Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac страница 162

Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

isbn:

СКАЧАТЬ er­tra­gen soll­ten, be­dau­er­te sie, kein Bu­kett zu ha­ben; ich hol­te ihr die Blu­men und brach­te ihr da­mit mein Le­ben und mein gan­zes Ver­mö­gen dar. Ich emp­fand Reue und Ver­gnü­gen zu­gleich, als ich ihr den Strauß brach­te, des­sen Preis mich lehr­te, wie kost­spie­lig die ober­fläch­li­che Galan­te­rie der vor­neh­men Welt ist. Bald dar­auf klag­te sie über den auf­dring­li­chen Duft des me­xi­ka­ni­schen Jas­mins; als sie den Saal er­blick­te, pack­te sie ein un­er­träg­li­cher Wi­der­wil­le, und als sie auf der har­ten Bank Platz ge­nom­men hat­te, mach­te sie mir Vor­wür­fe, daß ich sie dort­hin ge­führt hat­te. Was scher­te es sie, daß sie mit mir zu­sam­men war; sie woll­te ge­hen, und sie ging. Näch­te­lang hat­te ich nicht ge­schla­fen, zwei Mo­na­te mei­ner Exis­tenz ver­schwen­det und kei­ne Gna­de vor ih­ren Au­gen ge­fun­den! Nie war die­ser Teu­fel an­mu­ti­ger und lieb­lo­ser ge­we­sen. Un­ter­wegs, als ich ne­ben ihr in dem en­gen Coupé saß, at­me­te ich ih­ren Atem, be­rühr­te ih­ren par­fü­mier­ten Hand­schuh, sah all die Herr­lich­kei­ten ih­rer Schön­heit, spür­te einen sü­ßen Duft wie von Schwert­li­li­en: ganz ein Weib und ganz und gar kein Weib. In die­sem Au­gen­blick zuck­te es wie ein Blitz durch mei­ne See­le, und ich schau­te in die Tie­fen die­ses ge­heim­nis­vol­len Da­seins. Ich dach­te an das jüngst er­schie­ne­ne Buch ei­nes Dich­ters, ein wah­res Kunst­werk, wie nach der Sta­tue des Po­ly­klet ge­schaf­fen. Ich glaub­te je­nes Un­ge­heu­er vor mir zu se­hen, das bald als Of­fi­zier ein feu­ri­ges Roß bän­digt, bald als jun­ges Mäd­chen sich her­aus­putzt und sei­ne Lieb­ha­ber zur Verzweif­lung treibt, bald selbst als Lieb­ha­ber eine sanf­te und ehr­ba­re Jung­frau ins Elend stürzt. Da ich Fœ­do­ra nicht mehr an­ders ent­rät­seln konn­te, er­zähl­te ich ihr die­se phan­tas­ti­sche Ge­schich­te; nichts je­doch ver­riet ihre Ähn­lich­keit mit die­ser Dich­tung des Un­mög­li­chen, sie fand ganz treu­her­zig ih­ren Spaß dar­an, wie ein Kind an ei­nem Mär­chen aus Tau­send­und­ei­ner Nacht. – ›Wenn Fœ­dora‹, sag­te ich auf dem Nach­hau­se­weg zu mir, ›der Lie­be ei­nes Man­nes in mei­nem Al­ter, dem zün­den­den Feu­er, das von See­le zu See­le springt, wi­der­ste­hen kann, muß sie un­ter dem Schutz ir­gend­ei­nes Ge­heim­nis­ses ste­hen. Vi­el­leicht ist sie von Krebs be­fal­len, wie Lady De­la­cour?38 Wie auch im­mer, sie führt ein künst­li­ches Le­ben.‹ Bei die­sem Ge­dan­ken über­lief es mich kalt. Und nun er­sann ich den aus­ge­fal­lens­ten und zu­gleich ver­nünf­tigs­ten Plan, auf den ein Lie­ben­der je ver­fal­len ist. Um den Kör­per die­ser Frau zu prü­fen, wie ich ih­ren Geist er­forscht hat­te, um sie end­lich ganz ken­nen­zu­ler­nen, be­schloß ich, ohne ihr Wis­sen eine Nacht in ih­rem Haus, in ih­rem Schlaf­ge­mach zu­zu­brin­gen. Die­ses Un­ter­neh­men, das mir an der See­le nag­te, wie Rach­sucht am Her­zen ei­nes kor­si­schen Mön­ches, führ­te ich fol­gen­der­ma­ßen durch. An ih­ren Empfangs­ta­gen hat­te Fœ­do­ra eine so zahl­rei­che Ge­sell­schaft bei sich, daß es dem Por­tier un­mög­lich war, ge­nau fest­zu­stel­len, ob alle Gäs­te auch wie­der fort­gin­gen. Si­cher, daß ich im Haus zu­rück­blei­ben konn­te, ohne Auf­se­hen zu er­re­gen, war­te­te ich un­ge­dul­dig auf die nächs­te Soirée der Com­tes­se. Beim An­klei­den steck­te ich als Er­satz für einen Dolch ein klei­nes eng­li­sches Fe­der­mes­ser in die Wes­ten­ta­sche. Wur­de es bei mir ge­fun­den, konn­te das klei­ne Ding, das zum Hand­werks­zeug ei­nes Schrift­stel­lers ge­hör­te, kei­ner­lei Ver­dacht er­re­gen; da ich in­des­sen nicht wuß­te, wie weit mich mein ro­man­ti­scher Ent­schluß füh­ren konn­te, woll­te ich be­waff­net sein. Als die Sa­lons sich zu fül­len be­gan­nen, ging ich in das Schlaf­zim­mer, um die Si­tua­ti­on dort zu er­kun­den, und fand die Ja­lou­si­en und Fens­ter­lä­den ge­schlos­sen, was ich als glück­li­ches Omen deu­te­te. Da die Zofe kom­men konn­te, um die Vor­hän­ge an den Fens­tern her­un­ter­zu­las­sen, lös­te ich die Hal­ter selbst; frei­lich war die­se Vor­weg­nah­me häus­li­cher Vor­keh­run­gen ris­kant, doch sah ich den Ge­fah­ren mei­ner Lage ge­faßt ins Auge und hat­te sie kalt­blü­tig ein­kal­ku­liert. Ge­gen Mit­ter­nacht ver­barg ich mich in ei­ner Fens­ter­ni­sche. Da­mit man mei­ne Füße nicht se­hen konn­te, ver­such­te ich, mich mit dem Rücken ge­gen die Wand auf die Leis­te der Tä­fe­lung zu stel­len, wo­bei ich mich am Fens­ter­rie­gel fest­hielt. Nach­dem ich mein Gleich­ge­wicht aus­pro­biert, mei­ne Stütz­punk­te und den Raum zwi­schen mir und den Vor­hän­gen ge­prüft hat­te, ge­lang es mir, mich an mei­ne schwie­ri­ge Stel­lung zu ge­wöh­nen, so daß ich dort un­ent­deckt ver­har­ren konn­te, wenn kein Krampf, kein Hus­ten und kein Nie­sen da­zwi­schen kam. Um mich nicht un­nütz an­zu­stren­gen, blieb ich auf dem Fuß­bo­den ste­hen bis zu dem kri­ti­schen Au­gen­blick, in dem ich hän­gen muß­te, wie die Spin­ne in ih­rem Netz. Der wei­ße Moiré und der Mus­se­lin der Vor­hän­ge war­fen tie­fe Fal­ten vor mir und gli­chen Or­gel­pfei­fen, in die ich mit mei­nem Mes­ser Lö­cher schnitt, um ver­mit­telst die­ser Art Schieß­schar­ten al­les zu se­hen. Aus den Sa­lons drang ge­dämpft das Ge­läch­ter und Stim­men­ge­wirr der Plau­dern­den zu mir her­über. Die­ser ver­wor­re­ne Lärm, das dump­fe Hin und Her wur­de all­mäh­lich schwä­cher. Ei­ni­ge Her­ren ka­men ihre Hüte ho­len, die un­mit­tel­bar ne­ben mir auf der Kom­mo­de der Com­tes­se ab­ge­legt wa­ren. Wenn sie die Vor­hän­ge streif­ten, über­lief mich ein Schau­der, da ich an die Zer­streut­heit und das wahl­lo­se Um­her­su­chen von Men­schen dach­te, die es ei­lig ha­ben fort­zu­kom­men und dann al­les durch­stö­bern. So wer­te­te ich es als ein gu­tes Zei­chen, daß kein sol­ches Miß­ge­schick ein­trat. Den letz­ten Hut hol­te ein al­ter Ver­eh­rer Fœ­do­ras, der sich al­lein glaub­te, einen Blick auf das Bett warf und einen schwe­ren Seuf­zer aus­stieß, dem ein un­ver­ständ­li­cher, aber recht ener­gi­scher Aus­ruf folg­te. Die Com­tes­se, die in dem Bou­doir ne­ben ih­rem Schlaf­zim­mer nur noch fünf oder sechs enge Freun­de bei sich hat­te, schlug ih­nen vor, dort den Tee ein­zu­neh­men. Es misch­ten sich nun­mehr die Ver­leum­dun­gen, für die sich die heu­ti­ge Ge­sell­schaft das biß­chen Glau­ben, was ihr noch ge­blie­ben ist, be­wahrt hat, die Sti­chel­re­den, die wit­zi­gen Ur­tei­le mit dem Ge­klap­per der Tas­sen und Löf­fel. Ohne je­des Er­bar­men mit mei­nen Ne­ben­buh­lern er­reg­te Ras­ti­gnac mit sei­nen bei­ßen­den Be­mer­kun­gen schal­len­des Ge­läch­ter. – ›M­on­sieur de Ras­ti­gnac ist ein Mann, mit dem man es nicht ver­der­ben dar­f‹, sag­te die Com­tes­se la­chend.

      ›Das will ich mei­nen‹, er­wi­der­te er un­be­fan­gen. ›In mei­nem Haß habe ich im­mer recht ge­habt. In mei­nen Freund­schaf­ten üb­ri­gens auch‹, füg­te er hin­zu. ›Mei­ne Fein­de sind mir viel­leicht eben­so dien­lich wie mei­ne Freun­de. Ich habe die mo­der­ne Aus­drucks­wei­se und die na­tür­li­chen Knif­fe, de­rer man sich be­dient, um al­les an­zu­grei­fen oder al­les zu ver­tei­di­gen, be­son­ders ein­ge­hend stu­diert. Re­de­ge­wandt wie ein Mi­nis­ter zu sein ist eine so­zia­le Ver­voll­komm­nung. Ist ei­ner Ih­rer Freun­de geist­los, he­ben Sie sei­ne Ehr­lich­keit und sei­nen Frei­mut her­vor. Ist das Werk ei­nes an­de­ren schwer­fäl­lig, de­kla­rie­ren Sie es als ge­wis­sen­haf­te Stu­die. Ist das Buch schlecht ge­schrie­ben, lo­ben Sie sei­nen Ide­en­ge­halt. Je­mand ist un­zu­ver­läs­sig, un­be­stän­dig, nie beim Wort zu neh­men, nun, hei­ßen Sie ihn ver­füh­re­risch, blen­dend, char­mant. Han­delt es sich aber um Ihre Fein­de, so wer­fen Sie ih­nen die To­ten und die Le­ben­den an den Kopf und keh­ren Ihre Spra­che ein­fach um, so ge­schickt Sie die Vor­zü­ge Ih­rer Freun­de ge­prie­sen ha­ben, so vir­tu­os stö­bern Sie die Feh­ler Ih­rer Fein­de auf. Die­se An­wen­dung СКАЧАТЬ