Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ mein Herr«, sag­te er wie­der mit sei­ner flüs­tern­den Stim­me. »Wir ha­ben kei­ne drei Mark im Hau­se. Aber ich wer­de den Ring bei ei­nem ganz si­che­ren Mann in Pfand ge­ben, und mor­gen Mit­tag lö­sen wir ihn dann wie­der aus.«

      »Schön, schön«, ant­wor­te­te ich plötz­lich ge­lang­weilt und doch auch wie­der durch all die­se Um­ständ­lich­kei­ten ge­reizt. »Aber se­hen Sie jetzt auch zu, dass Es­sen und Korn mög­lichst bald kom­men, vor al­lem der Korn. Sie se­hen, in der Fla­sche ist fast nichts mehr, und wie Sie wis­sen, muss man Kum­mer er­säu­fen.«

      »Es wird al­les ganz schnell ge­hen, mein Herr«, flüs­ter­te mein Wirt sanft und schloss die Tür.

      Ich aber warf mich auf das Bett und trank.

      So wur­de ich mit Po­la­kow­ski be­kannt, ei­nem der ge­meins­ten Schur­ken und Heuch­ler, die ich in mei­nem Le­ben ken­nen­ge­lernt habe.

      1 2 km lan­ger lin­ker Zuf­luss der Enz <<<

      14

      Für die­se Nacht hat­te ich mir den fes­ten Plan ge­macht, nach Mit­ter­nacht in mein Heim zu ge­hen, dort einen Kof­fer mit Wä­sche, Klei­dern und Toi­let­ten­zeug zu pa­cken und an Geld zu ho­len, was dort in mei­nem Schreib­tisch lag. Denn ich hat­te wirk­lich vor, ei­ni­ge Wo­chen bei Po­la­kow­ski in al­ler Ver­bor­gen­heit zu le­ben. Mir schweb­te vor, mich dort selbst in al­ler Stil­le des Al­ko­hols zu ent­wöh­nen; den ers­ten Tag woll­te ich noch das ge­wohn­te Quan­tum trin­ken, den fol­gen­den Tag um ein drit­tel we­ni­ger und so im­mer wei­ter, bis ich nach etwa zwei oder drei Wo­chen als nüch­ter­ner Mann vor Mag­da und die Ärz­te tre­ten und fra­gen konn­te: »Was wollt ihr nun ei­gent­lich von mir?!«

      Ich hielt es für sehr mög­lich, dass mich Mag­da bei die­ser nächt­li­chen Pa­cke­rei über­rasch­te, aber ein Zu­sam­men­tref­fen mit ihr scheu­te ich nicht, nein, ich wünsch­te es eher. In der Stil­le der Nacht wür­de ich ihr un­ge­stört ei­ni­ge bit­te­re Wahr­hei­ten über die Ge­mein­heit sa­gen kön­nen, ei­nem Mann, mit dem sie im­mer­hin eine fünf­zehn­jäh­ri­ge Ehe ver­band, hin­ter­lis­tig Ärz­te auf den Hals zu het­zen. Sie hat­te die Ka­me­rad­schaft zwi­schen uns ge­bro­chen, und ich zwei­fel­te je län­ger, je we­ni­ger dar­an, dass sie letz­ten En­des nur nach ei­ner Vor­mund­schaft über mich und nach mei­nem Be­sitz trach­te­te. Das al­les woll­te ich ihr ganz un­ver­blümt sa­gen.

      Lei­der wur­de aus mei­nem schö­nen Plan nichts. Wie­der ein­mal spiel­te mir der Al­ko­hol einen bö­sen Streich. Nicht, dass er mich, wie schon ei­ni­ge Male vor­her, in einen be­täub­ten, traum­lo­sen Schlaf nie­der­warf, der mich die rich­ti­ge Stun­de ver­säu­men ließ, nein, dies­mal hat­te ich ein viel schlim­me­res Er­leb­nis: Mein Kör­per ver­wei­ger­te mir den Dienst, mein Ma­gen streik­te.

      Ich hat­te noch, mit ei­ni­gem Wi­der­wil­len wohl, aber aus Pf­licht­ge­fühl, einen Teil des ge­hol­ten ganz or­dent­li­chen Abendes­sens zu mir ge­nom­men und hin­ter­her kräf­tig ge­trun­ken. Ich hat­te mich wie­der aufs Bett ge­legt und war be­reit, in ei­nem däm­mern­den Halb­schlum­mer die Stun­de mei­nes Fort­ge­hens her­an­zu­war­ten; da fing mein Ma­gen an zu wür­gen, er em­pör­te sich, ich muss­te hoch, ich muss­te end­los und un­ter qual­vol­len Schmer­zen er­bre­chen. Mein gan­zer Kör­per war mit Schweiß be­deckt, mei­ne Hän­de und mei­ne Knie zit­ter­ten, mein Herz poch­te laut und schmerz­haft, zö­gernd, als woll­te es je­den Au­gen­blick aus­set­zen. In mei­nen Au­gen stan­den Trä­nen, es flim­mer­te vor ih­nen, durch mein Hirn zo­gen Schlei­er, oft war ich wie be­wusst­los.

      End­lich lag ich wie­der auf mei­nem Bett, zu Tode er­schöpft, von ei­ner wahn­sin­ni­gen Angst ge­packt: Nah­te jetzt schon das Ende? So schnell schon? Ich hat­te doch noch gar nicht lan­ge und gar nicht über­mä­ßig viel ge­trun­ken? Wur­de man so schnell zu ei­nem Trin­ker? So rasch also bau­te der Al­ko­hol einen Kör­per ab? Nein, ich woll­te noch nicht ster­ben! Ich hat­te die­se Trin­ker­zeit im­mer nur als ein Durch­gangs­sta­di­um an­ge­se­hen; ich war über­zeugt ge­we­sen, dass ich mit ihr je­der­zeit Schluss ma­chen könn­te, ohne Schä­di­gung für mich – und nun schon soll­te al­les zu Ende sein? Nein, das war un­mög­lich! Ich woll­te nicht, ich wür­de wie­der ge­sund sein, bald schon, viel­leicht mor­gen schon; die­ses gal­len­bit­te­re Bre­chen muss­te eine an­de­re Ur­sa­che ha­ben! Si­cher war et­was an dem Abendes­sen ge­we­sen!

      Es ist selt­sam, dass ich auch in die­sem Zu­stand schwers­ter Ver­gif­tung mit kei­nem Ge­dan­ken dem Al­ko­hol ab­schwor. Im Ge­gen­teil, ich ver­mied es ängst­lich, an ihn auch nur zu den­ken. Er konn­te nicht die Ur­sa­che sein, ihn konn­te ich nicht auf­ge­ben. Er war mein ein­zi­ger gu­ter Freund in die­sen Ta­gen der Ver­las­sen­heit und Er­nied­ri­gung! Und kaum hat­te ich mich ein we­nig er­holt, kaum gin­gen Atem und Herz et­was ru­hi­ger, da griff ich wie­der zur Fla­sche, trank von Neu­em, die Träu­me zu ru­fen, das Ver­ges­sen zu ru­fen, ein­zu­ge­hen in das süße Nichts, in dem man we­der Sor­gen noch Freu­den kennt, in dem man we­der Ver­gan­gen­heit noch Zu­kunft hat.

      Eine Wei­le tat der Schnaps auch sei­ne Schul­dig­keit; ent­spannt und ein we­nig glück­lich lag ich da. Dann jag­te mich wie­der das Er­bre­chen hoch, ein noch viel qual­vol­le­res, wür­gen­de­res Er­bre­chen, da der Ma­gen nun nichts mehr ent­hielt als die paar Schlu­cke Schnaps.

      So ver­brach­te ich die­se Nacht, zwi­schen Trin­ken und Bre­chen; schließ­lich kon­zen­trier­te ich mei­nen gan­zen Wil­len nur dar­auf, mit al­ler Kraft das Bre­chen mög­lichst lan­ge zu­rück­zu­hal­ten, da­mit der Al­ko­hol doch ei­ni­ge Mi­nu­ten Zeit hät­te, durch die Schleim­häu­te des Ma­gens in den Kör­per über­zu­ge­hen, ehe ihn neu­es Wür­gen her­austrieb. Es war so scha­de um den schö­nen Schnaps!

      End­lich fiel ich ge­gen Mor­gen in einen un­ru­hi­gen Schlaf der Er­schöp­fung, durch den wüs­te, mich quä­len­de Traum­bil­der gau­kel­ten. Po­la­kow­ski weck­te mich aus ihm, er stand un­ter der Tür und be­merk­te hüs­telnd, dass es gleich neun sei, ob er den Kaf­fee brin­gen sol­le? Ich sag­te ihm un­wil­lig, dass ich auf Kaf­fee ver­zich­te, er sol­le mir so­fort eine neue Fla­sche ho­len las­sen.

      Ohne auf mei­ne Wor­te zu ach­ten, fing er an, die wüs­te Un­ord­nung im Zim­mer zu be­sei­ti­gen, öff­ne­te auch das Fens­ter, durch das fri­sche Luft und Son­ne ein­dran­gen.

      Er­schöpft, matt, wehr­los blin­zel­te ich ins Licht. »Ma­chen Sie doch zu, Po­la­kow­ski«, bat ich är­ger­lich. »Ich habe eben die Fla­sche leer ge­trun­ken, sor­gen Sie so­fort für eine neue!«

      »Sie woll­ten doch um neun auf Ihre Bank ge­hen, mein Herr«, er­in­ner­te mich Po­la­kow­ski auf sei­ne lei­se, flüs­tern­de Art. »Es ist neun.«

      »Ich kann jetzt nicht ge­hen«, sag­te ich är­ger­lich. »Sie se­hen doch, dass ich krank bin, Po­la­kow­ski. Ich wer­de mor­gen ge­hen oder heu­te Nach­mit­tag. Jetzt ho­len Sie erst den Schnaps.«

      »Dann muss ich den Ring ver­kau­fen, mein Herr«, СКАЧАТЬ