Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

isbn:

СКАЧАТЬ sich auf den ›jun­gen Mann‹ ver­stand und mich bis zu mei­ner Hei­rat be­hel­li­gen soll­te. Von die­sem Tage an brach ich mit dem mön­chi­schen, ar­beit­sa­men Le­ben, das ich drei Jah­re lang ge­führt hat­te. Ich ging flei­ßig zu Fœ­do­ra, wo ich die Maul­hel­den und die Sa­lon­lö­wen aus­zu­ste­chen such­te, die sich bei ihr ein­fan­den. Da ich mich nun für im­mer dem Elend ent­ron­nen glaub­te, er­lang­te ich mei­ne geis­ti­ge Frei­heit wie­der, stell­te mei­ne Ri­va­len in den Schat­ten und galt als ver­füh­re­ri­scher, blen­den­der, un­wi­der­steh­li­cher jun­ger Mann. Be­son­ders ge­witz­te al­ler­dings be­haup­te­ten von mir: ›Ein so geist­rei­cher jun­ger Mann kann Lei­den­schaft nur im Kopf ha­ben!‹ Und wohl­mei­nend rühm­ten sie mei­nen Geist auf Kos­ten mei­ner Ge­füh­le. ›Wie glück­lich er ist, nicht zu lie­ben!‹ rie­fen sie aus. ›Wä­re er, wenn er lieb­te, so hei­ter, so mit­rei­ßend?‹ Fœ­do­ra ge­gen­über frei­lich war ich ein ver­lieb­ter Trot­tel! Al­lein mit ihr, wuß­te ich nichts zu sa­gen, oder wenn ich sprach, schmäh­te ich die Lie­be; in­ner­lich trüb­se­lig, ge­bär­de­te ich mich lus­tig wie ein Höf­ling, der einen grau­sa­men Ver­druß zu ver­heh­len sucht. Kurz, ich be­müh­te mich, ih­rem Le­ben, ih­rem Glück, ih­rer Ei­tel­keit un­ent­behr­lich zu wer­den; tag­täg­lich bei ihr, ward ich ihr Skla­ve, ein Spiel­zeug, ihr stän­dig zu Wil­len. Nach­dem ich mei­nen Tag der­art ver­geu­det hat­te, kam ich nach Hau­se, um die Nacht durch­zu­ar­bei­ten und ge­gen Mor­gen kaum mehr als zwei oder drei Stun­den zu schla­fen. Doch da ich mich nicht, wie Ras­ti­gnac, auf das ›eng­li­sche Sys­tem‹ ver­stand, war ich bald ohne einen Sou. Da stand ich nun, mein Lie­ber, ein Geck ohne Ver­mö­gen, ein Stut­zer ohne Geld, ein Ver­lieb­ter ohne Na­men und sank wie­der in das küm­mer­li­che Le­ben zu­rück, in die kal­te, tie­fe Not, die ich un­ter dem trü­ge­ri­schen Schein von Lu­xus sorg­fäl­tig ver­barg. Es wa­ren mei­ne al­ten Lei­den, die ich aufs neue er­dul­de­te, we­ni­ger bren­nend frei­lich; wahr­schein­lich hat­te ich mich an ihre schreck­li­chen Kri­sen be­reits ge­wöhnt. Oft wa­ren Ku­chen und Tee, die in den Sa­lons so spar­sam dar­ge­reicht wer­den, mei­ne ein­zi­ge Nah­rung. Mit­un­ter muß­ten die üp­pi­gen Di­ners der Com­tes­se für meh­re­re Tage vor­hal­ten. Ich setz­te mei­ne gan­ze Zeit, mei­ne Kräf­te und mei­ne Beo­b­ach­tungs­ga­be dar­ein, den un­durch­dring­li­chen Cha­rak­ter Fœ­do­ras zu er­grün­den. Bis da­hin hat­ten Hoff­nung oder Verzweif­lung mei­ne Mei­nung be­ein­flußt, ich er­blick­te in ihr mal die lie­be­volls­te, mal die ge­fühl­lo­ses­te Ver­tre­te­rin ih­res Ge­schlechts. Aber die­ser Wech­sel von Freu­de und Nie­der­ge­schla­gen­heit wur­de un­er­träg­lich: ich woll­te die­sen fürch­ter­li­chen Kampf be­en­den, in­dem ich mei­ne Lie­be tö­te­te. Un­heil­kün­den­de Lich­ter blitz­ten oft in mei­ner See­le auf und wie­sen mir die Ab­grün­de, die zwi­schen uns klaff­ten. Die Com­tes­se recht­fer­tig­te alle mei­ne Be­fürch­tun­gen, noch nie hat­te ich Trä­nen in ih­ren Au­gen ge­se­hen; im Thea­ter ließ eine rüh­ren­de Sze­ne sie kalt oder reiz­te ih­ren Spott. All ihre Klug­heit diente nur ih­rer ei­ge­nen Per­son; frem­des Glück oder Un­glück nahm sie nicht wahr. End­lich sah ich ein, daß sie mich hin­ters Licht ge­führt hat­te. Glück­lich, ihr ein Op­fer brin­gen zu kön­nen, hat­te ich mich für sie bei­na­he er­nied­rigt; als ich mei­nen Ver­wand­ten, den Duc de Na­varr­eins, auf­such­te, einen egois­ti­schen Men­schen, der sich mei­ner Not­la­ge schäm­te und mir ge­gen­über zu sehr im Un­recht war, um mich nicht zu has­sen. Er emp­fing mich mit je­ner kal­ten Höf­lich­keit, wel­che je­des Wort und jede Ge­bär­de wie einen Schimpf er­schei­nen läßt; sein un­si­che­rer Blick er­reg­te mein Be­dau­ern. Ich schäm­te mich für ihn sei­ner Klein­lich­keit in all dem Glanz, sei­ner Arm­se­lig­keit in all dem Über­fluß. Er sprach mir von an­sehn­li­chen Ver­lus­ten, die ihm die drei­pro­zen­ti­ge Staats­ren­te ver­ur­sach­te; dann nann­te ich ihm den Grund mei­nes Be­suchs. Die Ver­än­de­rung in sei­nem Be­neh­men, das von Fros­tig­keit all­mäh­lich zu großer Lie­bens­wür­dig­keit über­ging, wi­der­te mich an. Kurz und gut, mein Freund, er be­such­te die Com­tes­se und stell­te mich dort ein­fach kalt. Fœ­do­ra ent­fal­te­te für ihn einen un­ge­ahn­ten Zau­ber; sie um­strick­te ihn völ­lig, ver­han­del­te mit ihm die mys­te­ri­öse An­ge­le­gen­heit, ohne daß ich ein Wort da­von er­fuhr; ich war ihr nur Mit­tel zum Zweck ge­we­sen! … Sie schi­en mich nicht mehr zu be­mer­ken, wenn mein Cou­sin bei ihr war; sie emp­fing mich dann viel­leicht mit ge­rin­ge­rer Freu­de als an dem Tag, da ich ihr vor­ge­stellt wor­den war. Ei­nes Abends de­mü­tig­te sie mich vor dem Duc de Na­varr­eins durch eine je­ner Ges­ten, einen je­ner Bli­cke, die man nicht in Wor­te fas­sen kann. Ich ging mit Trä­nen in den Au­gen fort; schmie­de­te tau­send Ra­che­plä­ne und er­wog, ihr Ge­walt an­zu­tun.