Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien. Alexander von Ungern-Sternberg
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СКАЧАТЬ auf deinen schwarzen Stunden ruht, armer Junge. Denn daß es schwarze Stunden sind, davon bin ich überzeugt, du würdest sonst nicht so bleich ausschauen und so scheu und verwildert heimkommen, wenn du einmal wieder die Nacht im Gebirge zugebracht hast.«

      »Was hat dir der William getan, daß du auf ihn schmähst?« sagte Olivier. »Soviel ich weiß, ist er dir nie in den Weg gekommen. Er bringt seine Kohlen, liefert sie an dem bestimmten Ort ab und geht weiter. Es gibt kein harmloseres Geschöpf als diesen Alten. Freilich sind die Säcke, in denen er seine Ware trägt, schwarz, und wenn du, da ich mich ihm zur Hilfe oft mit diesen Säcken belade und meine Kleider schwärze, dies meine schwarzen Stunden nennst, so sollst du recht haben.«

      »Nein, nein, so meine ich's nicht!« sagte Master Toni unmutig. »Lehre mich den Alten nicht kennen. War ich nicht gegenwärtig, als er dir einmal versprach, er wolle dich, der Himmel weiß durch welch ein Zaubermittel, in die Tiefe des Sees bringen und dich dort in den Straßen und auf den Plätzen der versunkenen Stadt wandeln lassen?«

      Das dunkle Auge Oliviers blitzte auf. »Ja,« rief er, »das hat er mir versprochen, und ich zweifle keinen Augenblick, daß er sein Versprechen zu halten vermag! Denkt nur, Freund Antoni, wie herrlich es sein muß, wenn ich in stiller Mitternacht dort unten wandeln und mir die Schlummernden, die in einem viele hundert Jahre dauernden Schlafe liegen, anschauen werde! Aber sie schlafen nicht alle. Ich weiß es. Die schöne Jungfrau, die in dem Palaste einsam auf silberschimmernden Polstern ruht, in der Hand das Szepter von Korallen und auf der Stirn die Perle der Königin Laraith, ein Talisman, der ewige, unzerstörbare Jugend und Schönheit verleiht, diese schlummert nicht. Aber der See ist nicht das Einzige und nicht das Wichtigste, was mir Willi zu zeigen vermag; er ist der Herr über noch ganz andere Geheimnisse.«

      »Er ist der Herr über tausend Narrheiten!« rief der Zwerg unwillig. »Ich kann mich mit den Leuten nicht vertragen, die stets mit wundersamen Dingen sich umgeben und nur dunklem und verbotenem Wissen nachstreben.«

      »Alsdann muß dir auch der Schloßherr als ein verachtungswertes Wesen erscheinen,« sagte Olivier rasch; »denn schließt er sich nicht ganze Tage und Nächte mit Onofrius ein, wenn dieser auf seinen geheimnisvollen Reisen hier einmal einen längeren Aufenthalt macht? Und beschwört er nicht mit diesem Gehilfen Geister und macht Gold?«

      »Wir wollen davon nicht sprechen,« sagte Antonius, kurz abbrechend. »Was der Mann tut und was der Knabe tut – kann nicht einunddasselbe sein, wenn es auch denselben Namen führt. Was sagst du, Georg; möchtest du auch die Stadt Hath sehen auf dem Seegrunde?«

      »Viel lieber die alte Stadt Paris auf der lichten Erdoberfläche!« rief der Gefragte. »Ach, welch ein schönes Leben dort drüben auf der sonnenbeschienenen Erde Frankreichs!« –

      »Mich schaudert wenn ich an das Gewühl der Städte denke!« sagte Olivier. »Was erschaut nur das Auge an diesen zahllosen, durcheinander irrenden Gestalten? Alles irdische, vergnügungssüchtige, Beweglichkeit, und getrieben von einer leeren Sucht nach Gepränge und Ziererei.«

      »Denke an die schönen Frauen!« warf Georg ein.

      »Gerade die sind mir am meisten verhaßt. Du lieber Himmel, was sind das für Weiber! Wenn man sie anschaut, überfällt einen der Ekel, und man fühlt sich an alles Erbärmliche erinnert, was die Erde trägt.«

      »Freilich, für einen der in den Grüften und unter einem Sargdeckel seine Liebschaften aufsucht, sind diese armen Weiber nichts!« sagte Antonius. Diese Worte waren so leise hingesprochen, und der Schall wurde absichtlich zu den Nebeln des Sees hingelenkt, daß beide Jünglinge nichts von ihm vernahmen; aber in das Ohr eines dritten gelangten sie; dies war der Köhler William, der auf einem Vorsprung des Felsens, wenige Fuß tiefer stand und, unbemerkt und unbeweglich an die finstere Wand sich lehnend, dem Gange der Unterhaltung der über ihm Sitzenden gefolgt war.

      »Ei, wie klug!« murmelte er vor sich hin. »Was weißt du, roter Lichtkäfer, von den Liebschaften meines Jungen? Sieh doch! Sei vorsichtig, mein Olivier.«

      Georg erzählte jetzt von seinen Wanderungen in früher Jugend und seinem Aufenthalt in den volkreichen Städten, Olivier und Antonius hörten ihm mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Es war weit über Mitternacht, als die drei Nachtschwärmer nach Hause kamen.

      13.

       Die Freunde

       Inhaltsverzeichnis

      Es pflegt in der Welt sich wohl zu ereignen, daß Charaktere, die sich anfangs gegenseitig abgestoßen, später sich ebenso lebhaft einer den andern anziehen, wie sie sich früher gemieden. So war es bei Olivier und Georg. Oft gaben zu diesen Annäherungen Zufälligkeiten die Veranlassung; aber diese geringen Anlässe würden nie imstande gewesen sein, eine nachhaltige Wirkung auszuüben, wenn nicht in den beiden bis jetzt noch voneinander abgewendeten Individualitäten bereits der Keim eines künftigen, innigen Aneinanderschließens gelegen hätte. Des jungen Schotten düstere Verschlossenheit, seine Vorliebe für die Einsamkeit, so gänzlich entgegen beides dem heiteren Sinne seines Genossen war, verfehlten doch nicht, anfangs dessen Neugier zu reizen, aus welcher dann eine lebhafte Teilnahme wurde. Hätte Georg, wie bisher, im Verkehr mit vielen Altersgenossen gelebt, hätte er die Wahl gehabt, welchem von diesen er sich zuwenden wolle, so wäre ohne Zweifel ein solcher Bund, wie wir ihn beschreiben wollen, nie oder auf sehr langsamem Wege zustande gekommen. So aber taten das stete Beisammensein und die Entfernung aller andern bestimmenden Elemente des Umganges das ihrige. Hatte Georg es einmal erreicht, die Lippen seines Genossen zu einem Gespräche, zu einer Mitteilung, zu einem Geständnis zu öffnen, so war die unausbleibliche Folge, daß das, was Olivier ihm vertraute, seine Aufmerksamkeit im hohen Grade rege machte. Die Weltanschauung des Einsamen hat immer Reiz für den weltlich Gesinnten, schon der Neuheit der Bilder, des Unerwarteten in der Reihenfolge der Betrachtungen und Urteile wegen. Wenn dies bei Männern der Fall ist, wie viel mehr bei der leicht erregten Jugend. Mit fünfzehn Jahren gibt es noch keine Menschenhasser. Olivier seinerseits fand sich unbewußt angetrieben, für seine Sinnesweise Anhänger zu gewinnen; die frische Lebendigkeit und Empfänglichkeit Georgs reizten ihn. Er gewöhnte sich, in dieser muntern Laune nicht mehr einen unbesiegbaren Feind zu sehen, und später gab er sich sogar der Hoffnung hin, in ihr einen Bundesgenossen zu seinen Bekehrungsplänen zu finden. Der Köhler, vor dem er keine Geheimnisse hatte, riet ihm lebhaft ab, sich dem jungen Deutschen anzuschließen. Als er jetzt auf seinem Willen bestand, mußte sich der Alte dazu verstehen, diesem Gelüste den Zügel schießen zu lassen. Olivier wählte jetzt die einsame Köhlerhütte, tief im waldigen Gebirge, zum Zielpunkte der Wanderungen, die er mit Georg antrat, und wo ihnen Antonius nicht folgen konnte, da ein hartnäckiges Übel ihn an das Krankenlager fesselte. Meister Ulrich, dem einstweilen die Pflicht zuerteilt wurde, die Jünglinge zu begleiten und zu beaufsichtigen, wußte sich von dieser lästigen Verbindlichkeit freizumachen.

      »Hast du schon von unserer baldigen Aufnahme in den Orden etwas vernommen?« fragte Georg seinen schweigsamen Begleiter, als beide in der finstern Waldschlucht dahinwandelten.

      »Nein, und ich zweifle, daß wir das geringste Wort früher erfahren, als bis der Tag und die Stunde da ist, wo diese Aufnahme stattfindet,« entgegnete der Gefragte.

      »Wozu nur diese Geheimnisse?«

      »Wozu? Kann das ein Jünger Loyolas fragen?«

      »Loyola? Der war der Stifter der Jesuiten?« fragte Georg zweifelnd.

      »Er war der Glückliche, der Gottgeliebte, dem wir hier dienen,« sagte der Jüngling mit schwärmerischem Blicke.

      »Es ist aber schon СКАЧАТЬ