Dr. Sonntag Box 3 – Arztroman. Peik Volmer
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Название: Dr. Sonntag Box 3 – Arztroman

Автор: Peik Volmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Dr. Sonntag Box

isbn: 9783740970581

isbn:

СКАЧАТЬ Sie mal verheiratet, Schwester Stefanie?«, erkundigte sich der Junge.

      »Warum willst du das wissen?« Er schaffte es immer wieder, sie zu verblüffen.

      »Ich dachte gerade, wer kümmert sich um Sie, wenn ich mal nicht kann?!«

      »Tja, vermutlich muss ich dann in eine Klinik gehen! Es ist ja auch nicht gesagt, dass so etwas immer wieder passiert. Netzhautblutungen habe ich schon häufig gehabt, allerdings war mir nicht bewusst, dass der Mist auch auf beiden Seiten gleichzeitig auftreten kann. Aber deshalb nun gleich heiraten … Das wäre dann doch übertrieben, findest du nicht? Außerdem bin ich für den Quatsch wirklich zu alt!«

      »Die Sekretärin meines Vaters hat geheiratet, und die ist schon 50!«

      »Und ich bin sogar schon 55! Nein, Lukas. Ich habe es bis zu diesem Punkt ohne Ehemann geschafft, und meine letzten Jahre will ich auch im Frieden verbringen!«

      »Ich bin ja auch noch da, wenn sie mich brauchen! – Waren Sie eigentlich mal verliebt?«

      Ach, Lorenz, dachte die Krankenschwester. Soll ich wirklich unsere Geschichte erzählen? Es ist die traurigste Geschichte der Welt. Aber dieser Junge würde sie verstehen, da bin ich ganz sicher.

      »Aha«, sagte Lukas.

      »Was – Aha?«

      »Sie waren also mal verliebt!«

      »Warum? Woher willst du das wissen?«

      »Sie haben eben so glücklich ausgesehen!«

      »Das macht die Erinnerung an das, was war, Lukas. Das ist das, was einem lange, so lange bleibt! Und die Vorstellung von dem, was hätte sein können. Aber das Leben ist leider kein Wunschkonzert!«

      »Was ist denn passiert?«

      »Ich war ein junges, hübsches Ding. Davon merkt man heute nicht mehr viel, aber vertrau’ mir, es war so. An Verehrern gab keinen Mangel. Aber damals waren die Zeiten anders. Es ging sehr viel strenger zu. Das man, wie heute, quer durch die Betten hüpfte, war damals undenkbar. Deswegen wies ich alle ab, die an mir Interesse zeigten, ich dumme Kuh. Ich hatte meinen Stolz. Der war allerdings ein schwacher Trost. Stolz wärmt nicht, Stolz macht kein Herzklopfen. Stolz nimmt dich nicht in den Arm, ist nicht liebevoll oder zärtlich. Stolz ist kalt und macht unnahbar.

      Einer versuchte es trotzdem bei mir. Ein hübscher junger Bursche, mit wilden, blonden Locken und Augen in einem Blau, das du dir nicht vorstellen kannst, und wenn du es noch so sehr versuchst. Wir hatten uns auf einem Dorffest kennengelernt. In Bruchteilen von Sekunden war ich verliebt, und ihm erging es nicht anders. Wir hatten nur noch Augen für einander. Er war stark, breitschultrig, zuverlässig. Wenn er lachte, leuchtete er. Wir tanzten einen Dreher miteinander!«

      »Einen Dreher?«

      »Ein Volkstanz. Wir sahen wunderbar aus, er in seinen Lederhosen, ich in meinem Dirndl. Die Leute applaudierten uns sogar. Irgendwann stellte er mich seinen Eltern vor. Großbauern in Josefstal waren die. Sie waren höflich zu mir. Aber sie verboten ihm den Umgang mit mir. Für ihn war eine Bauerstochter aus der Nachbarschaft vorgesehen, nicht eine kleine Krankenschwester, die keinen Grundbesitz hatte, und die außer dem Willen, ihrem Sohn eine gute Frau zu sein, nichts in die Ehe mitbrachte.

      Ich habe gekämpft. Aber gegen seine Mutter konnte ich nur verlieren. Ich weiß, dass ihm der Brief, in dem er mich bat, von ihm abzulassen, von ihr diktiert worden war. Dass er ihn weinend schrieb, weiß ich, weil an einigen Stellen seine Tränen die Tinte verwischten.

      Für mich brach eine Welt zusammen. Aber auch für ihn.«

      »Hat er die andere geheiratet?«

      Schwester Stefanies Augen glänzten verräterisch.

      »Eine Woche, nachdem ich Lorenz’ Brief erhalten hatte, fand man ihn am Spitzingsee. Er hatte das Jagdgewehr seines Vaters entwendet und seinem Leben ein Ende gesetzt.«

      Sie musste eine Pause machen, in der sie Gelegenheit hatte, sich wieder zu fangen.

      »Immerhin hat er mir die Treue gehalten, nicht wahr? Auf eine entsetzliche Art allerdings. Sein Vater starb vor Gram, einzig seine Mutter wurde steinalt und musste lange an ihrer Schuld tragen. Rate mal, wer sie bis zu ihrem Ende pflegte?«

      »War sie bei Ihnen im Dorotheenstift?«

      »Ganz genau. Aber wenn du glaubst, dass sie auch nur ein einziges Wort in meine Richtung gesagt hatte, ein Wort, auf Grund dessen ich sie hätte verstehen, ihr hätte vergeben können, täuschst du dich. Sie war ein bitterböses, reiches, altes Weib. Ihr Vermögen fiel an die Kirche, weil es niemanden mehr gab, dem sie es sonst hätte vererben können.«

      »Sie haben Ihrem Lorenz auch die Treue gehalten«, stellte der Junge sachlich fest.

      »Es blieb mir nichts anderes übrig«, lächelte Schwester Stefanie bitter. »Es gab keinen, der ihm auch nur im Entferntesten das Wasser hätte reichen können. Weißt du, Lukas, wenn man einmal dem Besten gegenüberstand, zum Greifen nah, dann will man sich mit dem Zweitbesten nicht mehr zufrieden geben. Und: Man vergleicht. Natürlich zieht der Andere gegenüber dem Einen immer den Kürzeren. Der Eine, den es nicht mehr gibt, hat ja auch den ungerechten Vorteil, dass er nichts mehr falsch machen kann. Er steht inmitten einer Gloriole auf seinem Podest, wie ein Heiliger. Gegen ihn kann jeder Andere nur verlieren.«

      »Das ist eine traurige Geschichte«, befand der Junge.

      »Es ist eine Geschichte, die einen wütend machen kann«, korrigierte sanft die Schwester. »Es ist eine Geschichte von Verschwendung und Dummheit. Verschwendung von Leben, von Jugend, von Schönheit, von Träumen und Hoffnungen. Dummheit durch Vorurteile, Gier, mangelnde Empathie. Mein Leben schwankte zwischen Wut und Tränen. Das hat mich hart, bitter und bösartig gemacht. Du bist der Erste, der dies nie zur Kenntnis zu nehmen schien. Zu dir konnte ich jede Bosheit sagen – du interpretiertest sie als Belehrung, die du sogar noch dankbar entgegennahmst. Du hast ein reines Herz. Bewahre es dir. Es ist dein größter Schatz.«

      Kinder fallen nicht vom Himmel

      »Verflixt und zugenäht!«

      »Was hat dich zu diesem extravaganten Ausbruch verleitet?«

      »Beschäftigt dich das nicht? Ich habe ehrlich in den letzten Tagen kaum einen anderen Gedanken fassen können – mit Ausnahme der Frage, ob die wunderbare Meißener Porzellan-Schale in der Vitrine oder auf dem Esstisch den besseren Eindruck macht.«

      »Vitrine, ganz klar. Stell’ dir vor, du schlägst sie beim Abwaschen gegen den Wasserhahn, und plötzlich ist ein Chip aus dem Goldrand herausgeschlagen!«

      »Ja und? Die Dinge sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Ich will es benutzen und mich daran erfreuen. Ich bin ja kein Museum. Ich lebe.«

      »Du hast recht«, sagte Philipp nach kurzer Überlegung. »Gerade die schönen Dinge sind zum Benutzen da. – Aber ich glaube, wir sind von deinem Thema abgekommen. Es geht um K-I-N-D-E-R«, buchstabierte er zwinkernd.

      Hannes runzelte die Stirn. »Hallo?«, rief er. »Ich habe Asperger, ich bin nicht taub! Glaubt ihr, dass ich aus sechs Buchstaben kein Wort zusammensetzen kann?«

      »Was denkst du denn darüber?«

      »Das СКАЧАТЬ