Begegnungen mit Bismarck. Robert von Keudell
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Begegnungen mit Bismarck - Robert von Keudell страница 25

Название: Begegnungen mit Bismarck

Автор: Robert von Keudell

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783806242683

isbn:

СКАЧАТЬ Kriegsminister von Roon mit Gründen überlegener Einsicht; die populären Schlagworte „Erhaltung der Landwehr“ und „zweijährige Dienstzeit“, deren sich fast die ganze liberale und demokratische Presse bemächtigt hatte, behielten auch in der Kommission die Oberhand, obwohl es kein Geheimnis war, daß der Prinzregent die dreijährige Dienstzeit zu kriegstüchtiger Ausbildung der Infanterie mit den modernen Waffen für unerläßlich, und daran festzuhalten für Gewissenspflicht hielt.

      Infolge der unbeugsamen Haltung der Kommission mußte das Ministerium die Ablehnung des Gesetzentwurfs im Plenum für sehr wahrscheinlich halten und zog denselben im Mai 1860 zurück.

      Nun hatte aber die europäische Lage nach dem italienischen Kriege notwendig gemacht, das Heer auf dem Fuße einer gewissen Kriegsbereitschaft zu halten; und daß dies Bedürfnis auch im Jahre 1860 noch fortdauerte, war von den einflußreichsten Abgeordneten mehrfach anerkannt worden. Diese für Bildung neuer Cadres günstigen Zeitverhältnisse sollten nicht unbenutzt bleiben.

      Man kam im Mai – leider um fünf Monate zu spät – im Kriegsministerium auf den Gedanken, daß es eines neuen Gesetzes gar nicht bedürfe, um neue Regimenter zu schaffen, und daß dazu nur eine Geldbewilligung erforderlich sei; diese würde durch den im Frühjahr bekannt gewordenen günstigen Finanzabschluß des letzten Jahres erleichtert werden.

      Allerdings waren die beabsichtigten Formationen neuer Cadres nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ausführbar; und auf die danach im Frieden nicht zulässige Einberufung der jüngsten Jahrgänge der Landwehr zum Reservistendienste konnte man vorläufig verzichten.

      Man verlangte demnach vom Abgeordnetenhause neun Millionen auf 14 Monate zu dem Zwecke „der Aufrechterhaltung und Vervollständigung derjenigen Maßnahmen, welche für die fernere Kriegsbereitschaft und die erhöhte Streitbarkeit des Heeres erforderlich und auf den bisherigen gesetzlichen Grundlagen thunlich“ wären.

      An den Kommissionsverhandlungen über diese Vorlage hat Roon persönlich keinen Teil genommen. Er wußte, daß im Dezember 1859 seine Ernennung von der liberalen Partei mit Mißtrauen begrüßt worden war. Es wurde damals erzählt, sein in der Partei beliebter Vorgänger, General von Bonin, habe sich zurückgezogen, weil er einige von ihm gewünschte Einschränkungen des Reorganisationsprojektes wegen Widerspruchs des Generals Freiherrn Edwin von Manteuffel, damaligen Chefs des Militärkabinetts, nicht habe zur Geltung bringen können. Roon war noch nie in der Lage gewesen, eine politische Farbe zu bekennen; aber infolge unbestimmter Gerüchte und weil er alle von seinem Kriegsherrn beabsichtigten Neuerungen zu vertreten unbedenklich übernahm, wurde er als ein „Reaktionär“ angesehen. Die unfreundliche Stimmung der Majorität war ihm in der Kommission fühlbar geworden. Er mochte daher für geraten halten, in die Verhandlungen über den verlangten Kredit nicht einzugreifen und die Vertretung des Ministeriums in der Kommission dem persönlich beliebten Finanzminister Freiherrn Patow zu überlasten. Roon dachte, jedermann würde verstehen, daß es sich um die Mittel für Einrichtung der neuen Cadres handelte, welche zu der allseitig gebilligten stärkeren Rekruteneinstellung erforderlich waren; und er setzte als bekannt voraus, daß – wie er später einmal sagte – „Regimenter nicht von Diätarien kommandiert werden könnten“.

      Umgekehrt aber dachten die meisten Abgeordneten, daß nach den heißen Kämpfen um die gesetzlichen Bedingungen der Heeresreform diese nicht ausgeführt werden könne ohne ein neues Gesetz. Sie wurden in ihrem Irrtum dadurch bestärkt, daß Patow in der Kommission erklärte, es handle sich um ein Provisorium, welches den in Betreff der Dienstzeit und der Landwehr geäußerten Wünschen nicht präjudizieren werde. Allerdings blieben diese beiden Fragen offen; aber weder der Ausdruck „Provisorium“ war zutreffend noch die daran geknüpfte Betrachtung, daß, wenn der Landtag später zur definitiven Organisation seine Zustimmung versage, „alles wieder auf den früheren Stand gebracht werden könnte.“

      Diese Erklärungen nahm jedoch Vincke als Referent in den Kommissionsbericht auf, und unter starker Betonung ihrer bindenden Kraft empfahl er die Bewilligung des verlangten Kredits.

      Im Plenum modifizierte nun zwar – vermutlich auf den Rat des Kriegsministers – Patow seine früheren Aeußerungen dahin: „Die Umgestaltungen im Heerwesen, welche erforderlich wären, um die waffenpflichtigen Mannschaften auch waffenfähig zu machen, würden nur in dem Sinne provisorisch sein, daß zu ihrer definitiven Regelung die Zustimmung des Landtages notwendig wäre.“ Das Haus aber schien keine Notiz von dieser Erklärung zu nehmen. Der anwesende Kriegsminister fand keinen Anlaß, den Worten Patows, welche verständlich auf die zur Ausbildung von 63.000 statt 40.000 Rekruten notwendigen neuen Cadres hinwiesen, etwas hinzuzufügen.

      Vincke kam dem Finanzminister augenscheinlich entgegen, indem er sagte, die Bewilligung des Kredits habe keine Gefahr, denn, wenn beispielsweise zehn Kavallerieregimentskommandeure ernannt und ihre Stellen später nicht genehmigt würden, so „kämen sie auf den Aussterbeetat“.

      Daß der Berichterstatter der Kommission in diesem Falle nur für seine Person gesprochen hätte, konnte niemand vermuten; die Regierung hatte daher Grund, aus Vinckes Worten zu schließen, daß die Majorität erwartete, es würden viele neue Regimenter formiert werden. Die Minister wurden auch durch die ungewöhnliche Beschleunigung der Verhandlungen, sowie durch vertrauliche Mitteilungen einzelner Abgeordneter in den Glauben versetzt, daß es ihrer im Hause maßgebenden Partei erwünscht wäre, über den in der Heeresreformfrage hervorgetretenen peinlichen Gegensatz schnell und möglichst geräuschlos hinwegzukommen. Man täuschte sich gegenseitig; aus diesen Täuschungen aber erwuchs der verhängnisvolle Konflikt. Man kann sagen, derselbe sei entstanden, weil Minister wie Abgeordnete ihn hervorzurufen scheuten. Nach meiner Auffassung lag jedoch die Hauptursache des Konflikts in Unterlassungen des Ministeriums.

      Hätten die leitenden Männer, die Auerswald und Schwerin, die unermeßliche Tragweite der Heeresreform für das Land und für ihre Partei gewürdigt, wären sie mit ganzem Herzen dafür eingetreten, so hätten sie vor Einbringung der Vorlagen Vincke und andere Führer wahrscheinlich dafür zu gewinnen vermocht. Vom Finanzminister Patow, der für die damals beanspruchten jährlich 9 ½ Millionen noch keine sichere Deckung hatte, war das nicht zu verlangen; die anderen populären Minister aber hätten die Sache von langer Hand her einleiten und vielleicht retten können. Stattdessen überließen sie die Vertretung des gewaltigen Projekts dem noch unbekannten, des Konservatismus verdächtigen Roon.

      Nachdem nun, wie zu erwarten gewesen, die Kommission Herabsetzung der enormen Ausgabesteigerung verlangt und populäre Schlagworte dafür gestempelt hatte, schien die Sache unrettbar verfahren.

      Da begingen die Minister die zweite Unterlassungssünde, nämlich, nicht zu sagen, daß ihre Ansicht über die Notwendigkeit eines neuen Wehrgesetzes sich geändert hatte. Ich möchte jedoch dem nachmals von den Patrioten aller Farben gepriesenen Kriegsminister auch als ein großes historisches Verdienst anrechnen, sein Gewissen mit dieser Reticenz belastet zu haben, da ohne ein solches „Kunststück“ die für den Entscheidungskampf um Deutschland notwendige Heeresreform bei dem damaligen Stande der öffentlichen Meinung wahrscheinlich nicht ausführbar gewesen wäre.

      Die neun Millionen wurden fast einstimmig bewilligt. Beim Schlusse der Session dankte die Thronrede hierfür in Worten, welche erwiesen, daß der Prinzregent überzeugt war, der Landtag habe durch diese Bewilligung die Ausführung der geplanten Formationen genehmigen wollen.

      Im Sommer und Herbste wurden die Cadres für 36 neue Infanterieregimenter, 9 Füsilierbataillone und 10 Kavallerieregimenter geschaffen, die anderen Truppengattungen angemessen verstärkt, die Offiziere und Unteroffiziere ernannt und die erforderlichen Fahnen und Standarten verliehen.

      Da ging durch weite Kreise im Lande der Ruf: „Wir sind betrogen; statt provisorischer Einrichtungen, für welche das Geld bewilligt war, hat man unabänderliche geschaffen. Das wird unerträgliche Steuererhöhungen verursachen.“ Bei zwei Stichwahlen entschieden sich die früher gemäßigt-liberalen СКАЧАТЬ