Zukunftsträume. Corinna Lindenmayr
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Название: Zukunftsträume

Автор: Corinna Lindenmayr

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783967526547

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СКАЧАТЬ hat sich drei Tage lang kaum bewegen können. Trotzdem hat sie Max zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Jeden Tag.«

      »Von heute auf morgen allein zu sein muss sehr schlimm gewesen sein.« bemerkte Coco. »Sie tut mir so leid.«

      »Aber sie hat es geschafft.« Julia drehte sich entschlossen um. »Und sie wird es wieder schaffen. Max wird gesund werden.« Er musste einfach. Etwas anderes war nicht vorstellbar.

      »Ich werde hierbleiben und auf Hannah warten.« sagte sie entschieden. »Ich rufe euch an.«

       4. Kapitel

      »Es geht nicht um die Papiere.«

      Dr. Kallert lief neben Hannah in Richtung seines Büros. Sein Gang war schnell. Was in Anbetracht seiner Größe wohl normal war. »Aber das wollte ich vor ihren Freundinnen nicht sagen.«

      Überrascht drehte Hannah sich zu ihm um. »Um was geht es dann?«

      Sie musste sich anstrengen um auf gleicher Höhe mit dem Mann neben ihr zu bleiben. »Ein Polizist möchte mit Ihnen reden. Er wartet in meinem Büro auf Sie.« Beinahe wäre sie gestolpert. »Ein Polizist?«

      »Ja.« Dr. Kallert blieb kurz stehen und sah sie an. »Ich weiß, dass Sie sich Sorgen machen.« erwiderte er dann in diesem typischen Patiententonfall, der sie vermutlich beruhigen sollte. Bei Hannah jedoch genau das Gegenteil bewirkte.

      »Hören Sie,« redete der Arzt weiter, ohne sich auch nur einmal die Mühe zu machen, auf Hannahs entsetzen Blick zu achten. »Es wird sicher alles gut werden. Ihr Bruder ist bei uns in guten Händen.«

      Nur machte sich Hannah im Augenblick ausnahmsweise gar nicht um ihren Bruder Gedanken. »Ja, ich weiß.« Es konnte viele Gründe haben, dass die Polizei mit ihr reden wollte. Vielleicht benötigten sie nur eine Aussage oder mussten die Personalien aufnehmen für die weiteren Ermittlungen. Schließlich war vor wenigen Stunden eine ganze Schule explodiert. Natürlich würde die Polizei auf sie zukommen. Ihr Bruder war ein Opfer dieses Vorfalls. Es war alles in Ordnung. Reine Routine. Sie interpretierte da mal wieder viel zu viel hinein.

      Sie hatte fast ihr ganzes Leben mit Polizisten verbracht. Da war es doch verständlich, dass sie sofort an das Schlimmste dachte, oder?

      An jeden Ort an den sie gebracht wurden, waren sie von Leuten umgeben die für sie und ihre Familie verantwortlich waren. Menschen, für die sie ein Job wie jeder andere waren. Die Erinnerung daran deprimierte sie. So viele verschiedene Personen waren es gewesen, die sie kennen gelernt und wieder verlassen hatten. Personen, die mit ihnen Geburtstage und Weihnachten gefeiert hatten, als wären sie eine richtige Familie. Die meisten davon, waren sehr lange bei ihnen geblieben. Manche aber auch nur sehr kurz. Aber niemand auf Dauer. So wie eigentlich alles in ihrem Leben nicht auf Dauer war.

      Nur einer war all die Jahre derselbe gewesen. Polizeihauptkommissar Wiesner. Er war seit sie denken konnte der leitende Beamte ihres Zeugenschutzprogrammes, hatte ständig mit ihnen in Kontakt gestanden und ihr Leben organisiert.

      Das letzte Mal als sie mit ihm gesprochen hatte, war vor ziemlich genau drei Jahren gewesen. Kurz nach dem ihre Eltern verschwunden waren und er ihr erklärt hatte, dass sie von nun an auf sich allein gestellt wären. Seit diesem Tag hatte sie ihn nie wieder persönlich getroffen. Er hatte sie lediglich ein paar Mal angerufen. Vermutlich um sich zu vergewissern, dass mit ihr und Max noch alles in Ordnung war. Oder so.

      »Wie heißt dieser Polizist?« Sie hoffte inständig, dass sie sich irrte. Das ihr Gefühl sie trog. Es musste einfach so sein.

      »Wiesner, glaub ich.«

      Er war älter geworden.

      Das Haar war inzwischen fast ganz ergraut und er hatte hier und da ein paar Falten mehr im Gesicht bekommen. Er wirkte erschöpft und fast so, als würde ihm eine schwere Last auf den Schultern liegen. Aber vermutlich brachte das sein Job so mit sich. Leiter eines Zeugenschutzprogramms zu sein war sicherlich kein Zuckerschlecken. Sie kannte das nur zu gut. Es gab immer jemanden, der eine Gefahr darstellen würde. Fehler, die bittere Konsequenzen hatten. Man organisierte die kontrollierte Flucht in allen nur erdenklichen Situationen.

      Dabei waren es nicht die Menschen, mit denen man nicht zu Recht kam oder diejenigen, vor denen man diese beschützen musste. Es war das Leben selbst, dass einem so zusetzte.

      »Hallo Hannah.« Der Mann der hinter dem Schreibtisch saß nickte ihr leicht zu.

      »Herr Wiesner.« Hannah setzte sich auf den Stuhl gegenüber dem Mann, den sie bereits ihr ganzes Leben lang kannte. Sie konnte nicht sagen, dass sie sich über das Zusammentreffen freute, aber er war auch jemand, der sie in fast allen Lebenslagen begleitet hatte.

      Möglicherweise war die Tatsache, dass er nun hier war, auch durch Max Unfall begründet. Vielleicht wollte er einfach nur wissen, wie es ihm ging. Aber wahrscheinlich wusste er das schon.

      »Du fragst dich sicher warum ich hier bin nach all der Zeit.«

      »Und? Warum sind Sie es?«

      »Nun, ich denke nicht dass du das hören willst,« fing Herr Wiesner an und legte beide Hände auf den Schreibtisch. Dann sah er sie an.

      »Oh, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich das nicht will.« erwiderte Hannah. »Aber das ändert nichts daran, dass sie es mir trotzdem sagen werden, richtig?« So wie damals. Die Erinnerung traf sie wie ein Schlag, hart und fest katapultierte er sie zurück in die Vergangenheit und sie konnte nichts tun um ihn aufzuhalten. Vor drei Jahren war sie Herrn Wiesner genauso gegenübergesessen wie jetzt, mit dem einzigen Unterschied, dass es damals sein Büro und nicht das eines fremden Arztes gewesen war. Und natürlich der Tatsache, dass ihr Bruder zu dieser Zeit nicht um sein Leben kämpfte. An jenem Tag hatte er ihr eröffnet, von nun an ohne ihre Eltern auskommen zu müssen. Es wäre das Sicherste für alle und sie solle sich keine Sorgen machen. Aber sie hatte sich Sorgen gemacht. Entsetzliche Sorgen. Von heute auf morgen war sie mit vierundzwanzig Jahren und einem siebenjährigen Bruder alleine dagestanden. Ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, warum. Mit einem Leben, dass ein einziges Chaos war. Damals hatte sie nicht geglaubt, dass sie es schaffen konnte. Aber sie hatte es getan. Weil ihr keine andere Wahl geblieben war. Es gab so viele Fragen und es würde einzig und allein ihr Problem sein, wenn ihr die Antworten darauf nicht gefielen.

      »Hannah, ich weiß, dass das schwer für dich ist. Und ich kann dich mehr als verstehen. Euer Leben war nie einfach.« Sie hörte die tiefe, sonore Stimme des Kommissars und versuchte, sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

      »Welches Leben meinen Sie denn? «

      Herr Wiesner zuckte leicht zusammen, ehe er sie wieder klar und deutlich ansah. »Hannah es tut mir Leid. Wir bzw. deine Eltern hatten keine Wahl. Sie mussten in ein Zeugenschutzprogramm.« Er hob beschwichtigend die Hände. »Dass das nicht leicht werden wird, war uns bewusst.«

      Ja ihnen war es das vielleicht gewesen. Aber sie und ihr Bruder waren ungefragt mit hineingezogen worden. Sie waren in diesem Strudel der Vergangenheit geboren worden.

      »Warum? Ich habe nie eine Antwort darauf erhalten. Aber jetzt möchte ich endlich wissen was so verdammt Schlimmes geschehen ist, dass sie das tun mussten. Weshalb sie ihr und damit auch unser Leben aufgeben mussten.« Eigentlich hatte sie keine Ahnung, ob sie wirklich bereit dafür war, aber sie wollte jetzt ein für alle mal die Wahrheit. Für sich und ihren Bruder. Und für ihre Zukunft. Sofern ihr Bruder noch eine hatte.

      Herr СКАЧАТЬ