hat­te, flüs­ter­te ihr zu:

      »Es wäre bes­ser, Ca­ra­van her­aus­zu­füh­ren.«

      Sie mach­te ein Zei­chen des Ein­ver­ständ­nis­ses, und in­dem sie sich ih­rem Man­ne nä­her­te, der auf den Kni­en lie­gend im­mer noch schluchz­te, griff sie ihm un­ter einen Arm, wäh­rend Herr Che­net ihn un­ter den an­de­ren nahm.

      Man setz­te ihn zu­erst auf einen Stuhl, und sei­ne Frau such­te ihm zu­zu­re­den, wäh­rend sie ihn wie­der­holt küss­te. Der Dok­tor un­ter­stütz­te ihre Be­mü­hun­gen. Er sprach von Er­ge­bung, Wil­lens­kraft, Man­nes­mut und al­lem, was man bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten an Zu­spruch ver­wen­det. Dann grif­fen ihn bei­de von Neu­em un­ter den Arm und führ­ten ihn her­aus.

      Er wein­te wie ein großes Kind, mit krampf­haf­tem Schluch­zen, völ­lig hilf­los, die Arme schlaff her­un­ter­hän­gend, wäh­rend sei­ne Knie schlot­ter­ten. Ohne zu wis­sen, was er tat, und ma­schi­nen­mäs­sig einen Fuss vor den an­de­ren set­zend, stieg er die Trep­pe her­un­ter.

      Man setz­te ihn in den Ses­sel, der noch im­mer am Ti­sche stand, vor sei­nen halb­lee­ren Tel­ler, in dem sich noch der Rest der Sup­pe be­fand. Da sass er nun, re­gungs­los, das Auge auf sein Glas ge­hef­tet, so auf­ge­löst, dass er nicht ’mal mehr einen kla­ren Ge­dan­ken zu fas­sen ver­moch­te.

      Ma­da­me Ca­ra­van sprach in ei­ner Ecke mit dem Dok­tor, er­kun­dig­te sich nach den not­wen­di­gen For­ma­li­tä­ten, und ließ sich al­ler­lei prak­ti­sche Ratschlä­ge ge­ben. Sch­liess­lich nahm Herr Che­net, der auf ir­gen­det­was ge­war­tet zu ha­ben schi­en, sei­nen Hut und woll­te sich ver­ab­schie­den, in­dem er er­klär­te, er habe noch nicht zu Abend ge­ges­sen.

      »Wie?« rief sie, »Sie ha­ben noch nicht zu Abend ge­ges­sen? Aber blei­ben Sie doch bei uns, Herr Dok­tor, blei­ben Sie doch! Sie müs­sen mit dem vor­lieb neh­men, was wir ha­ben; Sie wis­sen ja, ein großes Di­ner gibt es nicht bei uns.«

      Er lehn­te ab und bat, ihn zu ent­schul­di­gen. Aber sie be­stand dar­auf:

      »Wa­rum wol­len Sie nicht blei­ben? Man ist in sol­chen Au­gen­bli­cken glück­lich, einen Freund bei sich zu ha­ben. Und viel­leicht kön­nen Sie mei­nem Man­ne zu­re­den, sich et­was zu stär­ken. Er hat sei­ne Kräf­te jetzt dop­pelt not­wen­dig.«

      »Wenn es denn sein muss, Ma­da­me, so neh­me ich dan­kend an«, sag­te der Dok­tor, in­dem er un­ter ei­ner Ver­beu­gung sei­nen Hut wie­der ab­leg­te.

      Sie gab Ro­sa­lie, die ganz aus dem Häu­schen war, al­ler­hand Be­feh­le und setz­te sich dann selbst mit an den Tisch, »um we­nigs­tens so zu tun, als ob sie ässe, und um dem ›Herrn Dok­tor‹ Ge­sell­schaft zu leis­ten.«

      Man nahm zu­nächst die auf­ge­wärm­te Sup­pe, von der Herr Che­net sich noch einen zwei­ten Tel­ler er­bat. Dann er­schi­en eine Plat­te Lyo­ner Sala­mi wel­che einen star­ken Knob­lauch-Ge­ruch ver­brei­te­te, und von der auch Ma­da­me Ca­ra­van kos­te­te.

      »Aus­ge­zeich­net!« sag­te der Dok­tor.

      »Nicht wahr«, lä­chel­te sie. »Nimm doch auch et­was, mein ar­mer Al­fred«, wand­te sie sich an ih­ren Mann, »nur um et­was im Ma­gen zu ha­ben. Den­ke, dass Du noch die Nacht vor Dir hast.«

      Er reich­te me­cha­nisch sei­nen Tel­ler hin, wie er sich zu Bett ge­legt ha­ben wür­de, wenn man es ihn ge­heis­sen hät­te; denn er folg­te in al­lem ganz ge­dan­ken­los, zu kei­nem Wi­der­stan­de fä­hig. So ass er auch.

      Der Dok­tor, der sich selbst half, griff drei­mal zu der Schüs­sel, wäh­rend Ma­da­me Ca­ra­van von Zeit zu Zeit mit der Ga­bel ein großes Stück her­aus­fisch­te und es sich ge­dan­ken­los in den Mund schob.

      Als hier­auf eine Salat­schüs­sel voll Mac­caro­ni er­schi­en, mur­mel­te der Dok­tor:

      »Tau­send, da kommt ’was Le­cke­res.«

      Und Ma­da­me Ca­ra­van leg­te die­ses Mal al­ler Welt vor; sie füll­te so­gar die Näp­fe der Kin­der da­mit, wel­che bei der man­geln­den Auf­sicht den Wein un­ver­mischt tran­ken und sich be­reits un­ter dem Ti­sche wie­der mit Fuss­trit­ten be­ar­bei­te­ten.

      Herr Che­net er­in­ner­te sich an Ros­si­ni’s Vor­lie­be für die­se ita­lie­ni­schen Ge­rich­te.

      »Halt!« sag­te er plötz­lich, »habe ich da einen schö­nen Reim! man könn­te ein gan­zes Ge­dicht dar­aus ma­chen:

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