Название: Begegnungen mit Bismarck
Автор: Robert von Keudell
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806242683
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In Salzburg begegneten sich die Monarchen. Dort wurde bestimmt, daß der dem Kaiser besonders sympathische General Manteuffel in Schleswig und der vom Könige hochgeschätzte General Gablenz in Holstein die Verwaltung leiten sollten.
Am 21. fuhr der König, von Bismarck gefolgt, nach Ischl, um der Kaiserin einen Besuch abzustatten; Abeken und ich blieben in Salzburg.
Dann reiste Bismarck mit mir über München, wo er mit Pfordten, und Stuttgart, wo er mit Varnbüler konferierte, nach Homburg. Dort hielt sich Frau von Bismarck einer Kur wegen auf, begleitet von ihrer Tochter und Gräfin Fanny Keyserling31. Nach kurzem Verweilen trafen wir dann in Baden wieder mit Abeken zusammen, der inzwischen eine kleine Erholungsreise gemacht hatte.
Wie im Jahre vorher war unser Quartier in dem auch von dem Gesandten Grafen Flemming bewohnten Landhause. Dort gaben wir nach Anweisung des Ministers einem französischen Schriftsteller das Material zu einer Broschüre über die Gasteiner Konvention, welche dann bei Dentu in Paris erschien. Die französischen Zeitungen hatten die Gasteiner Abmachungen für eine Definitive gehalten und giftige Angriffe dagegen gerichtet; eine Aufklärung der öffentlichen Meinung in Frankreich schien dem Minister erwünscht.
Graf Goltz hatte zwar amtlich erklärt, der ganze Lärm sei gegenstandslos, da es sich nur um ein vielleicht kurzes Provisorium handele; der Minister Drouyn de Lhuys that aber nichts, um die Schreier zu beruhigen. Im Gegenteil richtete er (am 29. August) an die französischen Agenten im Auslande ein Cirkular, welches unsere Politik in unhöflichster Form verdammte. Dasselbe kam erst später, als wir schon wieder in Berlin waren, durch die belgische Presse zu unserer Kenntnis.
In Baden hatte Bismarck eines Abends große Freude an Joachims Geige, welche in Flemmings Wohnzimmer ein treffliches Streichquartett anführte.
24Am Tage der Abreise des Königs (25. August) gab Graf Rechberg dem Kollegen ein diplomatisches Diner, nach welchem der französische Botschafter Herzog von Gramont (Mémor: l’Allemagne nouvelle. Paris. Dentu. 1879, p. 148) von Bismarck folgende Worte über die Zukunft der österreichischen Monarchie gehört haben will: „Ce qui est allemand retournera tôt ou tard à l’Allemagne, c’est inévitable. Il n’est pas plus difficile de gouverner Vienne de Berlin que de gouverner Pesth de Vienne. Ce serait même beaucoup plus facile.“ Diese Aeußerungen find mehrfach reproduziert worden (s. z. B. Kohl, Regesten I, S. 238). Friedjung bezeichnet (I, S. 97) die ganze bezügliche Mitteilung als „mit Vorsicht hinzunehmen“. Ich war nicht Zeuge jener Unterhaltung und kann daher nicht kategorisch dementieren, halte mich aber für verpflichtet, die Ueberzeugung auszusprechen, daß Bismarck jene Aeußerungen nicht gethan haben kann. Denn in den neun Jahren seines täglichen Verkehrs mit mir habe ich oft genug von ihm gerade die entgegengesetzten Ansichten aussprechen hören, nämlich: die Deutsch-Oesterreicher würden niemals mit uns in einem Staatswesen verbunden werden können; schon allein die Existenz der Stadt Wien mache das unmöglich. Dieselbe Ueberzeugung ist auch in den „Gedanken und Erinnerungen“ ausgesprochen (Bd. II, S. 45). Ich darf übrigens daran erinnern, was den Zeitgenossen bekannt war, daß Bismarck, auch nach gelegentlichem Genuß schwerer Weine, sich immer bewußt geblieben ist, zu wem, wo und was er sprach. Nun hat er oft gesagt: Was einer im diplomatischen Corps weiß, pflegen bald alle zu erfahren und dann kommt es an den auswärtigen Minister. Demnach halte ich für undenkbar, daß er im Hause des freundlichen Gastgebers zu einem Mitgliede des diplomatischen Corps Aeußerungen gethan haben könnte, deren Wiederholung den von ihm als unersetzlich betrachteten politischen Freund tödlich hätte verletzen müssen.
25Hermann Wagener, Erlebtes. Berlin, R. Pohl, 1884, II. Abteilung, S. 6. Der Verfasser ist der auch als ein Führer der Konservativen im Abgeordnetenhause bekannt gewordene erste Redakteur der Kreuzzeitung; von 1866 bis 1873 war er vortragender Rat im „Staatsministerium“.
26Die Angabe Friedjungs (I, S. 113), Bismarck habe erst im Januar geantwortet, wird durch die vom 21. Dezember datierte österreichische Entgegnung auf die diesseitige Depesche vom 13. widerlegt.
27Die von Kohl (Reg. I, S. 247) übernommene Angabe Sybels (IV, S. 51), diese Depesche (vom 21. Dezember 1869) habe darauf hingewiesen, daß, wenn Preußen nicht auf das österreichische Programm eingehe, der Bruch der Allianz bevorstehe, ist unbegründet. Eine Analyse dieses Dokuments enthält die dem Abgeordnetenhause mitgeteilte Denkschrift vom 8. Mai 1865. (Drucksachen No. 179.)
28Als bei der Militärvorlage von 1892 es sich um die Beseitigung des dritten Dienstjahres bei der Infanterie gegen gewisse Kompensationen handelte, schickte ich dem damaligen Reichskanzler den Entwurf eines Zeitungsartikels, welcher die von Eulenburg erzählten Thatsachen ohne Nennung der Quelle enthielt. General von Caprivi ließ diesen „Ein Rückblick“ überschriebenen Artikel in der „Post“ vom 31. Dezember 1892 abdrucken, hielt den Inhalt desselben also für richtig. Daß 1865 in dieser Angelegenheit ein schriftlicher Immediatbericht erstattet worden sei, glaube ich nicht. Denn in so hochwichtigen Fragen pflegte schriftlich nur berichtet zu werden, nachdem der König dem Antrage bei mündlichem Immediatvortrag zugestimmt hatte. Es wird daher vielleicht nie eine urkundliche Bestätigung der erwähnten Mitteilungen des Grafen Eulenburg aufgefunden werden.
29Der Abgeordnete Loewe.
30Kabinettsordres vom 12. Oktober und 27. November 1854, s. Bauer, Neuere ständische Gesetzgebung S. 447.
31Jetzt Frau von Batocki-Bledau; eine intime Freundin des Hauses.
VIII.
Merseburg. Lauenburg. Biarrits.
Ende des österreichischen, Abschluß des italienischen Bündnisses.
Antrag auf deutsches Parlament. Mobilmachungen. September 1865 bis Juni 1866.
Am 6. September ging’s wieder fort über Homburg nach Berlin, wo die Verwaltung von Schleswig manches zu thun gab.
Im Mai schon war von der Kölnischen Zeitung behauptet worden, daß die Organe der Kieler Landesregierung in Nord-Schleswig die dänisch redende Bevölkerung mit ähnlichen Bedrückungen quälten, wie sie früher die Deutschen von den Dänen erfahren hatten. Eine auf Bismarcks Anregung durch Zedlitz veranlaßte Untersuchung ergab die Richtigkeit dieser Behauptungen; der Einspruch Halbhubers aber verhinderte gründliche Remedur. Die Thatsache der stattgehabten Untersuchung belebte die Hoffnungen der dänisch redenden Schleswiger, und Anfang September folgten sie in Masse einer Einladung nach Kopenhagen, wo man wissen wollte, daß der mächtige Kaiser der Franzosen die Rückgabe Nord-Schleswigs an Dänemark bewirken würde. General Manteuffel, der nunmehrige Gouverneur von Schleswig, trat diesem Irrtum öffentlich entgegen, faßte aber fast gleichzeitig die Anstellung von ehemals dänischen Beamten ins Auge. Er war mit Zedlitz darin einverstanden, daß in Schleswig ein Regierungskollegium wie das Kieler nicht zu bilden, sondern daß die Verwaltung von dem Präsidenten allein mit Hilfe vortragender Räte zu führen sei. Für solche aber fehlte es an geeigneten Personen, wenn man nicht augustenburgisch gesinnte anstellen wollte. Daher wurde beabsichtigt, einige der gut qualificierten, ehemals dänischen Beamten zu wählen.
Bismarck trat dieser Absicht entschieden entgegen und betonte, es komme darauf an, daß wir uns als „Freunde unserer Freunde“ bewährten; er empfahl demnach, Leute aus der in Flensburg gebildeten Nationalpartei zu bevorzugen, auch wenn ihre Vorbildung nicht ganz genügend scheine.
Am 16. September wurde dem Ministerpräsidenten die Grafenwürde verliehen. Er hatte so wenig wie seine soeben aus Homburg eingetroffene Gemahlin Freude an diesem Gnadenbeweise. Beide legten einen gewissen Wert darauf, Geschlechtern des altmärkischen und pommerschen „Uradels“ anzugehören; den Zwang aber, dem alten Namen ein neues Prädikat beizufügen, bezeichneten СКАЧАТЬ