Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Джек Лондон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813475

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      »Wir brauch­ten das Geld, Sa­xon. Wir brauch­ten das Geld.«

      Sie konn­te se­hen, dass er nicht be­trun­ken war, und aus sei­nen un­zu­sam­men­hän­gen­den Wor­ten wur­de ihr klar, dass er Fie­ber hat­te.

      »Er war eine Über­ra­schung«, fuhr er in sei­nen Be­trach­tun­gen fort, wäh­rend sie ihm beim Aus­zie­hen half und all­mäh­lich bruch­stück­wei­se er­fuhr, was ge­sche­hen war. »Er war ein un­be­kann­ter Bo­xer aus Chi­ca­go. Sie sag­ten nicht ein Wort vor­her. Ja, der Se­kre­tär vom Eli­te-Club mein­te al­ler­dings, dass er mir zu schaf­fen ma­chen wür­de. Und ich wür­de ge­won­nen ha­ben, wenn ich in Form ge­we­sen wäre. Aber fünf­zehn Pfund we­ni­ger im Ge­wicht und kein Trai­ning – das ist kei­ne Form. Dazu habe ich auch die letz­te Zeit ziem­lich viel ge­trun­ken, und so konn­te ich nicht fest ste­hen.«

      Aber Sa­xon, die ihm das Hemd aus­zog, hör­te nicht mehr zu. Wie sein Ge­sicht, so war auch sein präch­ti­ger mus­ku­lö­ser Rücken – sie kann­te ihn nicht wie­der. Die wei­ße glat­te Haut war zer­ris­sen und blu­tig. Die meis­ten der Ris­se gin­gen quer über den Kör­per, ei­ni­ge aber gin­gen auch von oben nach un­ten.

      »Wo hast du das nur be­kom­men?« frag­te sie.

      »Am Seil. Ich war mehr­mals am Seil, und der Ge­dan­ke macht mich nicht ge­ra­de stolz. Nun ja, er hat mir mein Fett ge­ge­ben. Aber ich führ­te ihn doch an. Knock out krieg­te er mich nicht. Ich hielt alle zwan­zig Run­den durch, und ich will dir nur sa­gen – er hat ein paar ab­ge­kriegt, an die er auch den­ken wird. Aber wel­che Prü­gel! Oha, wel­che Prü­gel! So et­was hab ich noch nicht er­lebt. Den ›Schre­cken von Chi­ka­go‹ nen­nen sie ihn, und ich zie­he mei­nen Hut vor ihm. Er ist ein tüch­ti­ger Kerl. Aber wenn ich in Form ge­we­sen wäre und mehr Luft ge­habt hät­te, wür­de ich doch mit ihm fer­tig ge­wor­den sein. Au, au, pass auf. Das ist wie eine Beu­le!«

      Sa­xon hat­te nach sei­nem Leib­rie­men ge­sucht und hat­te da­bei einen flam­mend­ro­ten Fleck, so groß wie ein Sup­pen­tel­ler, be­rührt.

      »Das kommt von den Nie­ren­schlä­gen«, er­klär­te Bil­ly. »Da­rin war er der rei­ne Teu­fel. Fast je­des Mal, wenn wir im Clinch wa­ren, stieß er zu, so si­cher wie ein Uhr­werk. Es wur­de so emp­find­lich, dass ich da­bei di­rekt zu­sam­men­fuhr – bis ich un­si­cher auf den Bei­nen wur­de und nicht mehr viel von mir wuss­te. Es ist kein Schlag, der einen er­le­digt, aber er ent­kräf­tet schreck­lich, wenn man lan­ge kämpft. Man wird so merk­wür­dig schlapp da­von.«

      Sa­xon hat­te Trä­nen in den Au­gen, und sie hät­te wei­nen mö­gen über die Be­hand­lung, die dem Kör­per ih­res schö­nen, kran­ken Jun­gen zu­teil ge­wor­den war.

      Als sie sei­ne Ho­sen am an­de­ren Ende der Stu­be auf­hän­gen woll­te, hör­te sie das Klir­ren von Geld­stücken. Er rief sie zu­rück und zog eine Hand­voll Sil­ber aus der Ta­sche.

      »Wir brauch­ten das Geld, wir brauch­ten das Geld«, mur­mel­te er im­mer wie­der, wäh­rend er ver­such­te, die Mün­zen zu zäh­len, und Sa­xon wuss­te, dass er wie­der irre re­de­te.

      Es schnitt ihr ins Herz, denn sie muss­te sich der bit­tern Ge­dan­ken er­in­nern, die in der letz­ten Wo­che ih­ren Glau­ben an Bil­ly fast nie­der­ge­ris­sen hat­ten. Und schließ­lich war er ja doch mit sei­nem gan­zen wun­der­ba­ren Kör­per nur ein Jun­ge, ihr Jun­ge. Um ih­ret­wil­len, um des Hau­ses und der Mö­bel wil­len, die ihr Haus und ihre Mö­bel wa­ren, hat­te er sich die­ser furcht­ba­ren Stra­fe aus­ge­setzt. Er sag­te es jetzt, als er kaum noch wuss­te, was er sag­te: »Wir brauch­ten das Geld.« Hier, in sei­nem halb be­wusst­lo­sen Zu­stand, als die Ban­de, die sei­ne See­le fes­sel­ten, ge­löst schie­nen, trat der Ge­dan­ke an sie wie­der an die Ober­flä­che. Wir brauch­ten das Geld. Wir!

      Die Trä­nen lie­fen ihr über die Wan­gen, als sie sich zu ihm hin­ab­beug­te, und es war ihr, als hät­te sie ihn nie so heiß ge­liebt wie in die­sem Au­gen­blick.

      »Hier, zähl du das Geld«, sag­te er, die an­stren­gen­de Ar­beit auf­ge­bend, und reich­te es ihr. »Wie viel kriegst du her­aus?«

      »Neun­zehn Dol­lar und fünf­und­drei­ßig Cent.«

      »Das stimmt – so­viel kriegt der Be­sieg­te – zwan­zig Dol­lar. Ich trank ein paar Glas und trak­tier­te auch die an­de­ren, und dann die Stra­ßen­bahn. Hät­te ich ge­won­nen, so wür­de ich hun­dert ge­kriegt ha­ben. Da­für hat­te ich ge­kämpft. Dann wä­ren wir jetzt aus dem Dreck her­aus – vor­läu­fig je­den­falls. Aber nimm das Geld und be­hal­te es. Es ist doch je­den­falls bes­ser als gar nichts.«

      Als er ins Bett kam, konn­te er nicht schla­fen, so schmerz­ten ihm alle Glie­der, und Stun­de auf Stun­de war sie um ihn be­müht, leg­te ihm fri­sche war­me Um­schlä­ge auf die ge­schwol­le­nen Stel­len und ver­schaff­te ihm Lin­de­rung, in­dem sie die Ris­se so be­hut­sam wie mög­lich mit Cold­cream ein­rieb. Und un­ter­des­sen schwatz­te er, hin und wie­der von ei­nem kla­gen­den Stöh­nen un­ter­bro­chen, und durch­leb­te wie­der den gan­zen Kampf, klag­te über das Geld, das ihm ent­gan­gen war, und groll­te über die Krän­kung, die sein Stolz er­lit­ten hat­te. Denn schlim­mer als al­les, was er kör­per­lich litt, war die Krän­kung, die sei­nem Stolz zu­ge­fügt war.

      Schließ­lich, als der Tag an­brach, schlief Bil­ly ein. Er stöhn­te und jam­mer­te, sein Ge­sicht war von Schmerz ver­zerrt, und er warf sich hin und her in sei­nen ver­geb­li­chen Ver­su­chen, Ruhe und Lin­de­rung zu fin­den.

      Also das ist Bo­xen, dach­te Sa­xon. Es war viel schlim­mer, als sie es sich ge­dacht hat­te. Sie hat­te nicht ge­ahnt, dass man mit Box­hand­schu­hen sol­chen Scha­den an­rich­ten konn­te. Er durf­te nie wie­der bo­xen. Dann lie­ber Ra­dau auf der Stra­ße. Sie dach­te dar­über nach, wie viel von sei­ner Sei­de wohl ver­lo­ren ge­gan­gen sein moch­te, als er et­was mur­mel­te und die Au­gen auf­schlug.

      »Was ist?« frag­te sie, aber im sel­ben Au­gen­blick er­kann­te sie, dass sei­ne Au­gen nichts sa­hen, und dass er im Fie­ber sprach.

      »Sa­xon! – Sa­xon!« rief er.

      »Ja, Bil­ly. Was ist?«

      Er tas­te­te mit der Hand dort­hin, wo er sie un­ter nor­ma­len Ver­hält­nis­sen ge­fun­den hät­te.

      Dann rief er sie wie­der, und sie rief ihm ins Ohr, dass sie bei ihm wäre. Er seufz­te er­leich­tert und mur­mel­te mit ge­bro­che­ner Stim­me:

      »Ich muss­te es tun – wir brauch­ten das Geld.«

      Er schloss die Au­gen und schlief jetzt ru­hi­ger, wenn er auch im­mer noch im Schla­fe mur­mel­te. Sie hat­te von Ge­hirn­er­schüt­te­run­gen ge­hört und war sehr ängst­lich. Da fiel ihr ein, dass er ihr er­zählt hat­te, Bil­ly Mur­phy hät­te ihm Eis auf den Na­cken ge­legt.

      Sie warf einen Schal über und lief in die Wirt­schaft an der Ecke. Der Kell­ner hat­te ge­ra­de auf­ge­macht und feg­te aus. Er gab ihr so­viel Eis, wie sie СКАЧАТЬ