Begegnungen mit Bismarck. Robert von Keudell
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Название: Begegnungen mit Bismarck

Автор: Robert von Keudell

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242683

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СКАЧАТЬ der Herzogtümer sei jedoch als eine unmittelbare Verstärkung der preußischen Macht nicht anzusehen. Im Gegenteil müßte sie unsere Kräfte nach mehr als einer Richtung, behufs Entwicklung unserer Marine und unserer nördlichen Defensivstellung, in einem Maße festlegen, welches durch den Zuwachs von einer Million Einwohner nicht ausgewogen würde. Durch diese Erwerbung sei aber die historische Aufgabe Preußens nicht erfüllt, sondern mit deren Erfüllung erst ein Anfang gemacht. Preußen sei berufen, durch engere Verbindung mit einigen anderen Staaten in Norddeutschland eine Macht zu schaffen, die stark genug wäre, um selbständige Politik zu treiben und nicht zur Anlehnung an die Ostmächte wie in den Jahrzehnten nach 1815 gezwungen zu sein.

      Im Interesse Frankreichs scheine zu liegen, eine solche Entwicklung mit Wohlwollen zu begleiten; denn würde sie durch Frankreich gehemmt, so wäre Preußen wieder darauf hingewiesen, in einer Koalition mit den Ostmächten Schutz zu suchen; während ein aufstrebendes Preußen immer einen hohen Wert auf die Freundschaft des westlichen Nachbars legen müßte.

      Der Kaiser bezeichnete die Anschauungsweise als ihm „vollkommen einleuchtend und sympathisch“. Um über die Zukunft der gegenseitigen Beziehungen sich zu verständigen, sei es nicht nötig, die Entwickelung der Dinge zu überstürzen, sondern ratsam, dieselbe abzuwarten und die Entschließungen der Lage anzupassen. Die Erwerbung von Schleswig-Holstein würde er empfehlen, durch irgendein Organ der Bevölkerung nachträglich sanktionieren zu lassen. Im Falle eines Konflikts in Deutschland sei ein Bündnis mit Oesterreich für ihn eine Unmöglichkeit. Einen Versuch dazu, den Metternich bei ihm kurz vor der Gasteiner Konvention machte, habe er abgelehnt.

      Nach alledem glaubte Bismarck im Kriegsfalle eine wohlwollende Neutralität Frankreichs für wahrscheinlich halten zu dürfen.

      Ueber die Erlebnisse seiner Reise und des Aufenthalts in Biarrits schrieb die Gräfin:

      Biarrits, 8. Oktober 1865.

      … Die Verstimmung über die hetzjagende Abreise überwand ich bald, als wir still im Coupee saßen und weiter und weiter durch die eisige Nacht hinflogen. Es war so kalt, daß wir alles, was von Decken und Mänteln vorhanden, in Bewegung brachten. Die Morgensonne beschien vor Düsseldorf und weiter hin schneeweiß bereifte Ebenen und der Wind wehte so kalt ins Coupee hinein, daß wir sehnend an Pelze dachten und sehr glücklich über den aufmerksamen Bahndirektor in Köln waren, der uns mit geheiztem Zimmer und Frühstück empfing. Ich ging mit Marie wieder einmal durch den Dom mit immer neuem Entzücken. Bald nach 9 Uhr sausten wir weiter und freuten uns fortwährend über den sehr warmen Tag und die sehr hübschen Gegenden, durch die wir flogen – mit denen ich die gleiche Ueberraschung erlebte wie in Schlesien, dem ich solche Schönheit gar nicht zugetraut. So wunderhübsch wie dort ist’s freilich nicht, aber doch sehr freundlich, voll Abwechselung und recht merkwürdiger Felspartien. Sie kennen es ja alles längst, also sage ich nur, daß ich viel mit Vergnügen hinausgeschaut und Witiko35 wenig las, den ich mir zu Bismarcks hoher Belustigung mitgenommen. Um 9 Uhr fuhren wir glücklich in Paris ein, wurden auf dem Bahnhof von Solms und Lynar empfangen, zum Hotel geleitet und nachher noch bis 11 Uhr spazieren geführt, die Boulevards entlang bis zur Place de la Concorde, Seinebrücke, Tuilleriengarten, Vendomesäule, Notre-Dame, Madeleine und Gott weiß welchen Herrlichkeiten. – Dann soupierten wir mit ihnen in irgendeinem Café und schließlich fanden wir die Ruhe um 1 Uhr. Aber welch ein Unterschied in der Temperatur! Wie kühl und frisch den Abend vorher in Berlin und wie sommerlich warm Abend und Nacht in Paris!

      Andern Tages sehr heiß; wir fuhren unter Lynars Schutz durch viele Straßen und durchforschten alle möglichen Läden, die wir aber sämtlich so theuer fanden, daß Berlin sehr hoch in unsrer Achtung stieg. Wir gingen und fuhren bis halb sechs Uhr und jagten um 8 Uhr weiter nach Süden im wundervollen Mondschein, waren aber so müde, daß wir uns nicht viel um mögliche schöne Gegenden kümmerten, sondern sehr bald einschliefen; und ich glaube wir verloren nicht viel, denn gegen Morgen sah es überall recht langweilig aus, so nach Jüterbog, Luckenwalde und dergleichen Sand- und Kiefernsteppen, was bis Bordeaux und drüber hinaus, fast bis Bayonne fortdauert, wobei ich den halben Witiko ausgelesen – recht weitläufig, der echte Ur-Stifter, aber doch nicht uninteressant. Hinter Dax bekommt Frankreich eine anziehendere Physionomie, sehr grün und freundlich, mit den Pyrenäen und dem Meer am Horizont, und bleibt so bis Biarrits. Zuerst war ich hier etwas enttäuscht über die Schattenlosigkeit und die kahlen Felsen all überall, da ich mir fest eingebildet hatte, Kastanienwälder, Feigengärten und allerlei wunderbare breitblättrige südliche Bäume und Pflanzen zu finden. Die Gegend ist durchaus nicht überwältigend schön – fällt ihr gar nicht ein –, aber das Meer und der Himmel unvergleichlich und die Luft so bezaubernd weich, so wunderbar belebend wie nichts wieder, und fortwährend so warm wie die herrlichsten Julitage in Homburg. Morgen, Mittag, Abend, Nacht – immer gleich köstlich –, man hat durchaus keine Idee von solcher Luft bei uns. Bismarck und Marie baden mit Leidenschaft und sind sehr wohl, gottlob – ich werde es vielleicht noch, so Gott will, augenblicklich ist’s nicht besonders. Anfangs war es sogar recht schlimm, nun geht es wieder so mittelmäßig schwächlich weiter.

      Von Goltz sehen wir wenig, da er fast immer zu Kaisers eingeladen ist. Der Kaiserin sind wir vorgestellt und damit ist’s nun gut. Sie reist bald ab und Goltz wohl auch. Ich hoffe, wir werden dann Savignys viel sehn, die gestern eingetroffen und recht angenehm sind. Wenn ich nur wieder erst ein bisschen mehr Athem habe, so wollen wir zusammen verschiedene Partien machen, wozu ich mich recht freue. Jetzt kann ich nur bis an den Strand hinunter oder mühsam einen kleinen Felsenhügel hinauf, um mich von der Seeluft durchwehen und stärken zu lassen – Gott gebe doch mit Erfolg! – Ich war in den ersten Tagen hier schrecklich verzagt, weil ich mich unbeschreiblich elend fühlte und mir einige Vorwürfe machte, dem armen Bismarck so viel zu kosten ohne jegliche Hoffnung auf Hilfe.

      Er ist heute zum Frühstück bei Ihro Majestät – schon seit drei Stunden dort. Ich finde höchst liebenswürdig und rücksichtsvoll, daß sie uns beide nicht befohlen; hoffe sie wirds auch nie thun. Die kaiserliche Villa liegt unserer höchst reizenden Wohnung gegenüber, hart am Strande, und wer gute Augen hätte, könnte die Frühstücksgesellschaft im Pavillon unaufhörlich beobachten … Grüßen Sie alles Liebe, was Ihnen in den Weg kommt, vor allen natürlich Lulu36 sehr … Marie und Bismarck grüßen viel und Letzterer läßt Ihnen sagen, er schwelgte in dem ungewohnten Genuß, keine Briefe zu bekommen.

      Biarrits, den 14. Oktober.

      … Jetzt ist der Hof abgereist, Goltz natürlich hinterher, auch Radowitz, der bei näherer Bekanntschaft recht gewinnt. So sind wir nun jeglicher gêne los und leben wie daheim, nur mit Savignys, sonst mit keinem. Mariechen hat sich noch eine russische Freundschaft besorgt, siebzehnjährig und ganz niedlich. Uns fehlt also gottlob nichts wie schönes Wetter, aber da das in Biarrits maßgebender ist wie sonst irgendwo, so fangen wir an, etwas katzenjämmerlich die Häupter hängen zu lassen über den dritten Regentag. Kalt ist es zwar immer noch nicht, im Gegentheil weht ein Zephir wie laues Wässerlein, aber der Regen ist zu schlimm hier und verstimmt uns ziemlich. Bismarck ist sehr einverstanden mit Ihrer Reise nach Schleswig – nur möchten Sie vorsichtig zu Werke gehn, bittet er, damit der Friedländer37 nicht gereizt werde, wozu er ja, wie Sie wissen, große Anlage hat, und ihn deßhalb auf Ihre Hinkunft in geeigneter Weise vorbereiten, ihm die Sache plausibel zu machen, so nett wie möglich. – Die Jagd bei dem Lauenburger Bernstorff Güldensteen tentiert Bismarck sehr und er hofft sicher, der liebenswürdigen Einladung im November folgen zu können, was Sie dem freundlichen Granden wohl gütig gelegentlich sagen, mündlich oder schriftlich. Von Reinfeld habe ich gute Nachricht – gottlob –, aber es friert gründlich dort und man heizt alle Zimmer … Ich möchte den einsamen Jungen gern einige Weintrauben zukommen lassen. Vielleicht ahnt der staatsministerielle Gärtner eine Traubenquelle in Potsdam, aus der man einen kleinen Kanal nach Reinfeld abzweigen könnte – wöchentlich für 1 Thaler; wenn Sie die große Güte hätten, dies zu besorgen, lieber Herr von Keudell, so würden Sie mir eine große Freude machen.

      … Bismarck hat 10-mal gebadet und es geht ihm gottlob sehr wohl. Ich könnte СКАЧАТЬ