Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ Rie­gel, »über­las­se ich dir erst ein­mal leih­wei­se mei­ne Fir­ma. Sei recht flei­ßig, lie­be Mag­da, und löse recht vie­le vor­teil­haf­te Ab­schlüs­se auf … Na, was denn? Willst du mir jetzt einen Schei­dungs­grund ge­ben?!«

      Mein Spott hat­te sie ganz ra­send ge­macht. Sie hat­te das nächs­te, was ihr zur Hand war, einen Tin­ten­lö­scher, er­grif­fen und nach mir ge­schleu­dert. Ich hat­te ge­ra­de noch aus­wei­chen kön­nen. Sie sah mich schnee­weiß und wut­zit­ternd an. Ich hielt es für bes­ser, sie jetzt nicht noch wei­ter zu rei­zen, stell­te den Lö­scher auf sei­nen Platz zu­rück und ver­ließ Kon­tor und Fir­ma.

      11

      Ich war auch fest ent­schlos­sen, so bald nicht wie­der dort­hin zu­rück­zu­keh­ren. Moch­te sie ru­hig eine Wei­le dort al­lein wei­ter­wurs­teln, ich mach­te ih­nen ja doch nichts zu Dank. Der gan­ze Kram lang­weil­te mich schon lan­ge, jetzt hat­te ich eine bes­se­re und in­ter­essan­te­re Auf­ga­be ge­fun­den, die mei­ner au­gen­blick­li­chen Stim­mung viel eher ent­sprach: mein Kampf ge­gen Mag­da! Sie soll­te sich nur an mir ver­su­chen, es wür­de mir di­rekt Spaß ma­chen, ihr zu be­wei­sen, wie viel klü­ger und ge­set­zes­kun­di­ger ich war als sie!

      Ich war wie­der auf der Wan­de­rung, mei­ne Ak­ten­ta­sche un­term Arm, durch einen schö­nen, aber schon recht hei­ßen Tag am Aus­gang des Früh­lings. Die Kö­ni­gin des Al­ko­hols – ich hat­te sie viel zu lan­ge ver­ges­sen. Lang­wei­lig war die je­den­falls nicht. Au­ßer­dem muss­te ich mir end­lich mei­ne Schu­he zu­rück­ho­len. Nie­mand soll­te mir nach­sa­gen kön­nen, dass ich in der Trun­ken­heit mei­ne Klei­dung durch halb Eu­ro­pa ver­streu­te. Nie­mand, nicht ein­mal Mag­da.

      Es war ja so ziem­lich klar, was die­se tüch­ti­ge Dame, mit der ich bis­her ver­hei­ra­tet ge­we­sen war, be­ab­sich­tig­te. Schei­dung, nun schön, aber Schei­dung ging nicht so schnell; vor ei­ner Schei­dung muss­ten auch erst ei­ni­ge Vor­be­rei­tun­gen ge­trof­fen wer­den, zum Bei­spiel eine Un­ter­su­chung durch den Arzt.

      Mag­da stand sich sehr gut mit Dr. Mans­feld, schon seit vie­len Jah­ren. Er hat­te sie im­mer be­han­delt, wenn sie krank ge­we­sen war, ich kann­te ihn we­ni­ger, mir hat­te ei­gent­lich noch nie et­was ge­fehlt. Sie wür­de ihn schon zu ih­rer Auf­fas­sung über­re­den, und dann soll­te ver­mut­lich so et­was kom­men wie Ent­mün­di­gung und Un­ter­brin­gung in ei­ner Trin­ker­heil­stät­te. Das wür­de ihr so pas­sen, der gu­ten Mag­da: der Mann sitzt in ei­ner An­stalt, na­tür­lich mög­lichst drit­ter Klas­se, und sie wirt­schaf­tet in und mit sei­nem Ei­gen­tum, lei­tet die Fir­ma.

      Aber es gab an­de­re Ärz­te, be­rühm­te­re und tüch­ti­ge­re als der gute alte Dr. Mans­feld, der schließ­lich und end­lich nur ein ein­fa­cher prak­ti­scher Arzt war; gleich in den nächs­ten Ta­gen schon wür­de ich zu ei­nem oder meh­re­ren von ih­nen ge­hen und mir At­tes­te über mei­ne völ­li­ge Ge­sund­heit ge­ben las­sen. Mit ei­nem sol­chen Ziel vor Au­gen wür­de es leicht sein, ein oder zwei Tage vor dem Arzt­be­such über­haupt nichts zu trin­ken.

      Sie wür­de schon se­hen, mit wem sie da an­ge­bun­den hat­te, die gute Mag­da; trotz fünf­zehn Jah­ren Ehe kann­te sie ih­ren Mann noch lan­ge nicht! Je­den­falls: Ehe ich ihr mein Ei­gen­tum über­ließ, steck­te ich ihr lie­ber die Vil­la über dem Kopf an, das war klar.

      So etwa gin­gen mei­ne Me­di­ta­tio­nen wäh­rend mei­nes hei­ßen We­ges in je­nen Dorf­gast­hof, und das Aus­ma­len bis in alle De­tails hin­ein kürz­te mir die Zeit auf das An­ge­nehms­te. Ich konn­te zum Bei­spiel lan­ge da­bei ver­wei­len, wie ich in ir­gend­ei­ner Zel­le der Trin­ker­heil­an­stalt mit eis­kal­tem Was­ser ge­ängs­tigt und mit schlech­tem Es­sen ge­füt­tert wur­de, wäh­rend Mag­da in un­se­rem hüb­schen Spei­se­zim­mer ein Kalbs­ko­te­lett mit Stan­gen­spar­gel aß. Dann ka­men mir fast die Trä­nen der Rüh­rung über mein schlim­mes Los und Mag­das Un­ge­rech­tig­keit in die Au­gen.

      Zwi­schen­durch ver­füt­ter­te ich, da ich wie meist in der letz­ten Zeit nicht den ge­rings­ten Hun­ger ver­spür­te, mein Früh­stücks­brot an dörf­li­che En­ten und Gän­se, tauch­te auch von Zeit zu Zeit hin­ter ei­ner He­cke vor al­ler Sicht un­ter und nahm einen Schluck. Ich ver­lor nie ganz ein lei­ses Ge­fühl der Be­schä­mung dar­über, dass ich, Er­win Som­mer, mich hin­ter ei­ner He­cke ver­steck­te, einen Fla­schen­hals an den Mund setz­te und Schnaps in mich hin­ein­lau­fen ließ wie der letz­te Wal­zen­bru­der. Es wur­de mir nicht selbst­ver­ständ­lich, da­ge­gen stumpf­te ich nicht völ­lig ab. Doch es muss­te nun ein­mal sein, es ging eben nicht an­ders.

      Kurz vor mei­nem Ziel war ich mit mei­ner Fla­sche alle, ich warf sie in den Stra­ßen­gra­ben und mach­te mich an die letz­ten fünf Mi­nu­ten Weg. Vom Kirch­turm des Dor­fes läu­te­te es ge­ra­de zur Mit­tags­stun­de; vor mir, an mir vor­bei, mir nach zo­gen die Dör­f­ler, die vom Fel­de ka­men, Ha­cken oder Spa­ten auf der Schul­ter. Man­che grüß­ten mich, an­de­re sa­hen mich nur mus­ternd von der Sei­te an, wie­der an­de­re schließ­lich stie­ßen sich an, ver­zo­gen die Ge­sich­ter und lach­ten, wäh­rend sie an mir vor­bei­gin­gen.

      Es moch­te ja nur die üb­li­che dörf­li­che kri­ti­sche Ein­stel­lung dem stadt­fein an­ge­zo­ge­nen Frem­den ge­gen­über sein, ich hat­te aber doch den Arg­wohn, dass mir viel­leicht et­was von mei­nem Al­ko­hol­ge­nuss an­zu­mer­ken oder et­was an mei­ner Klei­dung nicht in Ord­nung sei. Ich hat­te es schon er­fah­ren, dass eine der schlimms­ten Ga­ben, die der Al­ko­hol mit sich bringt, die­ses Un­si­cher­heits­ge­fühl ist, ob ir­gen­det­was an ei­nem nicht ganz stimmt. Man kann sich noch so oft im Spie­gel mus­tern, die Klei­dung ab­tas­ten, je­den Knopf nach­prü­fen – nie, wenn man et­was ge­trun­ken hat, ist man ganz si­cher, dass man nicht doch et­was über­se­hen hat, et­was ganz of­fen Zu­ta­ge­lie­gen­des, das man aber doch trotz ge­spann­tes­ter Auf­merk­sam­keit im­mer wie­der über­sieht. Im Traum hat man ganz ähn­li­che Ge­füh­le, be­wegt sich hei­ter in der ge­wähl­tes­ten Ge­sell­schaft und ent­deckt plötz­lich, dass man ver­ges­sen hat, sei­ne Ho­sen an­zu­zie­hen.

      Also, die­ses An­ge­st­arrt­wer­den wur­de mir läs­tig, zu­dem fiel mir ein, dass ge­ra­de die leb­haf­te Mit­tags­stun­de nicht die rich­ti­ge Zeit sein wür­de, mei­ne Hüb­sche auf­zu­su­chen. Ich schlug einen seit­ab füh­ren­den Feld­weg ein und warf mich un­ter ei­nem schat­ten­den Ge­büsch ins Gras. So­fort ver­fiel ich in Schlaf, in je­nen tief­schwar­zen Schlaf, den der Al­ko­hol bringt, wo­bei man ge­wis­ser­ma­ßen aus­ge­löscht ist, einen be­fris­te­ten Tod stirbt. Kei­ne Träu­me gibt es da mehr, kei­ne Ah­nung von Licht und Le­ben – fort ins Nichts! Das ist es.

      Als ich wie­der er­wach­te, stand die Son­ne schon tief, ich muss­te vier, viel­leicht so­gar fünf Stun­den ge­schla­fen ha­ben. Wie im­mer in die­ser Zeit hat­te mich der Schlaf gar nicht er­frischt, ich er­wach­te alt und müde, ein zitt­ri­ges Ge­fühl in den Glie­dern. Mei­ne Kno­chen wa­ren steif, als ich mich auf­rich­te­te, und mit dem Ge­hen kam ich nur schwer zu­recht. Ich wuss­te aber jetzt schon, dass das al­les mit den ers­ten Schnäp­sen, die ich zu mir nahm, sich rasch ge­ben wür­de, und be­eil­te mich dar­um, in den Gast­hof zu kom­men.

      Ich СКАЧАТЬ