Traumprotokolle. Christof Wackernagel
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Название: Traumprotokolle

Автор: Christof Wackernagel

Издательство: Автор

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783866747807

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СКАЧАТЬ sie ihn mir diktiert, sehe ich, dass er schon mit Adresse und Telefon bei uns im braunen Büchlein steht, weswegen ich sie einfach überschreibe und versuche, das Buch so zu halten, dass die Frau es nicht merkt, aber dann will ich über die Straße und sehe ein weißes Auto ranrasen, überlege kurz, ob ich es vorher noch schaffe, riskiere es aber dann doch nicht, und schon rast es auf der regennassen Kopfsteinpflasterstraße an mir vorbei, mitten in der Stadt, mit mindesten hundertachtzig Sachen, aber vor dem nächsten Auto komme ich rüber und in eine echte Drehszene neben einem Hochhaus auf einem brückenartigen Vorsprung, über den einer geworfen wird, der fällt und fällt und fällt und in einen wilden Fluss platscht, von dem er in den Tunnel unter dem Haus gerissen wird, oben geht es turbulent weiter, aber ich denke, dass ich träume und mir deshalb nichts passieren kann; selbst wenn ich auch runtergeworfen würde, und in dem Tunnel im Wasser verschwände, passierte mir nichts, was ein regelrechtes Glücksgefühl erzeugt, und neben mir bricht das Haus mit einem tiefen Erdriss weg, überhaupt ist der ganz unterirdische, mehrstöckige Beton, auf dem ich gehe, brüchig und morsch und bricht unter Getöse weg; ich aber bin immer dicht neben den entstehenden Erdspalten, die aufbrechen und neben denen immer größere Teile wegbrechen und auch davonfliegen, die Menschen fallen hinein und werden mit weggerissen, bis rechts von mir alles abgebrochen ist, und ganze Teile der Erde wegbrechen und ins All treiben, die Erde bebt und fließt, zerfließt in steinernen Hängen, die wie Lawinen oder flüssig-kalte Lava kaltflüssige Lavagesteinsmassengeröll sich verschieben, grauschattierend sich verändernde Flüsse ergeben, zwischen denen ich auf dem Rest der Erde höhersteige auf den Berg, und ich weiß jetzt, dass das das Ende der Erde ist, die einfach auseinanderbricht, zerfällt, und ich frage mich, wie ich noch atmen kann; ich müsste doch längst erfroren sein und erstickt, da sehe ich im Gebirgerest, der noch nicht zerflüssigt ist, die weiße Spitze einer Rakete, malerisch, zwischen Hügeln auf der Bergkuppe und ich denke: vielleicht kann ich damit noch weg ins All, wenn ich noch reinkomme, und renne über die dunkelgrünen Bergwiesen darauf zu, aber beim zweiten Hinsehen ist es ein indisch-nepalesisches Mayadenkmal, ein steinerener Bau, groß; ein hoher, schlanker, verzierter, mit Kanten, Treppen, Zeichen, eine drohende Erinnerung an die Menschheit, seit Jahrtausenden verlassen; vielleicht bin ich der erste Mensch, der es seitdem sieht, vielleicht bin ich der letzte, und der Wind peift mir ins Gesicht, ich sehe Vögel aufsteigen, die Berggipfellandschaft ist wunderschön, und es wird so schlimm nicht sein, wenn die Vögel auch noch leben; nur der Wind ist so stark, so deutlich im Gesicht spürbar, dass ich mit Schrecken vermute, dass ich doch nicht träume, alles real ist, ich hier alleine in dieser wilden Schöheit – da sehe ich weiter unten auf der Bergkuppe eine Gruppe Menschen um ein Holzhaus und renne zu ihnen hin, taumle in ihre Mitte, sie sehen mir freundlich, aber ohne zu reagieren, entgegen, stehen nur so rum, und wie ich erleichtert zusammenbreche, beziehungsweise mich fallen lasse, höre ich einen sagen: »ja, ja, so ist es, wenn man gerettet wird«, und Kinder kommen zur mir und streicheln mich und küssen mich; ich habe die Augen geschlossen, es ist, als ob ich nur kurz weg gewesen wäre, und die Kinder flüstern mir Geheimnisse zu, rügen mich für meinen Ausflug – wir sind bei Freunden, die sich gemacht haben, feudal wohnen, modern und geschmackvoll, mit einem Wohnzimmer auf zwei Ebenen; wir reden über Komponisten mit Schulden, einer macht jetzt Beratung, und der Schlimmste ist Hinze: »ja ja, Hinze natürlich«, sage ich, der ich im unteren Teil des Wohnzimmers in Schaum liege, und sehe ein Comic von einem Exhibitionisten mit einem Plakat vor dem nackten Bauch, zwischen dem offenen Mantel, auf dem steht: FRAGEN SIE NICHT – TRIPPER und unter dem Plakat ragt ein nach vorne stehender unappetitlich kranker Schwanz empor; wir gehen raus, die Freunde zeigen uns die Fußgängerzone auf Stelzen, alles mit Gehrouten, hochmodern, aber langweilig und als es nicht mehr weitergeht, in dunkler Unklarheit, Halle endet, frage ich nach einer Kneipe, werde aber ausgelacht, ob ich »Hüngerchen« habe, dann könne ich doch ein »Bütterchen« essen, weswegen wir nach Hause zurückkehren, schnell, wobei ich davon schwärme, wie ich gleich Bananen braten und mit Honig essen werde, was Nata nicht zu kennen scheint, wobei die Frau sie meine »Freundin« nennt, Nata aber betont, meine Frau zu sein, woraufhin sie sie meine Schwester nennt, und ich sage: »siehste, uns glaubt eben keiner, dass wir verheiratet sind« –

      – Nata und ich mit Johnson unterwegs, aber ich muss erst noch ins Nachbardorf, nur kurz, aber es dauert länger und länger und länger; die Straße abwärts ist noch weit, ein Wagen kommt entgegen, ich kehre lieber wieder um zu Nata und Johnson, die mir entgegenkommen, und wir gehen zusammen weiter, kommen durch ein Dorf, auch durch einen Hof, treppauf und treppab, Nata schaut in eine Tür und sagt: »der macht ja Kaba«, und dann schmeißen wir mit Äpfeln rum; alle haben Äpfel, es ist wie ein Spiel mit Regeln, und hinter einer Wand an zwei Trägern, unter der ich hindurchwische, verlagert ein Bauer Äpfel mit einer Schaufel von einem Schuppen auf einen Haufen und schenkt mir einen angebissenen Apfel, der gut ist, aber auch noch faule Stellen hat; aber dann baden wir an einem großen, nüchternen Becken, in dem einige schon schwimmen, in großen Zügen, ich mit Nata, aber noch am Beckenrand sitzend und die großen Zehen eintauchend, da kommen zwei Mädchen zu uns, eines im Badeanzug, die andere nur mit einem Oberteil; sie reden langsam, wie betäubt, und ich sehe extra genau hin; die eine hat tatsächlich kein Höschen an, hat sogar schon Schamhaare, da lasse ich mich langsam ins Wasser und schwimme lange, vor allem auf dem Rücken, bin selber auch nackt; Nata telefoniert dauernd, und als wir an einem Platz in einem Lokal mit Tischen draußen essen wollen, kommt gerade ein Bus mit Urlaubern, und im nächsten Dorf stellt sich dann heraus, mit wem Nata dauernd telefoniert hat: mit Sascha von Marawitz, der mit seiner Eva-Maria da ist, der beleidigt und schlecht gelaunt ist, weil er nicht sagen kann, was jetzt passiert; und so bleibt sie in ihrem Telefonzellen-artigen Zelt sitzen, das freilich zusammenbricht, und ich muss sie rausholen, und als wir dann im nächsten Dorf über einen Platz laufen, erscheint plötzlich die ganze Basler Verwandtschaft, von Renate bestellt, allen voran Marie Christine, die ich umarme –

      – eine elektrische Tagesausschnittsspannung – ich gehe mit Kitty durch Londons Straßen zu einer Gruppe, in der eine Frau um halb drei Uhr morgens ihre Tante anruft und auch auf Anfrage keine Probleme damit hat, und in der Gruppe fliegen Unmengen von Geld rum, überall die Scheine, am Boden, in Ecken, irgendwo verhakt, und als nach einer Prügelei auf der Wiese vor dem Haus einer im Matsch liegt, auf dem Rücken, aber selbst das Gesicht noch unter Matschwasser, und sich nicht rührt in seinem Matschloch auf der Wiese, finde ich, dass man schon einen Arzt holen sollte, und der geht gerade, ziemlich sauer und sieht die Geldscheine und sagt, dass das ja dann wohl etwas mit dem Überfall von vor ein paar Tagen zu tun hat, weshalb das Geld weggeräumt wird, bevor die Bullen kommen {wie ich mit Willy im Stadion und davor} und Hans Ludwiczak bietet mir ein Bündel holländischer Geldscheine an, was ich mit der Begründung ablehne, dass dann die Bullen denken, dies hier sei meine holländische Dependance, und ich kehre wieder in die Wohnung zurück; nachts, mitten in London, und von dem Hinterhof ab geht eine Außentüre seitlich hoch, an deren balkonartigem Vorsprung eine Frau am Tisch sitzt und als Erstes davon die Rede ist, dass Fritz Scheyhing beleidigt ausgezogen ist, und mit seiner Freundin in der Nähe wohnt und mit keinem etwas zu tun haben will, auch mit mir nicht mehr reden will; es herrscht eine Stimmung, bei der klar ist, dass Verrat im Spiel ist, und als wir essen, breitet neben uns ein Pärchen einen Teppich aus, den es bemalt − ich finde, kitschig −, und es betont, dass diese Teppiche extrem billig seien, sie kauern daneben, sehen zu uns herüber und verteilen nebenbei mit den Händen Farbe auf den Teppich und erzählen, dass Helmut Schmidt die extrem blöd finde – ich werde auf der Straße durchsucht und kann gerade noch verhindern, dass ein Shitdöschen gefunden wird, »war da nicht noch was?«, fragt der Bulle, und ich verneine harmlos, während er ein anderes, längliches Holzdöschen aufmacht, in dessen Ritzen noch der Haschischstaub klebt, ein großes, längliches, wie aus Damaskus für Schreibgeräte, während ich mein kleines Döschen in der Brusttasche verschwinden lasse, da legt sich Nata mit den Bullen an und läuft schließlich sogar weg; die Bullen hinterher und in einer Querstraße der Richtung, in die sie durch das Ruinengelände in der Stadt laufen, rennt rituell tanzend schon eine Herde Frauen vor den Bullen her und prügelt sich mit ihnen, heftig und tänzerisch zugleich, und nachdem alle völlig erschöpft nach einem großen Bogen zurückkommen, flüstert Renate über die anderen Frauen: »die hätte man aber nicht nackt sehen dürfen«, und daraufhin wird erstmal Kaffee gekocht, wobei mich aufregt, wie selbstverständlich der Bulle unseren Kaffee nimmt, der dann in seine Thermoskanne läuft; ein altkluges Kind sitzt daneben und СКАЧАТЬ