Название: Zukunftsträume
Автор: Corinna Lindenmayr
Издательство: Автор
Жанр: Контркультура
isbn: 9783967526547
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Das Schulgebäude war um diese Zeit bereits nicht mehr besucht gewesen, es hatte lediglich noch das Eishockeytraining stattgefunden und auch das war bereits zu Ende als diese Katastrophe passierte. Mit viel Glück würde es nicht viele Verletzte oder gar Tote geben. Bislang wurde zumindest noch niemand gefunden. Die Hoffnung war groß, dass bereits alle Kinder und Eltern sowie der Trainer der Mannschaft sich nicht mehr an diesem Ort befunden hatten, als es explodierte, hörte sie neben sich eine Reporterin in eine der unzähligen Kameras der Nachrichtenteams berichten.
Doch Hannah wusste es besser. Es waren nicht alle Kinder in Sicherheit. Ihr kleiner Bruder war noch dort gewesen. Hilflos und allein hatte er dort auf sie gewartet. Sie hatte ihn im Stich gelassen. Ihre Schuld war es, dass er vielleicht nicht mehr am Leben war.
Einzelne Tränen liefen ihr über die Wangen. Leise und haltlos hinterließen sie feuchte Spuren an ihrer Haut. Spuren der Angst und Verzweiflung, die nichts an all dem ändern konnten.
Auch in der nächsten Stunde hatten sie niemanden in den Trümmern gefunden.
Rettungskrans hoben immer mehr Bruchstücke des Schulgebäudes beiseite, Spürhunde wurden eingesetzt und die Feuerwehrleute kämpften sich weiter in die Tiefen der Zerstörung.
Hannah irrte ziellos inmitten dieses Chaos umher. Immer wieder schrie sie Max Namen. Aber er blieb weiterhin spurlos verschwunden.
Mittlerweile war das Feuer in den größten Teilen unter Kontrolle und die Rauchschwaden stiegen in den Himmel empor. Die Hitzehölle dieses Tages ging über in einen lauen Spätsommerabend.
Duzende Rettungsteams waren vor Ort und kämpften sich durch das enorme Chaos, dass diese Explosion hinterlassen hatte. Nichts war mehr ganz geblieben. Überall lagen einzelne Teile des Schulgebäudes und der Turnhalle verstreut. Vorhin war sie an dem Stück einer Tafel vorbeigelaufen, zumindest glaubte sie das. Sicher war sie sich nicht.
Mühsam schleppte sie sich von einem Schutthaufen zum nächsten, warf einzelne Mauerreste zur Seite, bis sie irgendwann erschöpft über irgendetwas stolperte und Richtung Boden fiel.
Als sie sich versuchte mit den Beinen abzufangen, brach ein Teil des Ziegelhaufens auseinander und sie stürzte mit einem erschrockenen Aufschrei in die Tiefe, ehe sie hart auf den Beton schlug.
Für einen kurzen Moment blieb sie einfach liegen. Sie registrierte, dass sie einen Schmerz spürte und ihre Beine bewegen konnte. Das war gut. Vorsichtig hob sie ihren Kopf und drehte ihn von links nach rechts. Ok, auch das schien zu klappen, auch wenn ihr Kopf höllisch weh tat.
Sie würde jetzt einfach die Augen schließen und wenn sie sie wieder öffnete war dieser ganze Albtraum vorbei. Das alles wäre nie passiert.
Doch die hektischen Schreie der Menschen um sie herum und die über ihr befindliche Rauchwolke waren leider bittere Realität.
Plötzlich wurde ihr übel und alles verschwamm vor ihr. Kurz bevor sie ohnmächtig wurde zogen sie zwei kräftige Oberarme aus dem Loch heraus und trugen sie fort. Wohin merkte sie nicht. Es war alles so verschwommen um sie herum und es wirkte alles so verdammt weit weg.
Sie hörte wie die Menschen weiter um sie herum Befehle schrien, dann wurde sie auf etwas Weiches gelegt und mit einem Mal war alles dunkel.
3. Kapitel
»So habe ich das wirklich nicht gemeint!« jammerte Coco nun schon zum dritten Mal. »Habe ich gesagt, dass etwas Schlimmes passieren soll? Nein! Ich wollte ein bisschen Aufregung. Vielleicht mal wieder einen netten Mann kennenlernen, aber Himmel, doch nicht dass gleich eine ganze Schule in die Luft fliegt!« theatralisch schwang sie ihre Arme in die Luft, nur um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen.
Julia saß neben Tanja auf einer Wartebank vor der Notaufnahme des Alster-Klinikums und sah ihrer Freundin hilflos hinterher, die ebenso verzweifelt den Krankenhausgang auf und ab lief. Natürlich hatte sich Coco so etwas nicht gewünscht. So etwas wünschte sich keiner. Aber es war nun einmal offenbar passiert.
Noch immer hatte sie nicht so ganz begriffen was überhaupt los war. Eine Krankenschwester hatte sie angerufen und gesagt, dass Hannah im Krankenhaus lag weil es eine Explosion gegeben haben soll.
Eine Explosion! Sowas musste man sich erst einmal vorstellen.
»Ich nehme alles zurück! Unser Leben ist perfekt so wie es ist.« Immer noch war Coco vollkommen aufgelöst. »Oder war es zumindest.« Sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte. »D-Das i-ist a-alles m-meine Schuld.«
»Unsinn. Soviel Macht hast du nun auch wieder nicht.« Tanja warf Coco einen leicht genervten Blick zu. »Wie wär´s wenn du dich jetzt einfach mal hinsetzt und mit uns wartest. Das einzige was du mit deinem ständigen Herumgelaufe bezweckst, ist, dass irgendwann deine Sohle total im Eimer ist.«
Julia sagte nichts. Das war auch nicht nötig. Egal wie verrückt sich Coco machte oder wie sehr Tanja sich darüber aufregte, es änderte nichts, aber auch gar nichts daran, was geschehen war.
Die Ärztin hatte ihr zwar bereits am Telefon versichert, dass Hannah keine lebensgefährlichen Verletzungen erlitten hatte, aber was war mit den anderen? Menschen die sich ebenfalls dort aufgehalten hatten? Männer, Frauen oder Kinder die zu diesem Zeitpunkt nichts ahnend auf dem Schulgelände oder dem naheliegenden Park gewesen waren? Um diese Zeit war dort bestimmt nicht wenig los. Das Wetter war perfekt gewesen und gleich um die Ecke der Schule, am Eingang des Parks, gab es einen wunderschönen Kinderspielplatz. Die Straßenbahnhaltestelle befand sich ebenfalls nicht weit entfernt.
Oh nein! Erschrocken riss sie die Augen auf. Wie konnten sie das nur vergessen? Max! Hannah war dort gewesen um ihn abzuholen.
»Was ist los?« Tanja sah Julia verwirrt an. »Was hast du?«
»Max.«
»Was ist mit … Oh Gott.« Sie schlug sich geschockt die Hand vor den Mund. »Nein.«
»Was ist wenn Max noch da draußen ist?« Julias Gesicht wurde bleich. »Ich meine, die Krankenschwester hat nur von Hannah gesprochen.«
»Das muss aber nichts heißen. Max kann bereits in Sicherheit gewesen sein.«
»Und was wenn nicht?« fragte Julia, auch wenn ihr darauf im Augenblick niemand eine Antwort geben konnte. Sie alle konnten nur hoffen und beten. Es ergab alles keinen Sinn. Rein rationell betrachtet wusste sie auch, dass es nicht notwendig war. Schlimme Dinge ergaben das selten. Aber sie konnte einfach nicht glauben, dass so etwas tatsächlich passiert war. In ihrem Leben gab es so etwas nicht. Das konnte einfach nicht sein. Sie war fünfundzwanzig und lebte seit sie denken konnte hier in Hamburg. Sicher gab es hin und wieder Vorfälle, bei denen sich tragische Dinge ereigneten. Vergewaltigung, Entführung bis hin zu Mordfällen. Hamburg war schließlich keine Kleinstadt und solche Sachen geschahen eben. Sie war kein naives Kleinkind mehr, doch bislang hatte sie so etwas noch nie so nah betroffen. Wie oft hatte sie in den Nachrichten davon gelesen oder gehört. Im Fernsehen Bilder von all den Anschlägen die in der letzten Zeit verübt wurden gesehen. Terrorangriffe die nahezu in jedem Land stattfanden. Natürlich war das alles furchtbar und selbstverständlich dachte sie dabei auch an die Angehörigen der Opfer. Aber irgendwann nach ein paar Tagen, СКАЧАТЬ