Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien. Alexander von Ungern-Sternberg
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СКАЧАТЬ von praktischer Nützlichkeit für sich und war deshalb von dem Präsidenten der lustigen Brüderschaft vorgeschlagen worden, dem gelehrten Paraclet.

      »Ich bin unter Brüdern meine fünfhundert Goldstücke wert!« rief Vinzent hochmütig, indem er seinen Kopf zurückwarf und die Miene eines Doktors dreier Fakultäten annahm.

      »Und ich!« sagte Robertus, ein schlanker Piemontese – »ich bin unbezahlbar. Wer mich kaufen wollte, müßte die Schätze Golkondas haben, denn ich bin gelehrt, wohl gewachsen, in der Beredsamkeit gut bewandert, ich verstehe mich auf meine Waffe, und obgleich ich kein Händelmacher bin, so geht mir doch jedermann aus dem Wege. Wenn ich mich öffentlich zeige, so findet man meinen Anzug untadelhaft, und wer ein Auge für einen zierlichen Gang hat, entdeckt bald, daß an dem meinigen zwei Reize in gleichem Maße sich ausgebildet finden; die Anmut und die Kraft. Dabei verstehe ich es, ein treuer, aufopfernder Freund zu sein und meine Geliebten, soviel ich deren gehabt habe, sind gut mit mir zufrieden gewesen und – bei dem Barte der heiligen Ursula, sie hatten alle Ursache dazu.«

      »Hör' auf!« riefen einige Freunde; »du bist unbezahlbar, damit ist schon alles gesagt. Wahrlich, wenn wir die Prahlhänse unter uns fragen wollten, wir hätten einen übeln Markt, und die Käufer liefen uns schnurstracks davon.«

      »Und um eins nicht zu vergessen!« rief Robertus. »Mein Zitherspiel! Freunde, mein Zitherspiel! Ihr wißt wie ich die Saiten zu rühren pflege, wenn –«

      »Du deine Kehle gehörig mit Wein ausgespült! Ja, das wissen wir,« riefen die Ungläubigen lachend. »Sei jetzt still; wir bitten darum. Nichts ist einem Manne ungeziemender als maßlose Prahlerei. Nun du, Bacchus – es kommt die Reihe an dich. Wie hoch veranschlagst du deinen hübschen, kleinen Körper, der so biegsam wie eine Weidenrute ist. Was forderst du für deine Stimme, die so gut alte nordische Balladen singt. Sprich – sei nicht blöde. Neben dem Prahler Robertus wird sich deine dreisteste Forderung immer noch wie Bescheidenheit ausnehmen.«

      »Ach – was bin ich? Was hab' ich?« sagte der Blondkopf plötzlich niedergeschlagen und die Arme über die Brust gekreuzt. »Ich kam arm hier in dieses Land und in diese Stadt, in der Tausende sich Reichtümer und Ansehen erwerben, Und wenn ich gehe, werde ich arm scheiden, wie ich arm gekommen bin. Für mich blüht kein Glück, Freunde, weder in der Heimat noch in der Fremde. Sicherlich, so wie ihr mich vor euch seht, bin ich nichts wert, nicht mal jenen schäbigen Kupferdreier, den die Bettlerin hingab, um sich dafür ein Kind zu mieten, mit dem auf dem Arme sie das Mitleid der Vorübergehenden in doppeltem Grade zu beanspruchen gedenkt.«

      »Oho, Bacchus!« nahm hier der Gelehrte Paraclet das Wort, »du übertreibst es wieder in der Kleinmütigkeit. Was fehlt dir, mein Junge? Du warst ja vor kurzem die Ausgelassenheit selbst.«

      »Gebt ihm Wein, mehr Wein!« riefen einige. »Die kleine Bestie hat einen ausgepichten Magen, der eimerweise den Wein in sich aufnimmt! Was diese Deutschen trinken können! Meine Großmutter«, setzte einer hinzu, »hat mir ein naturgeschichtliches Beispiel erzählt von einem Deutschen der nach Paris kam, sechs Witwen und fünf Jungfrauen mitbrachte und im Zeitraume von einem Jahr sich Vater sah bei sämtlichen Weibern und dabei zwölf Weinschenkenhalter ruiniert hatte, deren Vorräte er durch die Gurgel jagte, ohne ihnen auch nur einen Sou zu bezahlen. Meine Großmutter pflegte hinzuzusetzen, daß dies ein Mann gewesen sei mit einem roten Barte, von starken Knochen und nicht besonders fett.«

      »Merkwürdig!« riefen die Zuhörer.

      »Aber nun, Bacchus! Willst du wohl uns zu Willen sein! Setze einen Preis auf dich! Mach geschwind!« –

      Der Wirt der Herberge zu den drei brennenden Herzen trat jetzt in den Kreis und sagte: »Ich biete ihm zwölf Goldstücke jährlich, wenn er bei mir bleiben und den Schenken hinter meinem Ladentische machen will. Dabei soll er für den Sonntag und den Feiertag ein neues Wams haben und sechs Wochen im Jahr Urlaub zu einer Wanderschaft.«

      »Das läßt sich hören, Meister Jacques Bertholet!« rief der Blondkopf. »Wenn ich wüßte, daß Ihr es ehrlich meint –«

      »Geh doch – du willst doch nicht den Musen untreu werden, Bacchus?« rief Paraclet unwillig. »Schäme dich, Jünger der Wissenschaft!«

      »Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll,« entgegnete der Gescholtene kleinlaut. »Ich habe heute meine letzten Bücher verkauft!« –

      »Es geht auch ohne Bücher! Sieh, wir alle haben keine mehr.«

      Während der junge Mann noch unschlüssig dastand, drängte sich eine an diesem Orte ungewöhnliche Gestalt in den Kreis. Es war der finstere, große, in einen bis auf die Fersen herabhängenden schwarzen Mantel gehüllte Fremde, der nun plötzlich mitten unter den Jünglingen stand und seine dunkel rollenden Augen im Kreise herumgehen ließ.

      »Ein guter Christ bietet nicht mehr für eine so leichte, lose Ware!« sagte der Schenkwirt, indem er sich wieder hinter seinen Tisch zurückzog.

      »So mag der Teufel mich teurer bezahlen!« schrie der junge Deutsche, wieder in seine frühere Lustigkeit übergehend. »Für hundert Goldstücke soll mich der Fürst der Nacht haben. Dies schwör' ich beim Namen meines Vaters.«

      »Hier ist das Gold!« rief der Fremde, »und – du bist mein!«

      Ein allgemeiner Aufschrei des Erstaunens wurde hörbar. Man schloß den Kreis dichter, aller Augen leuchteten. Die Szene war so neu wie überraschend. Der Teufel kam, um sich angesichts einer lustigen, sorglosen Menge auf die unverschämteste Weise seine Beute zu holen. Einige umschlossen mit nervigen Armen den Jüngling und zogen ihn mit sich fort aus dem Kreise heraus, andere hoben ihre Fäuste drohend gegen den Unbekannten auf, dem sie zuriefen, daß er sich sogleich entfernen solle.

      »Das ist der reiche, fremde Ritter, der den Erker in dem Hause drüben innehat,« murmelte der Wirt, der sich unter die jungen Raufbolde mischte, um Frieden zu stiften, denn der Ruf der Scharwache ließ sich bereits zum dritten Male dicht an den geschlossenen Läden hören. Die Glocke vom Turm der Augustiner verkündete Mitternacht.

      Bacchus riß sich von den Armen seiner Genossen los, es fiel ihm ein, daß er die Stunde der Zusammenkunft mit der Dame versäume. Als er auf dem Vorplatz des Hauses sich befand, erfaßte ihn dort der kräftige Arm des Fremden und zog ihn mit sich fort in die Nacht hinaus.

      10.

       Die Reise

       Inhaltsverzeichnis

      Es gelang dem behenden und geschmeidigen Körper des Jünglings, sich von dem Arm seines Begleiters freizumachen, und er begann pfeilschnell seinen Lauf durch die dunkeln, einsamen Straßen der Stadt. Er durchflog mehrere kleine, enge Gäßchen und gelangte, immer in der Absicht, seinen Verfolger zu täuschen, auf einem Umwege zu dem Orte seiner Bestimmung. Hier fand er die wartende Zofe, und diese führte ihn zu der Portechaise ihrer Herrin.

      In einem Gemache, das mit Pracht ausgestattet war und zu dem ein geheimer Eingang führte, empfing den Jüngling eine Dame, die durch eine Halbmaske sich unkenntlich gemacht hatte und die bei dem Eintritt des Gastes ihre Dienerin entfernte. Der Morgen blickte schon durch das verhüllte Fenster, als er sich von dem üppigen Lager erhob und sich zum Abschied rüstete, ohne daß eine zweite Zusammenkunft verabredet wurde. Die Dame tat geheimnisvoll, sie sprach von Verfolgungen, denen sie ausgesetzt sei und die sie zur Vorsicht zwängen. Sie zog einen kostbaren Ring vom Finger und bat, diesen zum Andenken zu behalten.

      Auf der Straße angelangt, wollte СКАЧАТЬ