Название: Begegnungen mit Bismarck
Автор: Robert von Keudell
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806242683
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Die österreichische Antwort (vom 7. Februar) brachte eine in Biegelebens hochmütigem Tone verfaßte kühle Ablehnung. Die Agitation in Holstein habe keinen revolutionären Charakter. Die Verpflichtung Oesterreichs, das anvertraute Pfand unverletzt zu bewahren, könne sich nur auf die ungeschmälerte Erhaltung der Substanz beziehen. Die Verwaltung von Holstein unterliege ausschließlich der Kompetenz der kaiserlichen Regierung; das Verlangen, über einen Akt dieser Verwaltung Rechenschaft zu erhalten, müßte entschieden zurückgewiesen werden.
Nach Empfang dieser Depesche erklärte Bismarck dem Grafen Karolyi in ruhigem Tone, Preußens Beziehungen zu Oesterreich hätten nunmehr den intimen Charakter der letzten Jahre verloren und seien auf denselben Stand zurückgekommen, auf dem sie vor dem dänischen Kriege waren; nicht besser, aber auch nicht schlechter als zu jeder andern Macht.
Eine schriftliche Erwiderung der österreichischen Depesche unterblieb.
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Nachdem im Juni 1865 das Abgeordnetenhaus sich unfähig gezeigt hatte, über Schleswig-Holstein irgendeine Ansicht durch Majoritätsbeschluß zum Ausdruck zu bringen, traten vereinzelte Symptome eines beginnenden Umschwungs der öffentlichen Meinung hervor.
Zu dem Abgeordnetentage, welchen der Frankfurter Ausschuß auf den 1. Oktober einberufen hatte, um den Gasteiner Vertrag für nichtig zu erklären, erschienen unter 272 Abgeordneten nur ein Oesterreicher und 8 Preußen, von denen 6 sich der Abstimmungen enthielten. Bekannte Parlamentarier wie Twesten und Mommsen hatten ihr Erscheinen mit der Begründung abgelehnt, daß sie an Beschlüssen nicht teilnehmen wollten, deren Spitze gegen die Machtentfaltung Preußens gerichtet sein würde.
In der badischen Kammer sagte der liberale Parteiführer Mathy gelegentlich, Bismarck „gefalle ihm mit jedem Tage besser“.
In weiten Kreisen des preußischen Volks schien man der fruchtlosen Redeübungen und Resolutionen überdrüssig und begann man einzusehen, daß der vielgeschmähte „Junker“ nach außen bedeutende Erfolge zu erringen und im Innern sparsam zu wirtschaften vermochte.
Das Abgeordnetenhaus aber zeigte beim Wiederzusammentreten am 15. Januar 1866 ein unverändert böses Gesicht. Der Präsident Grabow gab beim Beginn der Sitzungen der feindseligen Stimmung des Hauses wieder durch heftige Vorwürfe gegen die Staatsregierung Ausdruck. Auf Anregung Virchows empfahl eine Kommission, zu erklären, daß die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit der Krone Preußen rechtsungültig sei, solange nicht die verfassungsmäßige Zustimmung beider Häuser des Landtags erfolgt wäre.
Man bezog sich dabei auf Artikel 48 der Verfassung, wonach Verträge des Königs mit fremden Regierungen, „wenn dadurch dem Staate Lasten auferlegt werden“, zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern bedürfen; sowie auf Artikel 55, welcher lautet: „Ohne Einwilligung beider Kammern kann der König nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein.“
Bismarck wies (am 4. Februar) in längeren Ausführungen nach, daß der Ankauf von Lauenburg aus Privatmitteln Seiner Majestät des Königs dem Lande keinerlei Lasten auferlegt habe und daß ein deutsches Ländchen von dem Umfange Lauenburgs nicht als ein „fremdes Reich“ bezeichnet werden könne, ohne sich an der deutschen Sprache und Nationalität zu versündigen. Dann fuhr er fort:
„Daß die Personalunion dem Preußischen Staate Nachteil bringe, habe ich nicht behaupten hören; ich glaube im Gegenteil, sie bringt ihm mehr Vorteile, als ihm die Anwendung des Programms der Februarbedingungen, beispielsweise in Lauenburg, gebracht haben würde, und ich glaube, Sie zollten diesem Programme teilweise Ihre Anerkennung.
„Wäre es nicht, wenn es gelänge, Schleswig-Holstein zu einer Personalunion mit Preußen zu bringen, ein sehr viel erheblicherer Vorteil, als wenn wir bloß die Februarbedingungen dort durchführten? Wäre es nicht ein Vorteil, der bedeutender Opfer, der einiger Staatslasten sogar wert wäre?
„Wenn Ihnen aber, meine Herren, das System der Personalunion nicht gefällt, warum haben Sie es nicht früher gesagt? Ich habe ja im vorigen Jahre von dieser Stelle die dringendste Frage, ich kann wohl sagen die Bitte, an Sie gerichtet: Äußern Sie doch Ihre Ansicht über die Zukunft der Herzogtümer! Ich habe Sie gefragt: Sind Sie mit dem Programm der Februarbedingungen einverstanden? Wünschen Sie, daß es abgeändert, daß etwas hinzugesetzt werde, streben Sie z. B. nach der Personalunion? Ihre Antwort war ein Schweigen, welches ich kaum beredt nennen kann. Sie konnten sich nicht einmal entschließen, darauf zu sagen: wir beharren bei unserem Ausspruch von vor zwei Jahren, wir wünschen noch heute, daß der Prinz von Augustenburg in die Souveränität von Schleswig-Holstein eingesetzt wird.
„Meine Herren! Ich wiederhole diese Frage heute und in diesem Jahre an Sie. Noch ist es Zeit, zwar nicht über Lauenburg, da ist es zu spät, wohl aber in Betreff Schleswig-Holsteins, da sind Sie heut noch in der Lage, Ihrer Meinung und der des Volkes, welches Sie vertreten, Geltung zu verschaffen: so sprechen Sie doch im Namen des Volkes, was Ihre Ansicht über Schleswig-Holsteins Zukunft ist!“
„Interessiert Sie diese Frage gar nicht? Sie interpellieren uns darüber, Sie legen uns bei jeder Gelegenheit, bei jedem Schritte, den wir thun, Schwierigkeiten in den Weg; aber Sie verheimlichen Ihre eigene Meinung über die Frage sorgfältig.
„Nun, meine Herren, wenn Sie auch in diesem Jahre darüber schweigen, dann beklagen Sie sich auch nachher nicht, wenn wir auf die von Ihnen verschwiegene Meinung keine Rücksicht nehmen können.“
Diese Aufforderung hatte keinen Erfolg; der Kommissionsantrag aber wurde mit 251 gegen 44 Stimmen angenommen. Ebenso später zwei Resolutionen, betreffend eine Entscheidung des Obertribunals und einen polizeilichen Vorgang.
Diese drei Resolutionen wurden durch den Präsidenten dem Staatsministerium übersandt, von diesem aber wegen der darin enthaltenen Ueberschreitungen der Kompetenz des Hauses wieder zurückgeschickt. Von ferneren Beratungen der Abgeordneten war nach diesen Vorgängen Ersprießliches nicht zu erwarten; der Landtag wurde daher am 22. Februar geschlossen.
Bald darauf (am 28.) trat in Gegenwart des Königs und des Kronprinzen ein Ministerrat zusammen, welchem auch Graf Goltz sowie die Generale Moltke, Manteuffel und Gustav Alvensleben beiwohnten. Nur der Kronprinz und Bodelschwingh empfahlen wie im vorigen Jahre, Verständigung mit Oesterreich zu suchen. Alle anderen Anwesenden stimmten darin überein, daß in Schleswig-Holstein nicht nachzugeben und eine kriegerische Lösung als wahrscheinlich ins Auge zu fassen sei. Moltke entwickelte dabei die Ansicht, daß auf einen günstigen Erfolg mit einiger Sicherheit nur dann zu rechnen wäre, wenn Italien in den Krieg einträte. In diesem Falle würde Oesterreich nicht mehr als 240.000 Mann in Böhmen aufzustellen vermögen.
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Schon im Januar hatte Bismarck an Usedom geschrieben, daß der Zeitpunkt der Krise voraussichtlich näher heranrücke; der Grad der Sicherheit und der Umfang dessen, was wir von Italien zu erwarten hätten, würde von wesentlichem Einfluß auf unsere Entschließungen sein, ob wir nämlich es zur Krise kommen ließen oder uns mit geringeren Vorteilen begnügten. Die deutsche Frage ruhe einstweilen; bei weiterer Entwickelung der Beziehungen Oesterreichs zu den Mittelstaaten mit aggressiver Tendenz gegen Preußen könne jedoch leicht eine Wendung eintreten, welche den Bestand des СКАЧАТЬ