Название: Dr. Sonntag Box 3 – Arztroman
Автор: Peik Volmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Sonntag Box
isbn: 9783740970581
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Die neue Kollegin unterbrach den aufbrandenden Applaus.
»Danke, aber ich denke, dass ich mich zurecht finde. Ich komme aus der Tübinger Universitätsklinik und glaube nicht, dass ein Kreiskrankenhaus mich vor größere Herausforderungen stellen kann. Wer von Ihnen ist die Kollegin Schattenhofer?«
Die Überraschung, so unvermittelt angesprochen zu werden, stand Dagmar ins Gesicht geschrieben. Sie hob die Hand wie in der Schule.
»Na«, stellte die neue Ärztin fest, »worauf warten wir? Der Dienst beginnt um acht, nicht wahr! Gehen Sie bitte voraus. Ich folge Ihnen.«
So schnell, wie die Doktorin von der Tübinger Uni-Klinik den Saal betreten hatte, verließ sie ihn wieder und ließ eine Gemeinde zurück, die wie vom Donner gerührt da saß und bemüht war, des gerade Erlebte zu verarbeiten.
»Arme Dagmar«, äußerte Timon betroffen. »Hoffentlich bin ich zügig wieder voll einsatzfähig!«
»Kennt ihr diesen Dornröschen-Film, in dem die dreizehnte böse Fee mit einem Knall aus so einer violetten Wolke klettert und es nach Pech und Schwefel riecht?«, erkundigte Chris sich grinsend. »Ich hatte angenommen, dass es sich um ein Märchen handelte! Stellt euch vor, eine Frau bekommt gerade ihr Kind, und die kommt rein!«
*
Ja, die war in der Tat eine Anfechtung für Dagmar und Timon.
»Nett, dass Sie für mich einspringen, Frau Schickenreuth. Wissen Sie, ich hatte einen Schlaganfall, der mich doch deutlich zurückgeworfen hat. Obwohl es mir schon wieder deutlich besser geht!«
»Herr Kollege«, unterbrach die Medizinerin, »haben Sie vor, sich mir als Patient zur Behandlung vorzustellen?«
»Nein«, erwiderte Timon erstaunt.
»Dann ersparen Sie mir bitte Ihre Anamnese. Schwester Nasifa, wo ist die Aktie der nächsten Patientin?«
»Kommt sofort!«
»Aber die Patientin ist doch schon im Behandlungsraum! Wie kann es dann sein, dass die Akte noch nicht vorliegt? Ich darf Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass die Daten erfasst und für mich einzusehen sind, bevor die Untersuchung stattfindet. Ohne Kostenträger – keine Untersuchung oder Behandlung. So einfach ist das.«
»Constanze, brauchen Sie für Ihren nächsten Patienten das Ultraschallgerät noch?«
»Ich bevorzuge die Anrede ›Frau Schickenreuth‹, Frau Kollegin Schattenhofer. Ich halte es für den Ruf der Ambulanz für unerlässlich, dass wir uns mit der höchstmöglichen Professionalität – auch untereinander – verhalten.«
»Aber Timon und ich duzen uns doch auch!«
»Habe ich erkennen lassen, dass mich das irgendwie interessieren könnte? Es steht Ihnen frei, sich zu benehmen, wie Sie es für richtig erachten. Aber ziehen Sie bitte mich da nicht mit hinein.«
Dagmars Lippen formten tonlos das Wort ›Zickenreuth‹.
»Wie bitte?«
›Zickenreuth‹. Wieder gab Dagmar keinen Laut von sich.
Das konnte ja heiter werden.
Spiel mit dem Feuer
Es war wirklich besser geworden. Tassilo war eigentlich ziemlich glücklich und sogar dicht vor zufrieden. Er hatte allerdings kürzlich mit ein paar Kollegen zusammengesessen. Na ja, und wenn Männer so zusammensitzen – Pauli hatte ‘ne neue Flamme. Na schön. In seinem Alter war es nun wirklich kein Problem. Man kehrte bei einem Wirt ein auf eine Feierabend-Maß oder besuchte eins dieser unablässig stattfindenden Volksfeste. Und wenn man es darauf anlegte … Wirklich nichts war einfacher.
Jedenfalls hatte er sie, oder sie ihn – das ergab sich nicht so recht aus seiner Erzählung – abgeschleppt, und im Verlauf des Abends hatte sich eine Art Freizeitspaß für Erwachsene ergeben, den Pauli genussvoll noch einmal Revue passieren ließ. Selbstverständlich nahm er in seiner testosteronschwangeren Geschichte die Rolle des Helden ein, die Rolle des perfekten Liebhabers, der seiner Konkubine stundenlang sinnliche Genüsse bereitete, bis sie, japsend auf dem Rücken liegend, die weiße Fahne schwenkte und um Gnade bat. Ja, er war eben ein richtiger Kerl, der Pauli. Die Frage, ob er sie wiedersehen würde, fand er völlig überflüssig. Na klar! Eine Frau, die einmal in den Genuss seiner anatomischen Vorzüge und seines Talents, mit diesen umzugehen, gekommen war, kam immer zurück für mehr davon!
Das war bei ihm, Tassilo, leider wesentlich weniger spektakulär. Körperlich war er eher – ja, eher durchschnittlich.
Was stand auf den Toilettenschüsseln immer, gerade, als ob sie sich über ihn lustig machten? ›Ideal Standard‹. Und das mit dem ›stundenlang‹ … wie machten die anderen Männer das bloß? Was lief bei ihm falsch? Lag es an ihm? Dieser Dr. Wachs hatte doch gesagt, dass er völlig gesund war.
»Pauli! Pauli! Du, warte mal eben! Jetzt bleib doch mal stehen! Ich muss dich kurz was fragen!«
»Kollege, ich muss nach Hause! Ich muss meinen Rausch ausschlafen, sonst schaff ich es morgen nicht pünktlich zum Dreh!«
»Kannst du gleich. Ich wollte nur fragen: Du hast gesagt, dass du stundenlang kannst! Wie machst du das? Einfach so?«
Pauli schwankte erheblich, nach einigen Litern Bier zu viel. Mit seinem Zeigefinger drohte er spaßhaft seinem Kollegen.
»Na? Neidisch? Keine schöne Charaktereigenschaft!«
»Nicht neidisch. Aber ich möchte das auch einmal können!«
»Moment!«
Pauli nestelte eine kleine Plastiktüte aus seiner Jackentasche. Er schüttete den Inhalt auf seinen Handteller, ergriff einige der kleinen, blauen Tabletten mit der Rautenform, und ließ den Rest vorsichtig in das Behältnis zurückgleiten.
»Da!«
»Was ist das?«
»Aus dem Internet. Damit bringst du es voll!«
»Hat das nicht Nebenwirkungen?«
»Quatsch! Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich was genommen habe! Aber mein Mädchen hat es gemerkt! Und wie! Ihr – blaues Wunder, du verstehst?« Er lachte anzüglich.
Tassilo hatte die Pillen in das Kleingeldfach seines Portemonnaies gesteckt. Maria würde Augen machen. Und er wäre der Held. Endlich mal.
»Dank dir schön, Pauli! Bin ich dir was schuldig?«
»Ach … du weißt ja: Eine Leberkas-Semmel ist in Bayern noch immer ein gültiges Zahlungsmittel!«
*
Professor Antretter hatte zugestimmt. Chris und Philipp hatten sich auf längere Diskussionen eingestellt, aber der Chefarzt der gynäkologischen Abteilung zeigte sich eher aufgeschlossen.
»Werden Sie, meine Herren, denn auch Einfluss nehmen können, СКАЧАТЬ