Konstantinopel 1453. Roger Crowley
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Название: Konstantinopel 1453

Автор: Roger Crowley

Издательство: Автор

Жанр: История

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isbn: 9783806242430

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СКАЧАТЬ Sie waren angenehm überrascht über den Empfang, der ihnen bereitet wurde. Mehmet zeigte sich vernünftig und zugänglich. Es heißt, er habe beim Propheten, dem Koran und den Engeln und Erzengeln geschworen, dass er »sich dem Frieden mit der Stadt und dem christlichen Kaiser verpflichtet fühle, solange er lebe«.4 Er versprach den Byzantinern sogar eine jährliche Zahlung aus den Steuereinnahmen einiger griechischer Städte im Struma-Tal, die eigentlich für Prinz Orhan bestimmt waren, den osmanischen Thronanwärter. Das Geld sollte für den Unterhalt Orhans verwendet werden, solange er in der Stadt festgehalten wurde.

      Den zahlreichen weiteren Gesandten wurden ähnliche Zusicherungen gegeben. Im September erneuerten die Venezianer, die Handelsinteressen in Edirne hatten, ihren Friedensvertrag mit Mehmet, während der serbische Despot Georg Brankovi durch die Rückkehr seiner Tochter besänftigt wurde, die mit Murat vermählt gewesen war, sowie durch die Rückgabe einiger Städte. Dafür verlangte Mehmet von Georg, ihn bei Verhandlungen mit den Ungarn zu unterstützen, die unter ihrem brillanten Führer, dem Regenten Johann Hunyadi, für die Osmanen die größte Gefahr aus dem christlichen Europa darstellten. Da Hunyadi zu Hause ebenfalls Aufsässige niederschlagen musste, willigte er in einen dreijährigen Friedensvertrag ein. Auch Gesandte von den Genuesen in Galata, von den Fürsten von Chios, Lesbos und Rhodos, aus Trapezunt, der Wallachei und Dubrovnik erreichten ähnliche Friedensgarantien zu annehmbaren Bedingungen. Im Herbst 1451 war man im Westen allgemein der Auffassung, dass Mehmet fest unter der Kuratel des friedliebenden Großwesirs Halil Pascha stehe und für niemanden eine Bedrohung darstelle – und anscheinend ließen sich auch in Konstantinopel viele Leute, die weniger wachsam oder erfahren waren als Sphrantzes, in Sicherheit wiegen. Die Könige und Potentaten der christlichen Welt wollten nur zu gern glauben, dass keine Gefahr drohe. Mehmet jedoch durchdachte sorgfältig, was er tat.

      Die Christen waren nicht die Einzigen, die Mehmets Willensstärke unterschätzten. Im Herbst 1451 versuchte der aufmüpfige Bey von Karaman abermals, den Osmanen einige Gebiete in Westanatolien zu entreißen. Er eroberte Festungen, setzte ehemalige Stammesführer wieder ein und stieß auf osmanisches Territorium vor. Mehmet schickte seine Generäle, um den Aufstand niederzuschlagen, und erschien auch selbst am Ort des Geschehens, nachdem er in Edirne die Friedensverträge unter Dach und Fach gebracht hatte. Die Revolte wurde rasch niedergeschlagen, und Mehmet kehrte wieder nach Hause zurück. In Bursa wartete eine weitere Kraftprobe auf ihn – diesmal ging sie von seiner eigenen Elitetruppe aus, den Janitscharen. »Sie standen bewaffnet zu beiden Seiten der Straße und riefen ihm zu: ›Dies war erste Feldzug unseres Sultans, und dafür sollte er uns die üblichen Zulagen bezahlen.‹«.5 Mehmet sah sich gezwungen, die Forderung zu erfüllen; zehn Säcke mit Münzen wurden unter den Meuterern verteilt, doch für Mehmet war dies eine entscheidende Herausforderung seiner Autorität, die er nicht hinnehmen wollte. Einige Tage später rief er den General der Janitscharen zu sich, tadelte ihn und enthob ihn seines Postens; mehrere Offiziere wurden auf ähnliche Weise bestraft. Dies war die zweite Revolte, die Mehmet erlebte, und er erkannte, dass er sich rückhaltlos auf die Janitscharen verlassen können musste, wenn die Eroberung von Konstantinopel gelingen sollte. Das Regiment wurde entsprechend umstrukturiert; er stockte es um 7000 Männer aus seiner eigenen Leibgarde auf und ernannte einen neuen General.

      Zur selben Zeit leiteten Konstantin und seine Berater eine Initiative in die Wege, die zeigte, wie wenig sie Mehmet verstanden hatten. Prinz Orhan, der einzige verbliebene osmanische Kronprätendent, saß noch immer in Konstantinopel; sein Unterhalt wurde aus den Steuermitteln bestritten, die der Sultan im Sommer der Stadt bewilligt hatte. Die Byzantiner schickten Abgesandte zu Halil in Bursa mit einer dringenden Bitte:

       Der Kaiser von Rom kann sich nicht einverstanden erklären mit der jährlichen Zuwendung von dreihunderttausend Aspern. Denn Orhan, der Eurem Herrscher gleichgestellt ist, ist nunmehr volljährig geworden. Jeden Tag scharen sich viele Menschen um ihn. Sie nennen ihn ihren Herrn und ihren Führer. Er selbst verfügt nicht über die Mittel, um sich großzügig zu erweisen gegenüber seinen Gefolgsleuten, daher wendet er sich an den Kaiser, doch dieser kann solchen Bitten nicht entsprechen, da es ihm an Geld mangelt. Daher ersuchen wir Euch: Entweder Ihr verdoppelt die Zuwendung, oder wir müssen Orhan freilassen.6

      Das war eine unverhohlene Drohung: Wenn der Sultan nicht mehr bezahlte, würde ein neuer Thronrivale auftauchen und das Reich in einen Bürgerkrieg stürzen.

      Es war ein klassisches Manöver. Die Ausnutzung von Rivalitäten in den Herrscherhäusern angrenzender Staaten war seit jeher ein Grundzug der byzantinischen Diplomatie gewesen. Dadurch hatte Byzanz Phasen militärischer Schwäche überspielt und sich den Ruf erworben, ein unübertrefflicher Meister der Ranküne zu sein. Die Osmanen hatte diese Taktik bereits unter Konstantins Vater Manuel II. kennengelernt, als die Dynastie beinahe zusammengebrochen wäre durch einen Bürgerkrieg, den der Kaiser geschickt geschürt hatte, eine Schlappe, an die sich Mehmet noch sehr gut erinnerte. Für Konstantin war Orhan offensichtlich ein Ass im Ärmel, vielleicht die einzige Karte, die er noch hatte, und er entschloss sich, sie auszuspielen. Unter den gegebenen Umständen war dies ein schwerer Fehler – und geradezu unerklärlich in Anbetracht der Tatsache, dass erfahrene Diplomaten wie Sphrantzes mit der Politik am osmanischen Hof wohl vertraut waren. Wahrscheinlich wurde dieser Schritt eher wegen der desolaten Staatsfinanzen unternommen, denn die Hoffnung, einen Aufstand anzetteln zu können, war wenig realistisch. Die Kriegspartei am osmanischen Hof sah darin jedoch eine Bestätigung ihrer Argumente, warum Konstantinopel erobert werden müsse. Fast schien es, als ziele der Vorstoß darauf, Halils Friedensbemühungen zu untergraben und die Position des Wesirs zu schwächen. Der alte Wesir erwiderte erzürnt:

       Ihr törichten Griechen, ich habe genug von euren finsteren Machenschaften. Der verstorbene Sultan hat euch wie ein nachsichtiger und pflichtbewusster Freund behandelt. Der jetzige Sultan ist anders gesinnt. Wenn sich Konstantin seinem kühnen und machtvollen Griff entwinden kann, dann nur deswegen, weil Gott über eure hinterhältigen und verschlagenen Ränke hinwegzusehen bereit ist. Ihr seid Narren, wenn ihr glaubt, ihr könntet uns erschrecken mit euren Hirngespinsten, und dies zu einem Zeitpunkt, da die Tinte unter unseren jüngsten Verträgen kaum trocken ist. Wir sind keine Kinder, die keine Kraft und keinen Verstand haben. Wenn ihr glaubt, ihr könntet Zwietracht säen, dann tut es. Wenn ihr Orhan in Thrakien zum Sultan ausrufen wollt, dann tut es. Wenn ihr die Ungarn über die Donau holen wollt, dann lasst sie kommen. Wenn ihr die Gebiete zurückerobern wollt, die ihr vor langer Zeit verloren habt, dann versucht es. Aber eines sollt ihr wissen: Ihr werdet mit keinem dieser Vorhaben weit kommen. Ihr werdet nichts erreichen, außer dass ihr das wenige auch noch verliert, das ihr noch besitzt.7

      Mehmet nahm die Nachricht ungerührt entgegen. Er verabschiedete die Gesandten »mit kühlen Worten« und versprach ihnen, dass er sich um die Angelegenheit kümmern werde, wenn er wieder in Edirne sei. Konstantin hatte ihm einen unschätzbaren Vorwand geliefert, sein gegebenes Wort zu brechen, wenn ihm die Zeit dafür günstig erschien.

      Auf dem Rückweg nach Edirne stellte Mehmet fest, dass er nicht wie gewünscht nach Gallipoli übersetzen konnte. Die Dardanellen waren durch italienische Schiffe blockiert. Daher zog er am Bosporus entlang zur osmanischen Festung Anadolu Hisari (»die anatolische Burg«), die sein Großvater Bajezit 1395 während seiner Belagerung der Stadt hatte erbauen lassen. An dieser Stelle verengt sich die Meerenge, die Asien von Europa trennt, auf 650 Meter. Hier ist der beste Ort, um das schnell fließende und tückische Gewässer zu überqueren, was schon der persische König Darios wusste, der hier vor 2000 Jahren mit einem Heer von 700.000 Mann auf einer Pontonbrücke aus Booten übersetzte. Während Mehmets kleine Flotte hin und her pendelte, um die Männer ans andere Ufer zu bringen, dachte der Sultan über den Bosporus nach und kam anscheinend zu einer Reihe von Schlussfolgerungen. Die Meerenge bildete eine Schwachstelle für die Osmanen: Man konnte nicht zum unangefochtenen Herrscher zweier Kontinente aufsteigen, wenn nicht gewährleistet war, dass man jederzeit von einer Seite zur anderen übersetzen konnte. Wenn er andererseits eine Möglichkeit finden konnte, den Bosporus unter seine Kontrolle zu bringen, würde er in der Lage sein, die Getreide- und Hilfslieferungen an Konstantinopel aus den griechischen Kolonien am Schwarzen Meer zu unterbinden und der Stadt die Zolleinnahmen zu entziehen, СКАЧАТЬ