Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hans Fallada – Gesammelte Werke - Hans Fallada страница 213

Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

isbn:

СКАЧАТЬ wie fein sie mich aus­ge­beu­telt hat, die­se klei­ne Hure, wie den al­ler­letz­ten dum­men Jun­gen! Aber zu ihr wer­de ich nicht ge­hen wie zu Po­la­kow­ski, soll sie mit ih­rem Raub glück­lich wer­den oder ver­re­cken, ich will nie wie­der et­was von ihr se­hen! Ich lebe von nun an nur für Mag­da. Es ist nur gut, dass ich mit die­sen Leu­ten im Gast­hof so völ­lig durch bin; ich habe al­les be­zahlt, sie kön­nen mir gar nichts mehr wol­len, ich wer­de sie nie wie­der­se­hen. Ich woll­te nur, ich wüss­te über Mag­das Stel­lung zu mir schon so gut Be­scheid …

      So ge­hen mei­ne Ge­dan­ken. Da­zwi­schen schla­fe ich ein biss­chen, dru­se­le so halb ein und bin auch plötz­lich ganz fort, wie in ei­ner tie­fen Ohn­macht. Und da bin ich wie­der wach, füh­le von Neu­em die Qual in mei­nem Leib, stöh­ne: »Mein Gott! Mein Gott! Das hal­te ich nicht aus – kom­me ich denn noch nicht fort?« Ich ren­ne hin und her, rüt­te­le auch ein­mal an den Ei­sen­stan­gen, leh­ne mich ge­gen die Tür, in der wahn­sin­ni­gen Hoff­nung, dass sie viel­leicht of­fen­ge­blie­ben ist, und den­ke an Mag­da … Ehr­lich ge­sagt: Ich habe Angst vor Mag­da … Sie kann so ver­flucht ener­gisch sein … Aber ich bin ihr Mann, wir ha­ben uns ge­liebt, sie wird mir ver­zei­hen, sie muss es … So dreht sich die ewig glei­che Ge­dan­ken­müh­le …

      26

      Ich habe wie­der ein­mal ge­schla­fen. Das Klir­ren des Schlüs­sels hat mich ge­weckt. Ich sprin­ge von mei­nem La­ger und sehe er­war­tungs­voll den vier Her­ren ent­ge­gen, die in mei­ne Zel­le ein­tre­ten. Zwei­en gön­ne ich nur einen kur­z­en Blick: Sie tra­gen die Uni­form der Po­li­zei. Der eine ist der Wacht­meis­ter aus der Nacht, der mich hier­her ge­bracht hat, der an­de­re ist ein Po­li­zei­be­am­ter, den ich aus mei­ner Va­ter­stadt gut ken­ne. Man­ches Mal habe ich bei ei­nem Gla­se Bier einen Skat mit ihm ge­spielt, ein gu­ter, or­dent­li­cher Mensch, na­tür­lich nicht aus mei­ner Ge­sell­schafts­klas­se, aber ich war nie stolz. Von den bei­den an­de­ren Her­ren in Zi­vil ken­ne ich den einen nicht, es ist ein jun­ger Herr mit scharf ge­schnit­te­nem Ge­sicht und et­was star­ren­den, stren­gen Au­gen. Sei­ne Un­ter­lip­pe wölbt sich stark vor. Der an­de­re Zi­vi­list ist mir aber umso bes­ser be­kannt, es ist un­ser gu­ter al­ter Haus­arzt, der Dr. Mans­feld.

      Im Au­gen­blick, da ich ihn er­ken­ne, schießt es mir blitz­schnell durch den Kopf, dass ich also doch nicht ent­las­sen wer­de. Er wird mich in eine Trin­ker­heil­stät­te brin­gen. Aber auch das ist nicht schlimm, im Ge­gen­teil, das ist viel­leicht noch viel bes­ser. In ei­nem sol­chen Haus wer­den mir mei­ne jet­zi­gen Qua­len ab­ge­nom­men, si­cher ha­ben sie dort Mit­tel da­ge­gen, und dann er­spa­ren sie mir die so­for­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit Mag­da. Über einen in sol­chem Haus un­ter­ge­brach­ten Kran­ken wird Mag­da viel mil­der den­ken …

      All das habe ich in Se­kun­den­schnel­le über­legt und bin da­bei auf den Arzt zu­ge­eilt. Ich schüt­te­le ihm die Hand, ich sage er­regt: »Ich dan­ke Ih­nen, dass Sie ge­kom­men sind, Herr Dr. Mans­feld. Se­hen Sie«, ich la­che ein we­nig ver­le­gen, »wie man mich hier un­ter­ge­bracht hat!« Und ich wer­fe einen Blick auf die schmut­zi­ge Zel­le.

      Dr. Mans­feld drückt mei­ne Hand kräf­tig. Ich mer­ke, auch er ist er­regt, sein Ge­sicht zit­tert. »Ja, mein lie­ber Herr Som­mer«, sagt er, und sei­ne Stim­me zit­tert. »Ich habe es nicht ge­wollt, dass es so mit Ih­nen en­den muss …«

      »En­den?«, sage ich und ver­su­che, mei­ner Stim­me einen leich­ten Klang zu ge­ben. »En­den, Herr Dr. Mans­feld? Ich den­ke, dies ist ein neu­er An­fang! Sie brin­gen mich in eine Heil­stät­te und ma­chen mich wie­der ge­sund!«

      »Das woll­te ich vor vier­zehn Ta­gen, mein lie­ber Herr Som­mer«, sagt Dr. Mans­feld kopf­schüt­telnd. »Aber Sie ha­ben es ja lei­der un­mög­lich ge­macht. Jetzt hat der Herr Staats­an­walt das Wort.«

      Und da­mit sieht er zu dem jün­ge­ren Herrn mit den star­ren­den Au­gen hin­über, der jetzt sei­ne vor­ste­hen­de Un­ter­lip­pe noch wei­ter vor­schiebt, mich streng an­schaut und erst zö­gernd sagt: »Ja, ja, na­tür­lich.« Dann rasch: »Ich muss Sie we­gen Mord­ver­suchs an Ih­rer Frau ver­haf­ten, Herr Som­mer. Sie sind ver­haf­tet!«

      Ich ste­he wie vom Don­ner ge­rührt, ich kann im ers­ten Au­gen­blick kein Wort über die Lip­pen brin­gen. ›Dies kann kein Ernst sein‹, den­ke ich fie­ber­haft. ›Sie wol­len dich nur schre­cken. Mord­ver­such an Mag­da …?‹ End­lich kann ich spre­chen, ich sage mit zit­tern­der Stim­me: »Mord­ver­such an mei­ner Frau, das ist doch lä­cher­lich! Ich habe Mag­da doch nie er­mor­den wol­len!«

      Der Herr Staats­an­walt sieht mich ver­nich­tend an und stößt scharf her­vor: »Wir wer­den Ih­nen schon bei­brin­gen, wie lä­cher­lich das ist, Som­mer!« Und: »Kom­men Sie, Herr Dok­tor!« Noch ein­mal zu dem städ­ti­schen Wacht­meis­ter: »Sie wis­sen also Be­scheid, Wacht­meis­ter. Füh­ren Sie den Mann ab!«

      »Herr Dr. Mans­feld!«, rufe ich auf­ge­regt, maß­los ver­zwei­felt hin­ter den Fort­ge­hen­den drein. »Herr Dr. Mans­feld, Sie wis­sen doch, wie sehr ich Mag­da ge­liebt …«

      Die Tür schlägt hin­ter den bei­den Zi­vi­lis­ten zu, ich bin mit den bei­den Uni­for­mier­ten al­lein. Fas­sungs­los hocke ich mich auf mei­nen Stroh­sack und ver­ber­ge das Ge­sicht in den Hän­den.

      27

      Nach­dem ich eine Wei­le be­we­gungs­los so da­ge­s­es­sen hat­te und im­mer wie­der die ge­gen mich er­ho­be­ne An­kla­ge »Mord­ver­such an der ei­ge­nen Frau« qual­voll hin und her ge­wälzt hat­te, leg­te der Wacht­meis­ter aus mei­ner Va­ter­stadt, Herr Schul­ze, sei­ne Hand auf mei­ne Schul­ter und sag­te, mil­de mah­nend: »Wir müs­sen jetzt ge­hen, Som­mer!«

      »Som­mer«, wie mich das an­rühr­te, die­ses ein­fa­che »Som­mer« ohne »Herr«; so von ei­nem ganz ein­fa­chen Mann mit ei­nem Jah­res­ein­kom­men von kaum mehr als zwei­tau­send­vier­hun­dert Mark an­ge­re­det zu wer­den, das mach­te mir die Ver­än­de­rung mei­ner Le­ben­sum­stän­de aufs Deut­lichs­te be­greif­lich. Seit ich aus der Leh­re ent­las­sen wor­den war, hat­te mich noch kein Mensch ohne »Herr« an­ge­re­det, und nun … Ich nahm die Hän­de vom Ge­sicht und frag­te, mit Trä­nen in den Au­gen: »Wo­hin brin­gen Sie mich, Herr Schul­ze?«

      Ich be­ton­te das »Herr«, aber er ach­te­te nicht dar­auf, solch ein­fa­cher Mann hat­te für so fei­ne Schat­tie­run­gen wohl kein Ge­fühl. »Nur zum Amts­ge­richt, Som­mer«, sag­te er. »Nur zum Amts­ge­richt.« Und er fuhr fort: »Se­hen Sie, Som­mer, Sie sind doch ein ge­bil­de­ter Mann, Sie wer­den mir doch kei­ne Schwie­rig­kei­ten ma­chen? Ich müss­te Sie wohl ei­gent­lich an die Ket­te neh­men, aber wenn Sie mir ver­spre­chen, kei­ne Schwie­rig­kei­ten zu ma­chen …«

      »Ich ver­spre­che es Ih­nen, Herr Schul­ze«, sag­te ich eif­rig und jetzt fast fröh­lich. »Ich ver­spre­che es Ih­nen auf Ehre und Ge­wis­sen.«

      »Schön«, ant­wor­te­te er. »Ich will mich auf Sie ver­las­sen. Zie­hen Sie Ihren Man­tel an, da liegt noch Ihr Hut, sonst ha­ben Sie nichts? Also kom­men Sie!«

      Er СКАЧАТЬ