Begegnungen mit Bismarck. Robert von Keudell
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Название: Begegnungen mit Bismarck

Автор: Robert von Keudell

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242683

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СКАЧАТЬ Antrag wegen Einsetzung Augustenburgs, welcher mit 9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß erhoben wurde. Preußen erklärte sofort, die „vertrauensvolle Erwartung“ des Bundes werde sich nicht erfüllen, und kündigte an, daß alte brandenburgische Ansprüche auf die Herzogtümer nachzuweisen seien.

      Die Einrichtung der preußischen Marinestation im Kieler Hafen rief einen österreichischen Protest hervor, der von Preußen „mit Befremden“ zurückgewiesen wurde, da jedem der Miteigentümer die Benutzung der Häfen und Buchten des Landes freistehe und längst bekannt sei, daß Preußen keiner Entscheidung über die Zukunft der Herzogtümer zustimmen werde, welche den Kieler Hafen nicht in seinen Händen ließe.

      So schärften sich die Gegensätze. Der König berief am 29. Mai einen Ministerrat. Nur Bodelschwingh wünschte, einen Bruch mit Oesterreich jedenfalls zu vermeiden; von den übrigen Ministern rieten einige sogleich, die Annexion zu fordern, also den Krieg herbeizuführen, andere bei den Februarbedingungen als erster Etappe zur Annexion stehen zu bleiben. Bismarck meinte, da in Wien die Tendenz der Niederhaltung Preußens wieder zur Herrschaft gelangt sei, werde es wohl früher oder später zum Kriege kommen; er könne aber den Rat dazu nicht geben. Ein solcher Entschluß dürfe nur aus freier Ueberzeugung Seiner Majestät hervorgehen. Der König behielt sich die Entscheidung vor; es blieb daher bei dem Programm der Februarbedingungen.

      Im Juni lud Bismarck Herrn Paul Mendelssohn-Bartholdy zu einer Besprechung ein, um dessen Ansicht darüber zu hören, wie die kaufmännische Welt einen Krieg mit Oesterreich auffassen würde. Er überraschte Herrn Mendelssohn – wie dieser mir bald darauf erzählt hat – durch die Darlegung seiner Ueberzeugung, daß der Krieg, wenn er wirklich ausbräche, binnen vier Wochen beendigt sein würde, da unsere Armee der österreichischen durch Zahl und Ausbildung der Truppen sowie durch schnellere Mobilmachungsfähigkeit weit überlegen sei.

      Trotz dieser Ueberzeugung, welche er sonst meines Wissens niemals in so bestimmter Weise ausgesprochen hat, blieb sein eifriges Bestreben, Wege zu friedlicher Verständigung mit dem Bundesgenossen zu finden; viele Depeschen wurden gewechselt wegen der Modalitäten einer Einberufung des schleswig-holsteinischen Landtages, welche Bismarck trotz der notorischen Stimmungen der dortigen Bevölkerung für zweckmäßig hielt. Es kam aber nicht dazu, weil Graf Mensdorff schließlich seine entschiedene Abneigung dagegen zu erkennen gab und mit versöhnlichen Vorschlägen hervortrat; vielleicht infolge innerer Schwierigkeiten des Donaureiches. Im Juni knüpfte man die im März abgebrochenen Verhandlungen über die Februarbedingungen wieder an. Graf Mensdorff meinte, der Kieler Hafen und Rendsburg könnten zugestanden werden, wegen der Militärhoheit jedoch sei die Entscheidung dem Bunde vorzubehalten; über andere Punkte wie die Marine, den Nord-Ostsee-Kanal, die Verkehrsverhältnisse möge Preußen sich mit dem künftigen Souverän direkt verständigen, dessen baldige Einsetzung daher dringend zu wünschen sei.

      Bismarck acceptierte vollständig dieses ganze Programm in der Hoffnung, daß beim Bunde das sachliche Bedürfnis einer Militärkonvention Anerkennung finden würde, und fügte hinzu, Preußen wäre auch zu sofortiger Einsetzung eines Herzogs bereit, wenn Oesterreich statt des Erbprinzen den Großherzog von Oldenburg annehme. Erst neuerlich habe das kaiserliche Kabinett die früher von ihm abgelehnte Kandidatur Augustenburgs bevorzugt, welche jedoch wegen fortgesetzt ungehörigen Verhaltens desselben für Preußen nicht annehmbar sei.

      Auch nach dem Einzuge der preußischen Truppen in Holstein hatte der Prinz nämlich nicht aufgehört, sich als dem Landesherrn huldigen zu lassen. Solche Thatsachen empfand der König als Verletzungen seines Hoheitsrechtes. Er gab in einem eigenhändigen Schreiben dem Wunsche Ausdruck, der Erbprinz möchte die Herzogtümer verlassen, um die Schwierigkeiten der Lage zu vermindern. Derselbe hatte früher einige Jahre in Potsdam beim ersten Garderegiment gestanden und war als Besitzer einer Herrschaft in Schlesien preußischer Unterthan. Der König war daher unangenehm überrascht, als eine bestimmt ablehnende Antwort einging.

      Am 6. Juli wurde der Geburtstag des Erbprinzen in mehreren Städten der Herzogtümer, namentlich in Kiel, durch öffentliche Veranstaltungen gefeiert; auch empfing er verschiedene huldigende Deputationen. Fast gleichzeitig erhielt der König in Karlsbad ein Rechtsgutachten der Kronjuristen, welches den Anspruch des Hauses Augustenburg auf die Thronfolge in den Herzogtümern verneinte.

      Das Kronsyndikat, welches im Dezember 1864 aufgefordert war, die augustenburgischen, oldenburgischen und brandenburgischen Ansprüche zu prüfen, bestand damals aus 18 Juristen, von denen sich 14 in absolut unabhängigen Stellungen befanden. Ihr Beruf30 war nicht etwa, Rechte der Krone zu vertreten, sondern, dem König auf Befragen über zweifelhafte Rechtsverhältnisse Auskunft zu geben. Diese Männer, unter welchen sich die ersten juristischen Autoritäten des Landes befanden, hatten nach gründlicher Prüfung des ganzen urkundlichen Materials durch Majoritätsbeschluß festgestellt, daß die augustenburgischen Ansprüche infolge des Verzichts des Herzogs Christian erloschen seien und daß kein anderes Hoheitsrecht in den Herzogtümern bestehe als das von Preußen und Oesterreich durch den Wiener Frieden erworbene.

      Durch dieses Gutachten fühlte der König sich von den Gewissensbedenken erlöst, welche ihn 1864 in Schönbrunn und später verhindert hatten, für die Annexion einzutreten.

      * * *

      Am 26. Juni schlossen sich Bismarck und Abeken dem Gefolge des Königs in Karlsbad an, ich konnte mich erst einige Tage später dort melden. Wir wohnten diesmal in der hoch über dem Sprudel inmitten eines schattigen Gartens einsam gelegenen Villa „Helenenhof“.

      Einige Wochen vorher hatte ein Hofbeamter mir diese Wohnung für den Minister telegraphisch angeboten, und in Abwesenheit desselben hatte ich sie gemietet, ohne zu bedenken, daß das täglich mehrmalige Ersteigen von vielleicht hundert Treppenstufen ihm lästig sein würde. Beim Ankommen sagte er zu Abeken: „Die Aussicht ist ja hier recht schön; aber die Wohnung paßt doch mehr für einen Dichter als für einen Geschäftsmann.“ Er soll in den ersten Tagen über das viele Steigen geklagt haben; empfänglich aber war er für die reine Luft auf der kleinen Höhe. Auch daß unmittelbar unter seinem Schlafzimmer ein Paar Kühe standen und sich mitunter hörbar machten, war ihm angenehm. Alles, was an das Landleben erinnerte, pflegte ihn anzuheimeln. Als ich ankam, verlor er kein Wort über die Wohnung.

      Abeken, auf dessen Leistungsfähigkeit gerade in diesen Wochen viel ankam, wurde durch den Aufenthalt in diesen idyllischen Umgebungen sichtlich erfrischt und gestärkt. Unsere kameradschaftliche Freundschaft befestigte sich und ist niemals auch nur für einen Augenblick durch irgendeine Mißempfindung getrübt worden. Die Geschäftsverteilung zwischen uns war dieselbe wie im Jahre vorher; Abeken bearbeitete die ganze politische Korrespondenz, welche damals Wien gegenüber ernste Töne anzuschlagen hatte.

      Man war über die Behandlung der Februarbedingungen einig geworden, aber die Anwesenheit des Erbprinzen in Holstein erwies sich als ein unübersteigliches Hindernis der Verständigung. Wir bezeichneten die fortgesetzten öffentlichen Demonstrationen für einen willkürlich aufgestellten Landesherrn als unverträglich mit dem unanfechtbaren Hoheitsrechte des Königs.

      Man erwog alle für den Fall der Selbsthilfe erforderlichen Vorkehrungen und faßte die Möglichkeit des Krieges mit Oesterreich scharf ins Auge.

      Zum 21. Juli berief der König alle Minister sowie Goltz und Werther nach Regensburg. Dort wurde die letzte nach Wien zu richtende Depesche festgestellt, welche darauf hinausging, daß, wenn Oesterreich der Herstellung der Ordnung in den Herzogtümern zuzustimmen beharrlich ablehne, Preußen einseitig das Erforderliche vorkehren werde.

      Bezügliche Befehle sollten jedoch während der beabsichtigten Anwesenheit des Königs in Gastein noch nicht erlassen werden; man hatte schon in Karlsbad das Anerbieten des Grafen Mensdorff, einen Vertrauensmann zur Besprechung der Lage zu senden, bereitwillig angenommen.

      Auf der Reise von Regensburg nach Gastein gab es einen Ruhetag in Salzburg. Dorthin kam Pfordten, welcher, СКАЧАТЬ