Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Название: Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

Автор: Honore de Balzac

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962815226

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СКАЧАТЬ ein kind­lich lau­ni­scher Flat­ter­geist. Arme Klei­ne! Ich wünsch­te ihr mein Glück. Im Au­gen­blick schi­en es mir, als trü­ge ich alle Se­lig­keit der Erde in mei­nem Her­zen, und ich hät­te den Un­glück­li­chen den Teil zu­rück­er­stat­ten mö­gen, den ich ih­nen zu steh­len glaub­te. Fast im­mer trifft ein Un­glück, das wir vor­au­sah­nen, ein; die Com­tes­se hat­te ih­ren Wa­gen weg­ge­schickt. Aus ei­ner je­ner Lau­nen, die schö­nen Frau­en meist selbst un­er­klär­lich sind, woll­te sie zu Fuß über die Bou­le­vards zum Jar­din des Plan­tes ge­hen. – ›A­ber es wird reg­nen‹, wand­te ich ein. Es ge­fiel ihr, mir zu wi­der­spre­chen. Zu­fäl­lig blieb es schön, so­lan­ge wir im Lu­xem­bourg spa­zie­ren­gin­gen. Als wir den Park ver­lie­ßen, fie­len aus ei­ner di­cken Wol­ke, de­ren Her­auf­zie­hen mich schon be­un­ru­higt hat­te, ei­ni­ge Re­gen­trop­fen, und wir nah­men einen Wa­gen. Doch hör­te der Re­gen auf, als wir auf den Bou­le­vards an­ge­langt wa­ren; der Him­mel hei­ter­te sich auf. Vor dem Mu­se­um woll­te ich den Wa­gen weg­schi­cken; Fœ­do­ra bat mich je­doch, ihn zu be­hal­ten. Wel­che Qua­len! Aber mit ihr zu plau­dern, wäh­rend ich einen ge­hei­men Aber­witz un­ter­drück­te, der sich auf mei­nem Ge­sicht wahr­schein­lich in ei­nem star­ren, al­ber­nen Lä­cheln spie­gel­te; durch den Jar­din des Plan­tes zu schwei­fen, die schat­ti­gen Al­leen zu durch­wan­dern und ih­ren Arm auf dem mei­nen zu füh­len, in all dem lag et­was un­ge­mein Phan­tas­ti­sches; es war ein Traum am hel­len Tage. Doch hat­ten ihre Be­we­gun­gen, ob wir nun gin­gen oder ste­hen­blie­ben, trotz ih­rer schein­ba­ren Sinn­lich­keit, nichts Hin­ge­ben­des und Sanf­tes. Wenn ich ver­such­te, mich ih­rem in­ne­ren Rhyth­mus ge­wis­ser­ma­ßen an­zu­glei­chen, stieß ich in ihr auf eine ver­bor­ge­ne Hef­tig­keit, et­was ei­gen­tüm­lich Ruck­haf­tes, Ex­zen­tri­sches. Frau­en ohne Herz ha­ben nichts Wei­ches, An­schmieg­sa­mes in ih­ren Be­we­gun­gen. Auch wa­ren wir we­der durch einen glei­chen Wil­len noch durch einen glei­chen Schritt ver­eint. Es gibt kei­ne Wor­te, um die­se kör­per­li­che Dis­har­mo­nie zwei­er We­sen wie­der­zu­ge­ben, denn wir sind noch nicht dar­an ge­wöhnt, aus der Be­we­gung einen Ge­dan­ken ab­zu­le­sen. Die­ses Phä­no­men un­se­rer Na­tur ist nur in­stink­tiv zu füh­len, es läßt sich nicht in Wor­te fas­sen.

      *

      In sol­chen Hoch­ge­füh­len mei­ner Lei­den­schaft«, fuhr Ra­pha­el nach ei­ni­gem Schwei­gen fort, als ob er auf einen Ein­wand, den er sich selbst ge­macht hat­te, ant­wor­te­te, »habe ich mei­ne Emp­fin­dun­gen nicht se­ziert noch mei­ne Lust­ge­füh­le ana­ly­siert, noch mei­ne Herz­schlä­ge be­rech­net, wie ein Geiz­hals sei­ne Gold­stücke prüft und wägt. O nein! Heu­te wirft die Er­fah­rung ihr trü­bes Licht auf die ver­gan­ge­nen Er­eig­nis­se, und die Erin­ne­rung treibt mir die­se Bil­der zu, wie Mee­res­flu­ten die Trüm­mer ei­nes Wracks bei schö­nem Wet­ter Stück für Stück ans Ufer schwem­men. – ›Sie kön­nen mir einen großen Dienst er­wei­sen‹, sag­te die Com­tes­se zu mir und schau­te mich ver­wirrt an. ›Nach­dem ich Ih­nen mei­ne Ab­nei­gung ge­gen die Lie­be ein­ge­stan­den habe, füh­le ich mich frei­er, im Na­men der Freund­schaft eine Ge­fäl­lig­keit zu er­bit­ten. Wäre es nicht weitaus ver­dienst­vol­ler‹, füg­te sie la­chend hin­zu, ›wenn Sie mich heu­te zu Dank ver­pflich­ten?‹ Ich warf ihr einen schmerz­li­chen Blick zu. Sie emp­fand nichts ne­ben mir, tat süß, aber ohne Lie­be; sie er­schi­en mir als eine vollen­de­te Schau­spie­le­rin. Dann er­weck­te plötz­lich ein Ton, ein Blick, ein Wort wie­der mei­ne Hoff­nung. Spie­gel­ten aber mei­ne Au­gen mei­ne wie­der­ent­flamm­te Lie­be, hielt sie dem Feu­er stand, ohne daß die Klar­heit ih­rer Au­gen sich trüb­te, denn wie bei de­nen ei­nes Ti­gers, schi­en ihr Un­ter­grund aus Me­tall zu sein. In sol­chen Mo­men­ten haß­te ich sie. ›Die Für­spra­che des Duc de Na­varr­eins‹, fuhr sie mit ein­schmei­cheln­dem Stimm­klang fort, ›wä­re mir von großem Nut­zen bei ei­ner in Ruß­land all­mäch­ti­gen Per­son, de­ren Ver­mitt­lung nö­tig ist, da­mit mir in ei­ner An­ge­le­gen­heit, die mein Ver­mö­gen und mei­ne Stel­lung in der Welt be­trifft, Ge­rech­tig­keit wi­der­fah­re, es geht um die Aner­ken­nung mei­ner Hei­rat durch den Za­ren. Ist nicht der Duc de Na­varr­eins Ihr Cou­sin? Ein Brief von ihm wür­de den Aus­schlag ge­ben.‹ – ›Ich ste­he zu Ihren Diens­ten‹, ant­wor­te­te ich ihr, ›be­feh­len Sie!‹ – ›Sie sind sehr lie­bens­wür­dig‹, sag­te sie und drück­te mir die Hand. ›Di­nie­ren Sie bei mir, ich wer­de Ih­nen al­les er­zäh­len wie ei­nem Beicht­va­ter‹. Die­se so miß­traui­sche, ver­schlos­se­ne Frau, von der noch nie­mand ein Wort über ihre An­ge­le­gen­hei­ten ver­nom­men hat­te, woll­te mei­nen Rat. ›Oh, wie ist mir jetzt das Schwei­gen teu­er, das Sie mir auf­er­legt ha­ben!‹ rief ich aus. ›Doch hät­te ich mir eine noch här­te­re Prü­fung ge­wünscht.‹ In die­sem Au­gen­blick ent­zog sie sich mei­nen trun­ke­nen Bli­cken nicht und ließ sich mei­ne Be­wun­de­rung ge­fal­len, sie lieb­te mich also! Wir lang­ten bei ihr an. Zum Glück reich­te der In­halt mei­ner Bör­se hin, den Kut­scher zu be­zah­len. Ich ver­brach­te den Tag bei ihr voll Won­ne, mit ihr al­lein; es war das ers­te­mal, daß ich ihr so nahe sein durf­te. Bis zu die­sem Tage hat­ten die Ge­sell­schaft, ihre läs­ti­ge Höf­lich­keit und ihr kal­tes We­sen uns im­mer ge­trennt, selbst bei ih­ren üp­pi­gen Di­ners; nun aber war ich bei ihr, als ob ich un­ter ih­rem Da­che leb­te, sie war so­zu­sa­gen mein. Mei­ne un­ge­zü­gel­te Phan­ta­sie spreng­te alle Fes­seln, lenk­te die Er­eig­nis­se des Le­bens nach mei­nen Wün­schen und ver­senk­te mich in die Se­lig­kei­ten ei­ner glück­li­chen Lie­be. Ich wähn­te mich schon als ih­ren Gat­ten, wäh­rend ich sie bei ih­ren klei­nen Be­schäf­ti­gun­gen be­wun­der­te; ich emp­fand so­gar Glück zu­zu­se­hen, wie sie ih­ren Schal und ih­ren Hut ab­leg­te. Sie ließ mich einen Au­gen­blick al­lein und kehr­te mit neu ge­rich­te­tem Haar zu­rück, be­zau­bernd. Für mich hat­te sie sich her­aus­ge­putzt. Wäh­rend des Es­sens er­wies sie mir un­zäh­li­ge Auf­merk­sam­kei­ten und ent­fal­te­te un­end­li­chen Lieb­reiz in tau­sen­der­lei Din­gen, die nich­tig schei­nen und doch das hal­be Le­ben aus­ma­chen. Als wir bei­de auf sei­de­nen Pols­tern, von den be­geh­rens­wer­tes­ten Schöp­fun­gen ei­nes ori­en­ta­li­schen Lu­xus um­ge­ben, vor dem fla­ckern­den Ka­min­feu­er sa­ßen, als die­se Frau, de­ren be­rühm­te Schön­heit so vie­le Her­zen hö­her schla­gen ließ, mir so nahe war, als die­se so schwer zu er­rin­gen­de Frau mit mir plau­der­te, mir all ihre Ko­ket­te­rie zu­wand­te, wur­de mein wol­lüs­ti­ges Glück fast zum Schmerz. Un­glück­li­cher­wei­se fiel mir das wich­ti­ge Ge­schäft ein, das ich ab­schlie­ßen soll­te, und ich woll­te mich zu der tags vor­her ver­ab­re­de­ten Zu­sam­men­kunft be­ge­ben. – ›Wie! schon?‹ frag­te sie, als ich mei­nen Hut nahm. Sie lieb­te mich! Ich glaub­te es we­nigs­tens, als ich sie die­se zwei Wor­te mit zärt­li­cher Schmei­chel­stim­me sa­gen hör­te. Um mei­ne Ek­sta­se zu ver­län­gern, hät­te ich da­mals freu­dig zwei Jah­re mei­nes Le­bens für jede Stun­de hin­ge­ge­ben, die sie mir ge­wäh­ren woll­te. Mein Glück ver­tief­te sich mit all dem Geld, das ich ver­lor. Es war Mit­ter­nacht, als sie mich entließ. Am fol­gen­den Mor­gen in­des­sen kos­te­te mich mein He­ro­is­mus vie­le Ge­wis­sens­bis­se, ich fürch­te­te, das Ge­schäft mit den Me­moi­ren ver­patzt zu ha­ben, von dem al­les für mich ab­hing. Ich eil­te zu Ras­ti­gnac, und wir gin­gen, den Ti­tu­lar mei­ner künf­ti­gen Ar­bei­ten bei sei­nem Le­ver zu über­ra­schen.

      Fi­not las mir einen kur­z­en Ver­trag vor, worin von mei­ner Tan­te kei­ne СКАЧАТЬ