Begegnungen mit Bismarck. Robert von Keudell
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Begegnungen mit Bismarck - Robert von Keudell страница 26

Название: Begegnungen mit Bismarck

Автор: Robert von Keudell

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783806242683

isbn:

СКАЧАТЬ König Friedrich Wilhelm IV. von seinen Leiden erlöst; König Wilhelm bestieg den Thron.

      Bald darauf gelangte an das neue Abgeordnetenhaus ein Etat; in welchem die durch die neuen Regimenter bedingten Erhöhungen der Militärausgaben erschienen, als wäre alles in Ordnung und ein neues Wehrdienstgesetz überflüssig. Die bezüglichen Verhandlungen verliefen im Abgeordnetenhause merkwürdig ruhig, weil die Majorität den Sturz des Ministeriums herbeizuführen scheute. Nur ein Abgeordneter (Hoverbeck) nannte das Verfahren der Regierung, wenn auch vielleicht legal, so doch „nicht loyal“. Es wurde aber die für die neuen Regimenter im laufenden Jahre erforderliche Summe nur als „einmalige außerordentliche“ Ausgabe bewilligt und ein Antrag Vinckes, die Regierung zur Vorlegung des – zu Einberufung der jüngsten Jahrgänge der Landwehr als Reservisten unerläßlich notwendigen – Wehrdienstgesetzes aufzufordern, einstimmig angenommen.

      Im Sommer bildete sich die demokratische sogenannte Fortschrittspartei. Mißtrauen und Haß gegen die Minister verbreitete sich in immer weitere Kreise. „Es mögen gute Leute sein,“ sagte man, „aber sie lassen sich mißbrauchen, die Kastanien aus dem Feuer zu holen für die Junkerpartei, welche sie nach Hause schicken wird, sobald sie diesen Dienst geleistet haben.“ Eine große Zahl der bis dahin ministeriellen Abgeordneten näherte sich der Fortschrittspartei, und diese erfocht bei den im Dezember stattfindenden allgemeinen Wahlen glänzende Siege.

      Dem neuen Hause wurde im Januar 1862 ein Etat vorgelegt, in dem die Mehrforderungen für die Heeresreform als ordentliche Ausgaben figurierten, obgleich nicht anzunehmen war, das jetzt überwiegend demokratische Haus würde Ausgaben als fortdauernde genehmigen, die das frühere, gemäßigt-liberale nur als einmalige bewilligt hatte.

      Ein kurzer Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen einiger Bestimmungen des Kriegsdienstgesetzes, in welchem die Reservedienstzeit auf vier statt fünf Jahre bemessen und die Landwehrdienstzeit um drei Jahre verkürzt war, ging zuerst dem Herrenhause zu und kam, von diesem genehmigt, im Februar an das Abgeordnetenhaus, gelangte aber hier nicht zur Verhandlung, weil das Haus wegen eines anderweiten regierungsfeindlichen Beschlusses schon im März aufgelöst wurde. Alle als liberal bekannten Minister traten zurück und wurden durch konservative ersetzt; nur Roon und Bernstorff blieben auf ihren Posten und von der Heydt, bis dahin Handelsminister, übernahm die Finanzen.

      Bei den Neuwahlen machte die Demokratie noch weitere Fortschritte; die Zahl der Konservativen sank bis auf elf.

      Im Juni wurden dem neuen Hause die Etats für 1862 und 1863 vorgelegt, worin die Kosten der Heeresreform wieder als ordentliche Ausgaben erschienen; ein Wehrgesetz aber, „mit dessen Diskussion die Sommersession nicht belastet werden sollte,“ stellte man für den Winter in Aussicht.

      Der Finanzminister hatte mit bewundernswürdiger Kunst Ersparnisse im Militäretat von etwa zwei Millionen und zugleich den Wegfall gewisser, 1859 eingeführter Steuerzuschläge ermöglicht. Diese wesentlichen Erleichterungen machten jedoch auf das tief erregte Haus keinen merklichen Eindruck.

      Im September kam es wegen des Militäretats zu einer mehrtägigen Redeschlacht. Die seit zwei Jahren durch mancherlei Rücksichten verdeckte Glut des Hasses gegen die Militärverwaltung schlug jetzt in hellen Flammen auf. Die Landwehrfrage trat zwar jetzt nach Vinckes Zeugnis im Lande zurück; umso fester aber hielt man an der Forderung der zweijährigen Dienstzeit.

      Das Finanzjahr fiel damals mit dem Kalenderjahr zusammen. Da der Landtag regelmäßig im Januar zusammentrat, vergingen immer einige Monate, ehe das Budget festgestellt werden konnte, und in diesen Monaten wurden die laufenden Staatsausgaben wie natürlich geleistet, obwohl sie streng genommen vorheriger Genehmigung durch das Budgetgesetz bedurft hätten. So war es auch im Jahre 1862 geschehen, in welchem wegen der Auflösung des Hauses und der Neuwahlen die Etatsberatung sich ungewöhnlich lange verzögerte. Jetzt aber erhob man gegen das Ministerium den Vorwurf der Verfassungsverletzung wegen dieses Verfahrens, namentlich in Bezug auf die von diesem Hause noch nicht genehmigten und von einem früheren Hause ausdrücklich nur für 1861 bewilligten Ausgaben.

      Von der Heydt und Roon kämpften mit bewunderungswürdiger Ruhe und Umsicht, aber vergebens. Am 23. September beschloß das Haus mit 273 gegen 68 Stimmen, im Etat von 1862 die für die Heeresreform vorgesehenen Ausgaben – im Belaufe von ungefähr sechs Millionen – zu streichen. Dann wurde der so verstümmelte Etat von 308 gegen 11 Stimmen genehmigt.

      Die gestrichenen Posten waren zu drei Vierteln bereits thatsächlich verausgabt. Der Beschluß, daß solche Ausgaben nicht geleistet werden sollten, war daher unausführbar und konnte nur bezwecken, die Macht des Hauses fühlbar zu machen. Da Worte des Mißtrauens gegen die Minister nichts erreicht hatten, sollte eine That dem Könige deutlich machen, daß er diese Männer entlasten und andere ernennen müsse, die sich mit der Majorität des Hauses zu verständigen vermöchten.

      Im Lande fand der Beschluß des Hauses nur ausnahmsweisen Widerspruch. Daß die Minister ungesetzlich verfahren wären, sagten die meisten. Auch aus politischen Gründen gab man ihnen unrecht. Zur Einheit Deutschlands, dachte man, wäre auf friedlichem Wege zu gelangen, wenn Preußen einen liberalen Musterstaat mit parlamentarischer Regierung darstellte; dann würde es den kleineren Staaten gegenüber eine ähnliche Anziehungskraft auf politischem Gebiete ausüben wie früher auf handelspolitischem bei Gründung und Erweiterung des Zollvereins. Daß solche politische Angliederung sich ohne Schwertstreich vollziehen könne, wurde trotz der Erfahrung von 1850 vielfach ehrlich geglaubt und sogar von Abgeordneten öffentlich ausgesprochen. Auch von dem Koburger Hofe ausgehende Anregungen förderten diesen Glauben.

      Es wurde damals oft bezweifelt, ob wirklich ein wohlgeschultes Heer zum Schutze des Landes gegen die benachbarten großen Militärstaaten notwendig wäre. Sogar in Kreisen hoher und höchster Civilbeamten begegnete man oft genug der Meinung, daß für das Militär „eigentlich schon viel zu viel geschähe“ und daß es ratsamer sein würde, das Landwehrsystem weiterzuentwickeln, als das stehende Heer durch junge Reservisten zu verstärken. Von den ungeheuren Vorteilen technischer Durchbildung der Truppen hatten nur sehr wenige eine annähernd richtige Vorstellung. Wünsche nach einer Erleichterung des Militärdienstes wie der Steuerlasten waren im Volke weit verbreitet.

      Durch das preußische Dreiklassenwahlgesetz war die Entscheidung bei den Wahlen in die Hände der bemittelten Klassen gelegt. Gerade diese hatten 1861 und 1862 in zwei kurz aufeinander folgenden Wahlen die Heeresreform mit dreijähriger Dienstzeit entschieden abgelehnt. Die große Mehrheit der Wähler hatte sich mit den Abgeordneten einverstanden erklärt.

      Unlösbar schien die Aufgabe, die Volksvertretung und die Wähler unter den Willen des Königs zu beugen. Nur ein Held, „der das Wichten nicht gelernt hatte,“ konnte übernehmen, das zu versuchen.

      Der König war ungewiß, ob er einen solchen finden würde. Er war schon vertraut mit dem Gedanken der Abdikation, als er am 22. September an Bismarck die Frage richtete, welche Bedingungen dieser bei Uebernahme des Ministeriums stellen würde.

      Die Antwort lautete: „Gar keine. Ich fühle wie ein churbrandenburgischer Vasall, der seinen Lehnsherren in Gefahr sieht. Was ich vermag, steht Eurer Majestät zur Verfügung.“

      Diesen Anfang der Audienz, deren Verlauf in den „Gedanken und Erinnerungen“ (I, S. 267) dargestellt ist, hat Bismarck mehrmals in meiner Gegenwart erzählt.

      Er ging ohne Freude, aber in festem Gottvertrauen an’s Werk. Er war überzeugt, daß die von dem königlichen Kriegsherrn jahrzehntelang erwogenen Mittel zur Steigerung der Kriegstüchtigkeit des Heeres die richtigen wären; und unerträglich war ihm der Gedanke, daß der Versuch des Abgeordnetenhauses, durch einen unausführbaren Beschluß den Willen des Kriegsherrn zu brechen, gelingen sollte.

      Seine Uebernahme des Ministerpräsidiums steigerte die Erbitterung des Hauses. Die von ihm in den Jahren 1849 und 1850 gegen die Frankfurter СКАЧАТЬ