Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ bit­te?«, rief ich un­nö­tig laut.

      Der Arzt hat­te nach mei­nem Arm ge­grif­fen und mich ge­hal­ten. »Habe ich Sie er­schreckt? Das woll­te ich nicht. Es tut mir leid.«

      »Ach, nichts, nichts«, sag­te ich ver­le­gen. »Es war wohl nur der elen­de Läu­fer, ich bin über ihn ge­stol­pert …« Und ich sah böse auf den glatt da­lie­gen­den Tep­pich.

      »Ich woll­te Sie nur fra­gen, Herr Som­mer«, fing Dr. Mans­feld wie­der an, »ob ich Ih­nen viel­leicht an­bie­ten darf, in mei­nem Auto mit uns heim­zu­fah­ren?« Er mach­te eine Pau­se, dann sag­te er lä­chelnd: »Wir ha­ben ein biss­chen ge­fei­ert, nicht wahr? Nun, das macht nichts, das tut je­der von uns ein­mal ger­ne. Aber der Rück­weg wür­de Ih­nen viel­leicht ein biss­chen schwer­fal­len, was? Also, Sie fah­ren mit uns.« Er fass­te mich freund­lich, aber fest un­ter den Arm. Der an­de­re Herr hat­te un­ter­des be­zahlt und trat nun zu uns. »Darf ich Sie be­kannt ma­chen?«, fuhr der Arzt fort. »Herr Som­mer – Herr Me­di­zi­nal­rat Dr. Stie­bing, un­ser Kreis­arzt.« Da­mit führ­te er mich aus dem Lo­kal und auf das Auto zu. Ich aber folg­te ihm wie ein Schaf sei­nem Schläch­ter. Der Kreis­arzt!

      Das war kein Zu­fall mehr, das war eine mir lis­tig ge­stell­te Fal­le! Ver­damm­te Mag­da! Sie woll­te mich rein­le­gen, sie han­del­te schnell, das muss­te ich zu­ge­ben. Aber auch ich war klug, ich muss­te mich ver­stel­len, lis­tig sein, Scharf­sinn mit Scharf­sinn über­trump­fen. »Nun«, lach­te ich plötz­lich hei­ter, »zwei Ärz­te, die wer­den ja wohl mit ei­nem ar­men Berausch­ten fer­tig wer­den, was? Ma­chen Sie es gnä­dig mit mir, mei­ne Her­ren!« Da­mit setz­te ich mich hin­ten in den Wa­gen, wäh­rend die bei­den an­de­ren Her­ren, eben­falls la­chend, vorn Platz nah­men.

      Wir woll­ten schon los­fah­ren, als Eli­nor aus dem Hau­se ge­lau­fen kam. Sie trug in den Hän­den ein häss­li­ches, in Zei­tungs­pa­pier ge­wi­ckel­tes Pa­ket. Sie reich­te es mir in den of­fe­nen Wa­gen. Laut sag­te sie: »Das sind Ihre Schu­he, die Sie neu­lich nachts hier ver­ges­sen ha­ben!« Höh­nisch la­chend sah sie mich mit ih­rem wei­ßen, großen Ge­sicht und den farb­lo­sen Au­gen an. Ihr Mund war sehr rot.

      Nach ei­nem be­tre­te­nen Schwei­gen frag­te der Arzt: »Kön­nen wir jetzt fah­ren?«

      Ich ant­wor­te­te: »Ja«, und der Wa­gen fuhr los.

      12

      Ich bin völ­lig au­ßer­stan­de, mei­ne Stim­mung wäh­rend die­ser Fahrt zu schil­dern. Ab­grund­tie­fe Verzweif­lung wech­sel­te mit ei­ner läh­men­den Apa­thie, die mich selbst in die­sem Zu­stan­de noch er­schreck­te. Es war, als läge ich in ei­nem schwe­ren Schre­ckens­traum ge­fan­gen, je­den Au­gen­blick nahe dem Er­wa­chen, und konn­te doch nicht wach wer­den, ge­riet in im­mer tiefe­re, im­mer grau­si­ge­re Schreck­nis­se. Ne­ben mir auf dem Sitz lag das Pa­ket mit den Schu­hen, das Zei­tungs­pa­pier hat­te sich ge­öff­net, und ich sah sie da lie­gen, mit ver­wisch­tem Staub be­schmutzt, eine Soh­le sah mich an – ein­fach ab­scheu­lich. Ab­scheu­lich die­se Tat der hüb­schen Eli­nor, wür­dig ei­ner Kö­ni­gin des Schnap­ses.

      ›Ja‹, dach­te ich, ›so narrt und quält der Al­ko­hol sei­ne Jün­ger. Sol­cher Über­ra­schun­gen ist nur er fä­hig. Man meint, si­cher zu sein, sich gut ver­stellt, das Schlimms­te ver­mie­den zu ha­ben, und plötz­lich steckt er sei­ne grin­sen­de Teu­fels­frat­ze her­vor, zer­fleischt mit sei­nen Klau­en dei­ne Brust, lässt dich er­be­ben, ver­nich­tet dei­ne Wür­de … La rei­ne d’al­cool – sehe ich dich je wie­der, be­kommst du kei­ne gute Stun­de mit mir, Eli­nor!‹

      Ich hielt es nicht mehr aus. Mit ei­nem Blick ver­ge­wis­ser­te ich mich, dass die bei­den Her­ren vor mir in ein eif­ri­ges Ge­spräch ver­tieft wa­ren; ich zog die Fla­sche aus der Ta­sche, ent­kork­te sie vor­sich­tig und tat ein paar kräf­ti­ge Schlu­cke. Aber ich hat­te nicht an den Rück­spie­gel über dem Füh­rer­sitz ge­dacht.

      »Nicht zu viel jetzt und nicht zu has­tig, mein lie­ber Herr Som­mer«, sag­te Dr. Mans­feld und hob vom Steu­er eine mah­nen­de Hand. »Wir hät­ten nach­her ger­ne noch ein ver­nünf­ti­ges Wort mit Ih­nen ge­spro­chen!«

      Die­ser Schur­ke, die­ser glat­te me­di­zi­ni­sche Schur­ke! Jetzt, da er mich in sei­nem Wa­gen hat­te, ließ er die Mas­ke fal­len: Nicht nach mei­nem Heim wur­de ich ge­fah­ren, son­dern zu ei­ner ärzt­li­chen Be­spre­chung, bei der ganz zu­fäl­lig auch der Me­di­zi­nal­rat als Kreis­arzt zur Hand war!

      Von da an war ich ganz ru­hig und ge­sam­melt. Der eben ge­trun­ke­ne Schnaps ver­lieh mir neue Kraft und Kon­zen­tra­ti­on. Ich hat­te ein fes­tes Ziel vor Au­gen: die­se Un­ter­re­dung fürs Ers­te un­ter al­len Um­stän­den zu ver­ei­teln. Spä­ter, un­ter für mich güns­ti­ge­ren Um­stän­den, ger­ne, aber heu­te, so über­lis­tet, auf Be­stel­lung mei­ner Gnä­digs­ten: ›Da muss ich schon dan­ken, mei­ne Lie­be!‹

      Das Auto fuhr und fuhr, schon wa­ren wir im Au­ßen­be­zirk un­se­rer Stadt, und noch im­mer hat­te sich kei­ne Mög­lich­keit ge­bo­ten, als Teil­neh­mer an die­ser Fahrt aus­zu­schei­den. Dann aber kam aus dem Fuhr­hof von Ha­ses ei­ner sei­ner großen Last­zü­ge mit zwei An­hän­gern et­was über­ra­schend her­vor. Schon wäh­rend der Dok­tor den Wa­gen auf die lin­ke Stra­ßen­sei­te hin­über­riss, da­bei scharf brem­send, hat­te ich lei­se die Wagen­tür ge­öff­net, nun, da der Last­zug pas­siert war und der Arzt schon wie­der Gas gab, sprang ich leicht ab, einen Au­gen­blick tau­mel­te ich, rann­te vor­wärts ne­ben dem Wa­gen, droh­te zu fal­len und hat­te mich ge­fan­gen.

      Ich stand, wink­te mit der Hand dem Wa­gen nach, den Passan­ten vor­ge­bend, die­ses plötz­li­che Aus­s­tei­gen sei mit Wis­sen der In­sas­sen ge­sche­hen, und schritt dann rasch, rechts von der Stra­ße ab­bie­gend, am Zaun des Fuhr­ho­fes hoch, zu ei­ner klei­nen ver­fal­le­nen Ko­lo­nie, die man in der Stadt nur »Klein-Russ­land« nann­te. Ich schüt­tel­te mich in­ner­lich vor La­chen, dass die bei­den wei­sen Ärz­te von ih­rer Ex­pe­di­ti­on nichts heim­brach­ten als die Schu­he des Trin­kers.

      13

      Am un­an­ge­nehms­ten in mei­ner au­gen­blick­li­chen Si­tua­ti­on war es, dass ich prak­tisch ohne einen Pfen­nig Geld auf der Stra­ße stand. Nach Haus an mei­nen Schreib­tisch, wo we­nigs­tens et­was lag, konn­te ich nicht ge­hen, denn ich muss­te mit Be­stimmt­heit an­neh­men, dass die Ärz­te, so­bald sie mein Feh­len merk­ten, dort zu­erst nach mir se­hen und Ma­da­me Mag­da Be­richt er­stat­ten wür­den. Für einen Bank­be­such war es zu spät, die Schal­ter wa­ren schon seit zwei Stun­den ge­schlos­sen. Eben, als ich dies auf mei­ner Uhr fest­ge­stellt hat­te, fiel mir ein, dass ich ja noch die­se Uhr be­saß, dazu einen schwe­ren gol­de­nen Sie­gel­ring und schließ­lich einen auch ganz du­ra­blen Ehe­ring, der nach mei­nem heu­ti­gen Auf­tritt mit Mag­da auch sei­nen ei­gent­li­chen Sinn ver­lo­ren hat­te.

      Ich war also kei­nes­falls von al­len Mit­teln ent­blö­ßt, und ge­trost lenk­te ich mei­ne Schrit­te in die eine enge und schmut­zi­ge Gas­se, die durch »Klein-Russ­land« führ­te. Die­se Ko­lo­nie war in den Elends­jah­ren СКАЧАТЬ