Gesammelte Werke. Isolde Kurz
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Isolde Kurz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962812515

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СКАЧАТЬ auch der Ga­lia­na, denn als er sie an­schau­te, brach der Son­nen­blick auf sei­nen Zü­gen durch und mach­te, dass die Lieb­li­che zu­rück­lä­chel­te. Da war es um den Gra­fen ge­sche­hen. Jäh und un­wi­der­steh­lich flamm­te in sei­nem Blu­te das Ver­lan­gen auf, die­se ein­zi­ge Ge­stalt zu um­fas­sen und fest­zu­hal­ten und sie mit sich in sein Haus zu füh­ren, kos­te es was es wol­le. Er ent­hüll­te dem kai­ser­li­chen Freun­de die Glu­ten, die ihn ver­zehr­ten, und bat um sei­nen Bei­stand. Fried­rich sag­te ihm die Er­fül­lung sei­ner Wün­sche zu und über­nahm es selbst für ihn zu wer­ben. Al­lein der Va­ter der Ga­lia­na be­sorg­te von ei­ner sol­chen Ver­wandt­schaft Ge­fah­ren für den Frie­den der Sip­pe und der gan­zen Stadt, denn der Graf stand im Rufe, ein Hän­del­su­cher und Un­ter­drücker zu sein, der wo er ein­mal Fuß fass­te, sich als­bald zum Ober­herrn auf­zu­wer­fen such­te. Des­halb be­rief er sich auf das frü­he­re Ver­löb­nis, um dem kai­ser­li­chen An­trag aus­zu­wei­chen. Nun er­bot sich der Herr­scher, der sei­nes Schütz­lings Sa­che mit Ei­fer führ­te, den ers­ten Ver­lob­ten durch ein Le­hens­gut zu ent­schä­di­gen, wenn er sei­nem An­spruch an die Braut ent­sa­ge. Die Fra­ge wur­de den Wei­ses­ten der Stadt zur Be­ra­tung vor­ge­legt, wor­auf alle ein­mü­tig ant­wor­te­ten:

      Wir Män­ner von Vi­ter­bo ste­hen zu dem Kai­ser mit Gut und Le­ben. Er hat uns in al­lem zu ge­bie­ten. Nur über uns­re Töch­ter hat er kei­ne Ge­walt. Wenn Gott uns ein Schön­heits­wun­der ver­lie­hen hat, des­sen­glei­chen kei­ne an­de­re Stadt be­sitzt, so wol­len wir es in un­sern Mau­ern be­hal­ten. Denn wie soll­ten wir vor Mit- und Nach­welt be­ste­hen, wenn es hei­ßen wür­de, dass kein Jüng­ling von Vi­ter­bo wür­dig be­fun­den wor­den sei, die Ga­lia­na heim­zu­füh­ren, und dass zu un­serm Schimpf ein Aus­wär­ti­ger sie weg­ge­holt habe. Der groß­mäch­tigs­te Cae­sar möge be­grei­fen, dass die Ehre von Vi­ter­bo ge­schmä­lert wäre, wenn wir auf sol­che Art ei­nes von un­se­ren fünf Klein­odi­en ein­büß­ten.

      In die­sen Be­scheid muss­te der große Fried­rich sich fü­gen. Als er da­nach auf­brach, um dem vor Tus­cu­lum kämp­fen­den Ghi­bel­li­nen­heer Zu­zug zu brin­gen und den Ge­gen­papst im La­te­ran ein­zu­set­zen, blieb dem Gra­fen von Vico nichts üb­rig, als sei­nem Lehns­herrn zu fol­gen. Aber am Stadt­tor wand­te er sich noch ein­mal zu­rück und tat einen lau­ten Schwur, den alle ver­neh­men konn­ten, dass er wie­der­kom­men und sich die Braut mit Ge­walt ho­len wol­le, soll­te auch dar­über die Stadt in Flam­men auf­ge­hen.

      Der Ga­lia­ni er­schrak, und um der wil­den Dro­hung einen Rie­gel vor­zu­schie­ben, den auch der Kai­ser nicht mehr öff­nen konn­te, stell­te er gleich nach dem Aus­zug des Bar­ba­ros­sa die Ver­mäh­lung sei­ner Toch­ter an. Es war noch ein­mal ein Freu­den- und Ehren­tag für Vi­ter­bo, als die Ga­lia­na im Braut­schmuck zur Kir­che schritt und alle sich am An­blick des Klein­ods wei­den konn­ten, des­sen Be­sitz nun­mehr der Stadt ge­si­chert schi­en. Denn nie­mals hät­te der Kai­ser, der ein so stren­ger Hü­ter der Sit­te war, ei­nem Va­sal­len ge­stat­tet, die ehe­li­che Gat­tin ei­nes an­de­ren in sei­ne Arme zu rei­ßen.

      Nun wirst du als Kind ei­ner neu­en Zeit fra­gen, was denn die Ga­lia­na sel­ber bei die­sen Vor­gän­gen emp­fand? Du darfst nicht ver­ges­sen, dass zu je­ner Zeit eine sol­che Fra­ge von nie­mand ge­stellt wur­de, und dass die Ga­lia­na gar nicht er­war­ten konn­te, man wer­de sich nach ih­rem See­len­zu­stand er­kun­di­gen. In­des konn­te man aus ih­rem ge­hal­te­nen We­sen schlie­ßen, dass sie ohne Ver­lan­gen noch Wi­der­stre­ben, ganz wie es der Brauch er­for­der­te, mit ih­rem Bräu­ti­gam vor den Al­tar tre­te.

      Aber im Schick­sals­buch von Vi­ter­bo stand es ge­schrie­ben, dass die Ga­lia­na den von Vico drei­mal von An­ge­sicht schau­en und dass jede der drei Be­geg­nun­gen ih­nen selbst und der Stadt zum Ver­häng­nis wer­den soll­te.

      In Rom hat­te un­ter­des­sen die un­heil­vol­le zwei­te Krö­nung des Bar­ba­ros­sa statt­ge­fun­den, wo­bei der Ge­krön­te an ei­nem Tag durch die Macht des Un­be­greif­li­chen auf die höchs­te Höhe des Siegs er­ho­ben und in den tiefs­ten Ab­grund des Un­glücks hin­ab­ge­schmet­tert wur­de. Der von Vico hat­te sich, wie zu er­war­ten, tap­fer mit den auf­stän­di­schen Rö­mern her­um­ge­schla­gen, und als die Mäch­te der Na­tur sich zu­gleich mit den Men­schen ge­gen sei­nen Herrn ver­schwo­ren, und der Him­mel selbst ih­rem Bun­de bei­zu­tre­ten schi­en, in­dem er es zu­gab, dass die Re­gen­flu­ten und die gif­ti­ge rö­mi­sche Luft eine Pe­sti­lenz er­reg­ten, von der das Heer des Rot­bart wie Schnee zer­schmolz, da war sein Arm gleich­wohl nicht er­lahmt, son­dern hat­te dem be­dräng­ten Kai­ser we­nigs­tens den Ret­tungs­weg de­cken hel­fen. Da­bei aber war er selbst von der Seu­che er­grif­fen wor­den und hat­te sich mit Mühe auf sei­ne fes­te Burg am See von Vico ge­schleppt, um dort zu ster­ben. Un­glück­li­cher­wei­se je­doch war er un­ter den we­ni­gen, die da­mals von der mör­de­ri­schen Pe­sti­lenz ge­nasen, und die schwe­re Prü­fung hat­te sei­nen ge­walt­tä­ti­gen Wil­len, der noch im­mer nach der Ga­lia­na stand, nicht ge­bro­chen.

      Durch Spä­her, die er heim­lich nach Vi­ter­bo sand­te, wuss­te er, dass die Schö­ne ver­mählt war, und dass man aus großer Furcht vor ihm und sei­nem Schwur sie ängst­lich in­ner­halb der Stadt­mau­ern hü­te­te, die sie nie ver­las­sen durf­te. Er wuss­te aber auch, dass Vi­ter­bo zu ei­nem Dank­fest we­gen glück­li­cher Ab­wen­dung der Seu­che rüs­te­te, das mit dem Bet­gang zu ei­nem vor der Stadt im Grü­nen ge­le­ge­nen Ka­pell­chen des hei­li­gen Se­bas­ti­an be­gin­nen und mit ei­ner großen Volks­be­lus­ti­gung auf der Fest­wie­se schlie­ßen soll­te. Er sand­te des­halb einen sei­ner Knech­te mit Trau­er­ab­zei­chen nach Vi­ter­bo und ließ durch die­sen un­ter dem Schein ei­nes Ge­schäf­tes für die Er­ben die Kun­de ver­brei­ten, dass der Herr von Vico an der Pest ge­stor­ben sei. Mit die­ser List hoff­te er die Ga­lia­na aus dem Stadt­tor zu lo­cken, was ihm auch in der Tat ge­lang.

      Als die Pro­zes­si­on beim Ge­läu­te al­ler Stadt­glo­cken mit Kreu­zen und Fah­nen sich auf das Hei­lig­tum zu­be­weg­te, be­geg­ne­ten dem Zug zwei Mön­che, die mit ei­nem Brie­fe ih­res Abts ein wei­tent­le­ge­nes Klos­ter auf­zu­su­chen hat­ten und zu die­sem Zweck be­rit­ten wa­ren. Die from­men Brü­der stie­gen als­bald ab, führ­ten ihre Pfer­de de­mü­tig am Zü­gel nach und schlos­sen sich den Wall­fah­rern an. Da ver­nahm man vor der Pfor­te der Ka­pel­le plötz­lich einen Schrei des Schre­ckens, ei­ner der Klos­ter­brü­der schwang die schö­ne Ga­lia­na hoch auf den Ar­men, sprang mit ihr wie ein Blitz in den Sat­tel und jag­te ins Wei­te, wäh­rend der an­de­re un­ter der Kut­te ein blo­ßes Schwert zum Vor­schein brach­te, mit dem er die jun­gen Män­ner, die sich zur Ver­fol­gung des Räu­bers an­schick­ten, zu­rück­trieb. Da die Wall­fah­rer we­der Waf­fen noch Pfer­de hat­ten, herrsch­te einen Au­gen­blick rat­lo­ses Ent­set­zen. Aber der Gat­te, die Brü­der und Ge­freun­de der Ent­führ­ten er­in­ner­ten sich zum Glück ei­nes Wun­der­pfer­des, das auch zu den fünf »No­bi­li­tä­ten« der Stadt ge­hör­te. Es stand au­ßen auf der Wie­se zwi­schen den Bu­den der Ver­käu­fer und dem auf­ge­rich­te­ten Glücks­baum an­ge­bun­den, denn es soll­te zu­samt ei­nem Gauk­ler, der konn­te, was nie­mand kann und des­halb gleich­falls eine No­bi­li­tät von Vi­ter­bo war, nach Been­di­gung des Got­tes­diens­tes das Volk durch sei­ne Küns­te er­göt­zen. Wenn die­ses СКАЧАТЬ