Gesammelte Werke. Джек Лондон
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 108

Название: Gesammelte Werke

Автор: Джек Лондон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813475

isbn:

СКАЧАТЬ sei­ne lang­sa­men, be­son­ne­nen Be­we­gun­gen wa­ren noch lang­sa­mer und be­son­ne­ner als sonst. Aber der Whis­ky wirk­te auf sein Ge­hirn, mach­te sei­ne Li­der schwer, die Au­gen selbst noch ge­wit­ter­haf­ter als sonst. Er sag­te nicht viel, aber das we­ni­ge, was er sag­te, war düs­ter und schwer wie ein Ora­kel. Bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten war es nicht mög­lich, sei­nen Stand­punkt zu er­schüt­tern oder mit ihm zu dis­pu­tie­ren.

      Es war kei­ne an­spre­chen­de Sei­te sei­nes We­sens, die Sa­xon in die­sen Ta­gen sah. Es war fast, als sei es ein frem­der Mann, mit dem sie zu­sam­men­le­ben muss­te, und so sehr sie sich auch an­streng­te, be­gann ihr doch fast vor ihm zu schau­dern. Frü­her war er im­mer be­müht ge­we­sen, Streit und Schlä­ge­rei­en zu ver­mei­den. Jetzt ge­noss er das, war ent­zückt, wenn er mit da­bei sein konn­te, und such­te selbst je­den An­lass, den er fin­den konn­te. Al­les das kam deut­lich in sei­nem Ge­sicht zum Aus­druck. Er war nicht mehr der fro­he, lä­cheln­de Jun­ge. Er lä­chel­te sel­ten. Sein Ge­sicht war das ei­nes Man­nes. Die Lip­pen, die Au­gen, die Li­ni­en um den Mund wa­ren un­barm­her­zig, wie sei­ne Ge­dan­ken un­barm­her­zig wa­ren.

      Er war sel­ten un­freund­lich zu Sa­xon, an­de­rer­seits war er aber auch sel­ten wirk­lich freund­lich. Sei­ne Hal­tung ihr ge­gen­über wur­de ne­ga­tiv. Er in­ter­es­sier­te sich nicht für sie. Trotz dem Kampf, den sie ge­mein­sam, Schul­ter an Schul­ter, für die Prin­zi­pi­en der Ge­werk­schaf­ten kämpf­ten, nahm sie nur einen ge­rin­gen Raum in sei­nen Ge­dan­ken ein. Wenn er freund­lich zu ihr war, konn­te sie se­hen, dass es rein me­cha­nisch ge­sch­ah, wie sie sich auch völ­lig klar dar­über war, dass er rein ge­wohn­heits­mä­ßig zärt­lich zu ihr sprach oder sie lieb­kos­te. Die un­mit­tel­ba­re Wär­me, die sei­ne Wor­te und Lieb­ko­sun­gen er­füllt hat­te, war jetzt ver­schwun­den. Hin und wie­der, wenn er nicht be­trun­ken war, konn­te er für Au­gen­bli­cke der alte Bil­ly sein; aber selbst die­se flüch­ti­gen Au­gen­bli­cke wur­den im­mer sel­te­ner. Meis­tens ging er in sei­nen ei­ge­nen düs­te­ren Ge­dan­ken um­her. Die schwe­ren Zei­ten und der schwe­re Druck des Kamp­fes, der zwi­schen Ar­bei­tern und Ar­beit­ge­bern aus­ge­foch­ten wur­de, stell­te ihn auf eine har­te Pro­be. Das war be­son­ders auf­fal­lend, wenn er schlief; denn dann wur­de er von wil­den, ge­setz­lo­sen Träu­men ge­quält, er stöhn­te und mur­mel­te, ball­te die Fäus­te und knirsch­te mit den Zäh­nen, dreh­te und wand sich un­ter star­ken Mus­kel­an­span­nun­gen, wäh­rend sein Ge­sicht von bö­sen Lei­den­schaf­ten ver­zerrt war und sei­ne Keh­le un­ter furcht­ba­ren Flü­chen ar­bei­te­te, die in einen merk­wür­dig scheu­ern­den Laut en­de­ten. Sa­xon, die ne­ben ihm lag, ängs­tig­te sich vor die­sem frem­den Mann, den sie nicht kann­te, und sie er­in­ner­te sich des­sen, was Mary ihr von Bert er­zählt hat­te. Auch er hat­te ge­flucht und die Fäus­te ge­ballt und nachts wie­der die Kämp­fe des Ta­ges aus­ge­foch­ten. Aber ei­nes sah Sa­xon ganz deut­lich. Es war nicht Bil­lys Schuld, dass er sich zu die­sem an­de­ren, we­nig an­spre­chen­den Bil­ly ent­wi­ckel­te. Wäre kein Streik, kein Zank und Streit um die Ar­beit ge­we­sen, so wür­de es nur den al­ten Bil­ly ge­ge­ben ha­ben, den sie so voll und ganz ge­liebt hat­te. Dies Schreck­li­che, das auf dem Grun­de sei­nes We­sens schlum­mer­te, wür­de wei­ter­ge­schlum­mert ha­ben. Wenn aber der Streik an­dau­er­te, so fürch­te­te sie, und das mit gu­tem Grun­de, dass die­ses zwei­te un­heim­li­che Ich Bil­lys stark wer­den und ab­schre­cken­de­re For­men an­neh­men wür­de. Und das, wuss­te sie, war gleich­be­deu­tend mit dem Un­ter­gang ih­res Lie­bes­le­bens. Ei­nen sol­chen Bil­ly konn­te sie nicht lie­ben, und ein sol­cher Bil­ly war sei­nem We­sen zu­fol­ge we­der im­stan­de, Lie­be zu ge­win­nen noch zu ge­ben. Und bei dem Ge­dan­ken, dass Kin­der kom­men konn­ten, wur­de sie von ei­ner furcht­ba­ren Angst ge­packt. Das wäre zu schreck­lich ge­we­sen.

      Auch Bil­ly hat­te sei­ne Pro­ble­me – Fra­gen, die er nicht be­ant­wor­ten konn­te.

      »Wa­rum wol­len die Bau­hand­wer­ker nicht strei­ken?« lau­te­te eine der Fra­gen, die er er­bit­tert in die Dun­kel­heit hin­aus­schleu­der­te, die die Wege der Men­schen und des Le­bens ver­hüll­te. »Aber nein, O’Bri­en will nicht mit­strei­ken, und er be­herrscht die Bau­hand­wer­ker voll­kom­men. Und der Teu­fel holt den Zu­sam­menschluss der Ar­bei­ter! Du mei­ne Güte – es ist eine Ewig­keit her, dass ich we­der eine or­dent­li­che Zi­gar­re noch eine Tas­se an­stän­di­gen Kaf­fee be­kom­men habe. Ich habe ver­ges­sen, was gu­tes Es­sen heißt. Ich ließ mich ges­tern wie­gen. Fünf­zehn Pfund ab­ge­nom­men, seit der Streik be­gann. Wenn es noch lan­ge dau­ert, kann ich bald als Mit­tel­ge­wicht kämp­fen. Und das ist al­les, was ich da­von habe, dass ich die gan­zen Jah­re mei­ne Ge­werk­schafts­bei­trä­ge be­zahlt habe. Ich kann kein or­dent­li­ches Es­sen krie­gen, und mei­ne Frau muss ei­nem frem­den Mann das Bett ma­chen. Das macht mich toll. Ei­nes Ta­ges lau­fe ich rü­ber und schmei­ße den Zim­mer­herrn raus.«

      »Aber es ist doch nicht sei­ne Schuld, Bil­ly«, wand­te Sa­xon ein.

      »Wer sagt, dass es sei­ne Schuld sei?« frag­te Bil­ly ge­reizt. »Aber des­halb macht es mich doch toll. Wel­chen Zweck ha­ben die Ge­werk­schaf­ten, wenn man nicht zu­sam­men­hält? Ich möch­te am liebs­ten die gan­ze Ge­schich­te an den Na­gel hän­gen und zu den Ar­beit­ge­bern über­ge­hen. Aber den Tri­umph sol­len sie doch nicht er­le­ben, die ver­fluch­ten Schur­ken! Wenn sie glau­ben, sie könn­ten uns in die Knie zwin­gen, so lass sie nur ihr Glück ver­su­chen – mehr kann ich nicht sa­gen. Aber be­grei­fen kann ich es doch nicht. Die gan­ze Welt ist ver­rückt ge­wor­den. Es ist kein Sinn mehr dar­in. Was nützt es, eine Ge­werk­schaft zu un­ter­stüt­zen, die kei­nen Streik ge­win­nen kann? Was nützt es, Streik­bre­chern die Köp­fe zu zer­schla­gen, wenn im­mer wie­der neue kom­men?«

      Ein sol­cher Aus­bruch Bil­lys war in­des­sen sehr sel­ten, und es war das ers­te­mal, dass Sa­xon ihn hör­te. Er war im­mer mür­risch, ei­gen­sin­nig und zähe, und der Whis­ky trug dazu bei, die Wür­mer der Selbst­si­cher­heit in sei­nem Ge­hirn zu wim­meln­dem Le­ben zu er­we­cken.

      Ei­nes Abends kam Bil­ly erst nach zwölf Uhr heim. Sa­x­ons Angst stieg, weil sie ein Gerücht ge­hört hat­te, dass es eine Prü­ge­lei zwi­schen Po­li­zei und Strei­ken­den ge­ge­ben hät­te. Als Bil­ly kam, sah sie gleich, dass das Gerücht die Wahr­heit ge­spro­chen hat­te. Die Rock­är­mel wa­ren ihm halb ab­ge­ris­sen, die Kra­wat­te war ver­schwun­den und alle Hemd­knöp­fe auf der Brust wa­ren ab­ge­ris­sen. Als er den Hut ab­nahm, sah Sa­xon zu ih­rem Schre­cken, dass er eine Beu­le von der Grö­ße ei­nes Ap­fels am Kop­fe hat­te.

      »Weißt du, wer das ge­tan hat? Der ver­fluch­te Deut­sche Her­man­mann, und zwar mit ei­nem Knüp­pel. Aber ich will ihn leh­ren und so, dass er es nicht wie­der ver­gisst. Und auch einen an­de­ren Bur­schen habe ich mir ge­merkt und wer­de ihn mir kau­fen, wenn der Streik vor­bei ist und wir ein biss­chen zur Ruhe ge­kom­men sind. Er heißt Blan­chard, Roy Blan­chard.«

      »Doch nicht von der Fir­ma Blan­chard, Per­kins & Co.?« frag­te Sa­xon, die Bil­lys Wun­de aus­wusch und wie ge­wöhn­lich al­les, was in ih­rer Macht stand, tat, um ihn zu be­ru­hi­gen.

      »Eben – nur dass er der Sohn des Al­ten ist! Was tut er, der nie et­was an­de­res ge­tan hat, als mit dem Geld des Al­ten um sich zu schmei­ßen? Spielt СКАЧАТЬ